Knalleffekt: "Azra erhielt 48 Stunden Propofol"

Knalleffekt: "Azra erhielt 48 Stunden Propofol"
Nach dem Tod einer Dreijährigen in Innsbruck soll nun der Staatsanwalt prüfen, ob an Feiertagen genug Personal im Dienst ist.

Es hat keinen Narkose-Zwischenfall gegeben": Eine Woche ist seit dieser Stellungnahme der Innsbrucker Klinik zum Tod der kleinen Azra erst vergangen.

Inzwischen ist diese Rechtfertigung überholt, und eine seltene Nebenwirkung des Narkosemittels Propofol kristallisierte sich als wahrscheinlichste Todesursache bei der Dreijährigen heraus.

Nach und nach wurden Details bekannt, auf die die Klinik reagieren musste: Erst räumte sie 32 Stunden Propofol-Gabe ein, kurz darauf sogar 36 Stunden. Und nun folgt der nächste Knalleffekt:

"In der Dokumentation bin ich auf einen Konsiliarbefundbericht gestoßen, in dem von einer Entgleisung nach 48 Stunden Propofol die Rede ist", berichtet Thomas Juen, der Innsbrucker Anwalt von Azras Familie. Handschriftlich habe der Arzt, den die Kinderklinik angefordert hatte, am 18. Oktober um 14.30 Uhr dies vermerkt. Nur einige Stunden habe er gebraucht, um in den 2000 Seiten fassenden Unterlagen auf dieses wichtige Detail zu stoßen. "Aber bei der Tiroler Landeskrankenanstalten GmbH ( Tilak, Anm. ) will man uns erzählen, dass man es drei Wochen lang nicht gefunden hat."

Zudem übermittelte er der Staatsanwaltschaft am Montag einen brisanten Antrag: Sie soll prüfen, ob die Tilak wegen mangelnder personeller Ausstattung nicht ein Verschulden nach dem sogenannten Verbandsverantwortlichkeitsgesetz trifft.

Wochenenddienst

Wie berichtet, vertritt Juen auch die Familien des dreijährigen Amel, der nach einem falschen Einlauf starb, und jene der kleinen Nadina, die nach einer Leisten-OP schwerst behindert ist. Amel und Azra, die in eine Superkleber-Tube gebissen hatte, wurden an einem Samstag stationär aufgenommen, Nadina an einem 4. Jänner. "Da frage ich mich, ob für Wochenenden und Feiertage personell auch vorgesorgt ist", erläutert der Anwalt.

Viele Fragen haben auch Azras Angehörige. "Warum hat man den Eingriff gemacht und nicht noch zugewartet? Warum ist bis zur zweiten Untersuchung so viel Zeit vergangen, hat man das Kind vergessen? Waren alle OP-Säle und Ärzte so lange belegt?" meint Herr Gökdas, ein Freund des Vaters, betroffen.

Fragen, auf welche die Klinik vorerst noch nicht antworten kann. Auch wenn nun eingeräumt wird, dass mehr als 40 Stunden lang Propofol verabreicht wurde - obwohl es für Kinder unter 16 Jahren für die Intensivtherapie verboten ist.

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