Klaus Wowereit - populärer Pragmatiker

Am Wahlabend war
Klaus Wowereit wieder ganz in seinem Element. Wie ein Popstar hüpfte er auf der Bühne und klatschte in die Hände, als er seinen dritten Wahlsieg in der deutschen Hauptstadt Berlin in Folge feierte. Dass seine Partei nach ersten Hochrechnungen unter 30 Prozent rutschte, tat der Siegesfreude keinen Abbruch.
Der Mann ist ein Phänomen. Anfang 2010 stand es schlecht um Wowereit. Selbst Sozialdemokraten mochten kaum darauf wetten, dass mit Berlins Regierendem Bürgermeister die Wahl 2011 zu gewinnen sein würde. Zu lustlos, zu uninspiriert erledigte Wowereit seine Amtsgeschäfte.
Bis er sich einige Zeit später selbst am Schopf packte und aus dem Sumpf der schlechten Umfragewerte zog. Wowereit inszenierte sich wieder als präsenter Kümmerer, Charmeur, Haushaltssanierer und Berlin- Versteher.
Die Qualitäten eines Stehauf-Männchens bewies der 57-Jährige oft in seinem Leben. Aus einfachen Verhältnissen boxte er sich ganz nach oben. Wowereit ist das jüngste Kind einer Putzfrau, als einziges der fünf Geschwister hat er studiert. In der SPD durchlief der Jurist die sprichwörtliche Ochsentour - vom Juso-Mitglied über den Bildungsstadtrat, den Abgeordneten, den Fraktionsvorsitzenden bis zum Spitzenkandidaten 2001 und Regierenden Bürgermeister.
Nach knapp zehn Jahren als Regierungschef einer rot-roten Koalition kursieren viele Bilder Wowereits. Die Öffentlichkeit kennt ihn als glamourösen Partybesucher, Opernfan und Hobbykoch oder Kämpfer für die Gleichberechtigung von Homosexuellen. Daneben gibt es den Finanzexperten und strengen bis cholerischen Senatschef. Die Opposition sieht in ihm hingegen einen beratungsresistenten und visionslosen Regierungschef und spricht vom Sonnenkönig.
Der Wahlkämpfer Wowereit lebt besonders von seiner Fähigkeit als Plauderer ohne Berührungsängste zu Menschen. Im Straßenwahlkampf konnte er seine Stärken ausspielen. Wowereit redete mit dem Busfahrer über dessen Lohnsorgen oder flirtete mit Rentnerinnen. Fast seine ganze Amtszeit hielt er sich in der Sympathieskala ganz oben.
Bundespolitisch gelang es Wowereit, zum stellvertretenden SPD-Vorsitzenden aufzusteigen. Als Kanzlerkandidat war er dennoch nie ernsthaft im Gespräch. In seinem Buch meinte er aber: "Karrieresprünge geschehen oft überraschend."
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