Keine Anzeige gegen leichtsinnige Tourengeher

Nach einem dramatischen Rettungseinsatz zweier Wiener Bergsteiger auf der Schneealpe im steirischen Bezirk Mürzzuschlag hat sich der Österreichische Bergrettungsdienst (ÖBRD) am Dienstag gegen eine Kriminalisierung des Bergsteigens ausgesprochen. Man fordere keine Strafen, betonte ÖBRD-Präsident
Franz Lindenberg in einer Stellungnahme. Er appellierte, Touren gut zu planen, um derartige Aktionen überhaupt vermeiden zu können.
"Wir retten Menschen aus Bergnot und wollen sie nicht medial (vor)verurteilen", erklärte Lindenberg. Gleichzeitig trete seine Organisation gesellschaftspolitisch - und parteipolitisch - neutral gegen "eine zunehmende Kriminalisierung des Bergsteigens ein, die heute offenbar droht".
Der Rettungseinsatz war von den beiden erfahrenen Berggehern ausgelöst worden, die auf einer "Hot Route" von Krampen über mehrere Gipfel nach Neuberg wollten. Sie hatten in der Nacht bei etwa minus 25 Grad und eisigem Wind die Orientierung verloren und einen Notruf abgesetzt. Knapp vor Abbruch der Suchaktion wurden die beiden gefunden und geborgen. In diesem Fall werde den beiden Wienern der gefährliche Einsatz der steirischen Bergrettungsleute ganz "normal" verrechnet - mit dem geltenden Stundensatz von 38 Euro pro Mann/Frau und Einsatzstunde.
Gesetzlicher Versicherungsschutz gefordert
Das sei für Sport- und Freizeitunfälle in Österreich gesetzlich vorgeschrieben, weil keine ASVG-Krankenversicherung für solche Rettungseinsätze aufkomme. Lindenberg sprach von einem "Missstand", gegen den sich der ÖBRD schon seit Jahrzehnten wehre und den Nationalrat dazu bewegen wolle, einen gesetzlichen Versicherungsschutz auch für Bergsportler zu gewährleisten. Bisher sei es notwendig, dass alle Bergsportler private Unfall- und Bergeversicherungen abschließen.
Der ÖBRD sei keine Staatsanwaltschaft. Wenn es Schwerverletzte oder Tote gebe, dann müssten ohnehin die Staatsanwaltschaften prüfen, ob Anklage erhoben werden muss oder nicht. Der Bergrettungsdienst halte sich als ehrenamtliches Netzwerk von Alpinisten für Alpinisten bei allen Forderungen nach Bestrafung strikt heraus und trete gegen "die heute zunehmende Kriminalisierung der Sportwelt" ein.
Die vier beim Einsatz durch Erfrierungen verletzten Bergretter konnten am Montag in häusliche Pflege entlassen werden. Die beiden Tourengeher befanden sich unterdessen noch in Mürzzuschlag bzw. Bruck/Mur in stationärer Behandlung - sie hatten Erfrierungen zweiten und dritten Grades an den Extremitäten bzw. im Gesicht erlitten -, dürften aber in den kommenden Tagen die Krankenhäuser verlassen können, hatte die örtliche
Bergrettung berichtet.
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