Karl: "Brauchen auch Abschreckung"

Justizministerin
Beatrix Karl sprach mit dem KURIER über ihr Kinderschutzpaket.
KURIER: Haben Sie Hinweise darauf, dass die Richter bei Gewalt gegen Kinder zu mild urteilen?
Beatrix Karl: Im Gegenteil. Man sieht eine gewisse Tendenz zur Verschärfung.
Warum erhöhen Sie dann die Mindeststrafen?
Die Mindeststrafen sollen zeigen, dass es hier null Toleranz gibt. Eine starke Signalwirkung.
Halten Sie Strafrahmen für geeignet, potenzielle Täter abzuschrecken?
Das Strafrecht allein ist nicht geeignet, alle gesellschaftspolitischen Probleme zu lösen. Schon gar nicht bei innerfamiliärer Gewalt. Aber wir brauchen auch abschreckende Strafen.
Warum nur besonderer Schutz für Minderjährige? Was ist mit älteren Menschen, die immer häufiger Opfer von Raubüberfällen werden?
Die Kinder sind die Schwächsten unserer Gesellschaft. Aber selbstverständlich muss auch Bedacht auf weitere Gruppen, wie die älteren Personen, genommen werden. Im geltenden Recht gibt es bereits einen Erschwerungsgrund, wenn die besondere Hilflosigkeit ausgenutzt wird.
Werden kürzere Haftstrafen bald nur noch im Hausarrest mit Fußfessel verbüßt?
Es gibt strenge Auflagen. Aber der elektronisch überwachte Hausarrest ist ein Erfolgsmodell. Es wird damit auch die Resozialisierung besser bewältigt.
Auch für Sexualstraftäter?
Es gibt derzeit keine Ausnahmen. Das wurde einstimmig so im Parlament beschlossen. Ich habe ein Gutachten beim Innsbrucker Strafrechtsprofessor Klaus Schwaighofer in Auftrag gegeben, ob es Sinn macht, Tätergruppen auszunehmen.
Besteht nach Aufdeckung des Heim-Skandals juristischer Handlungsbedarf?
Mit dem zweiten Gewaltschutzpaket wurde festgelegt, dass die Verjährung erst mit
vollendetem 28. Lebensjahr beginnt. Bei schwerem sexuellen Missbrauch beträgt sie 20 Jahre, also geht die Verjährungsfrist bis zum vollendeten 48. Lebensjahr. Das ist für mich ausreichend. Man muss auch bedenken: Je länger die Tat zurückliegt, desto schwieriger wird es, sie zu beweisen. Das Opfer muss alles noch einmal durchleben, und dann endet so ein Verfahren aus Mangel an Beweisen mit einem Freispruch. Wir dürfen Opfer nicht in Verfahren hetzen, wo wenig Chance besteht, die Tat noch aufklären zu können. Die zivilrechtliche Verjährung auszudehnen, könnte Sinn machen, das prüfen wir gerade.
Die Staatsanwaltschaft ist mit Fällen von Wirtschaftskriminalität sichtlich überlastet. Was tun Sie dagegen?
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ist die Speerspitze. Wir haben dort 21 Planstellen, aber nur 15 besetzt. Es ist schwierig, Staatsanwälte zu gewinnen. Wir wollen den Beruf attraktiver machen und Rechtsanwälte dafür gewinnen. Wir haben bisher schon sieben rekrutiert. Und wir stellen den Staatsanwälten Wirtschaftsexperten - etwa Steuerberater und von der Nationalbank - zur Verfügung. Was auch noch wichtig ist: Aus- und Fortbildung. Mit Ministerin Heinisch-Hosek habe ich vereinbart, dass ab 1. 1. 2012 ein fünfmonatiges Praktikum in Unternehmen gemacht werden kann: Wie kommt eine Bilanz zustande und solche Dinge.
Jedes Ressort muss künftig sagen, welche Wirkung es mit seinem Budget anstrebt. Das Justizressort konnte das bisher nicht. Weiß die Justiz, was sie bewirkt?
Das ist ein neues Instrument, aber auch im Justizressort wird es gelingen, diese Wirkungsorientierung darzustellen. Wir wissen zum Beispiel, dass sich Bewährungshilfe und Diversion gut bewährt haben. "Neustart" leistet da gute Arbeit.
Wo ist in der Justiz Ihre Handschrift zu erkennen?
Was mir wichtig ist, ist eine Reform des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, das heuer 200. Geburtstag feiert. Da wird gerade an einer Familienrechtsreform gearbeitet, gemeinsame Obsorge, Besuchsrecht. Ganz wichtig ist mir die Bekämpfung der Korruption. Da muss man auf allen Ebenen Transparenz schaffen. Das gescholtene Lobbying-Gesetz halte ich für wichtig. Es geht nicht darum, Lobbyisten in die Schmuddelecke zu stellen. Aber es muss klar sein, wer lobbyiert für wen. Und dann haben wir auch auf den berühmten Satz "Wos woar mei Leistung" reagiert: Bei jeder Leistung muss es eine adäquate Gegenleistung geben.
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