Italiens Sparpaket ist durch - Berlusconi zurückgetreten

Italiens Sparpaket ist durch - Berlusconi zurückgetreten
Der Premier, der die Politik seines Landes fast 20 Jahre lang prägte, ist zurückgetreten. Jetzt geht es um den Neubeginn

Die Finanzmärkte, die EU und letztlich die ganze Welt blickten am Samstag gebannt nach Rom. Dort wurde zunächst auch in der zweiten Parlamentskammer das Sparpaket von Premier Silvio Berlusconi durchgewunken. Und dann trat das ein, woran vor wenigen Monaten niemand gedacht hatte: Der "Cavaliere" trat zurück und machte den Weg zur Sanierung des wirtschaftlich angeschlagenen Landes frei.

"Ciao, ciao, Silvio"

Die letzten Amtstage Berlusconis waren von Demütigungen, Enttäuschungen über abtrünnige Freunde und Buh-Rufen von Gegnern vor seiner römischen Privatresidenz Palazzo Grazioli gekennzeichnet. Und auch beim letzten Akt am Samstagabend hatte der Mann, der Italiens Politik in den vergangenen 20 Jahren geprägt hatte, wenig zu lachen. Als er vor dem Quirinalspalast in Rom eintraf, um bei Staatspräsident Napolitano seine Demission einzureichen, wurde er von einer protestierenden Menschenmenge empfangen.

"Schande, Schande" sowie "Mafioso" skandierte die Menge - und "Ciao, ciao, Silvio". Dieser machte böse Mine zum bösen Spiel und reichte mit steinernem Gesichtsausdruck seinen Rücktritt ein. Schon am Sonntag will das Staatsoberhaupt erste Konsultationen mit Parteien-Vertretern über die Nachfolge führen.

Dass der 75-jährige "Superman", wie sich Berlusconi einst selbst bezeichnet hatte, gänzlich die politische Bühne verlässt, ist nicht ausgemacht. Der Tycoon, dessen Vermögen laut Forbes 7,8 Milliarden US-Dollar beträgt, kündigte in einem Interview mit der Zeitung La Stampa an, seine Partei neu formieren zu wollen. Er träumt davon, an die Erfolge von "Forza Italia" in den 1990er-Jahren anzuknüpfen und im Wahlkampf 2013 mitzumischen.

Außerdem plant der Fußballfan wieder das Ruder seines Klubs AC Milan zu übernehmen. In seinem Medienimperium Mediaset, das er wegen Interessenkonflikten durch sein politisches Amt seinen erwachsenen Kindern überlassen musste, will sich Berlusconi ebenfalls wieder stärker einbringen. Auch seinen fünf Kindern und sechs Enkelkindern, die Berlusconi politisch nützte, um sich als liebender "padre di famiglia", als Familienvater, zu inszenieren, will er nun mehr Zeit widmen. Und auch - nolens volens - der Scheidungsangelegenheit mit seiner Noch-Ehefrau Veronica Lario.

Auf dem politischen Parkett gehen die Verhandlungen über den künftigen Premier, der schon am Sonntag mit der Regierungsbildung beauftragt werden könnte, weiter. Die Suche nach einem Kandidaten gestaltet sich schwierig. Wirtschaftsprofessor und Ex-EU-Kommissar Mario Monti, 68, in den Medien bereits als "Super-Mario" tituliert, gilt weiterhin als der Favorit für den Posten.

Viele wollen Monti

Eine breite Übergangsregierung mit Monti an der Spitze wird sowohl vom Staatspräsidenten als auch von der oppositionellen PD befürwortet. "Monti hat sich als EU-Kommissar einen guten Namen erworben und ist genau der richtige Mann, wenn es um Italiens Glaubwürdigkeit auch auf der internationalen Bühne geht", sagte die PD-Abgeordnete Laura Garavini. Der Koalitionspartner Lega Nord lehnt eine Übergangsregierung generell ab und fordert Neuwahlen. Zuletzt konnte sich auch Berlusconi für Monti als Regierungschef erwärmen - stellte aber eine Bedingung: Sein langjähriger Intimus, Staatssekretär Gianni Letta, solle Vize-Premier werden.

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