Intrige gegen Kardinalstaatssekretär

Ein Kardinal hält einen goldenen Kelch während einer Messe.
Vatikan-Leaks: Es tobt ein Kampf um Geldflüsse in Vatikankassen und um die Macht in der Kurie.

Die Intrigen, die sich hinter vatikanischen Mauern abspielen,, hätte Bestsellerautor Dan Brown nicht besser erfinden können. Die Intrigen, die sich hinter vatikanischen Mauern abspielen, hätte Bestsellerautor Dan Brown (Sakrileg, Illuminati) nicht besser erfinden können. Der inhaftierte Kammerdiener des Papstes, Paolo Gabriele, müsse als Sündenbock herhalten. Vor allem um ranghöhere Vatikan-Vertreter, die die Weitergabe geheimer Dokumente anregten, zu schützen. Davon sind Vatikanexperten seit der Festnahme Gabrieles vor einer Woche überzeugt.

Der 46-jährige Römer wird beschuldigt, Geheimpapiere, in denen es um Korruptionsvorwürfe und Managementfehler der Kirche geht, an Medien weitergegeben zu haben. Gabriele muss sich nun einem geheimen Prozess im Kirchenstaat stellen. "Die Ermittlungen gegen Gabriele sind absolut geheimnisumwoben. In Italien darf niemand länger als drei Tage lang inhaftiert werden, ohne die Vorwürfe offiziell bekanntzugeben", kritisierte Autor Gianluigi Nuzzi, der in seinem Buch "Sua Santita" (Seine Heiligkeit), der vatikanische Geheimdokumente veröffentlichte. Normalerweise würden sofort Proteste für die Befreiung beginnen, dies geschehe nicht im Vatikan, so Nuzzi.

Suche nach Drahtziehern

Die Suche nach Drahtziehern läuft auf Hochtouren. Die Ermittlungskommission befragte auch fünf Kardinäle. Vatikansprecher Federico Lombardi dementierte, dass gegen Kardinäle ermittelt werde. Er räumte allerdings ein, die Affäre habe das Ansehen des Vatikans beschädigt. Papst Benedikt XVI. sei über Details der Affäre informiert und sich der Brisanz bewusst.

Vatikanexperten sehen im " Vatileaks"-Fall einen internen Machtkampf in der Kurie und eine Kampagne gegen Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone. Als Nummer zwei im Vatikan hat Bertone quasi die Rolle eines Regierungschefs. Kritiker werfen ihm Fehler und intransparentes Handeln vor.

In den veröffentlichten Unterlagen ging es um Kritik an der Führung Bertones die Vatikan-Bank IOR betreffend. Deren Präsident und enger Papst-Freund, Ettore Gotti Tedeschi, wurde vorige Woche angeblich auf Betreiben Bertones gekündigt. Gotti Tedeschi, der sich für eine strenge Anwendung des Anti-Geldwäsche-Gesetzes eingesetzt haben soll, sieht sich als Opfer im Kampf um mehr Transparenz.

"Alles konzentriert sich auf die Vatikanbank IOR. Es tobt ein Untergrundkampf um Geldflüsse in Vatikankassen, um Machtspiele innerhalb der Kurie und um die Zukunft von Kardinalstaatssekretär Bertone", analysiert Vatikanexperte Marco Ansaldo. "Alle veröffentlichten Dokumente betreffen Bertone. Man will ihm schaden, um sein Amt neu zu besetzen", bestätigt der renommierte Vatikanbeobachter Marco Politi.

Kardinal Tarcisio Bertone hat viel Macht

Bertone, 1934 im Piemont geboren, war vor seiner Ernennung 2006 zum Kardinalstaatssekretär Erzbischof von Genua. Er ist der erste Geistliche an der Staatssekretariats-Spitze, der nicht aus dem diplomatischen Dienst stammt. Der Salesianer Don Boscos war bis 2002 als Sekretär in der Glaubenskongregation engster Mitarbeiter des damaligen Kardinal-Präfekten Joseph Ratzinger. Er gilt bis heute als Verbündeter des Papstes. Kritiker werfen Bertone vor, er reiße zu viel Macht an sich und handle nicht im Interesse der Kirche. Kontroversen hat vor allem Bertones fehlerhaftes Management der Vatikanbank IOR ausgelöst, die in der Kündigung von Gotti Tedeschi gipfelte. Eine Reihe hochrangiger Kardinäle, wie der Vorsitzende der Bischofskonferenz Kardinal Bagnasco und der Mailänder Erzbischof Scola, stellen sich angeblich gegen Bertone. Bertone forderte seinerzeit zum Boykott des verfilmten Bestseller-Romans "Sakrileg" von Dan Brown auf, da es Lügen über das Christentum verbreite.

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