Wirtschaftsbericht: Für EU und Bürokratieabbau

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP), Archivaufnahme
Digitalisierung und Bürokratieabbau als Herausforderungen. An "Erfolgsfaktor" Europäische Integration führe kein Weg vorbei.

"Derzeit ist die Diskussion vor allem von der Stärkung des Wirtschaftswachstums, der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und dem weiteren Bürokratieabbau geprägt", heißt es im Wirtschaftsbericht 2016, der am Montag von der Bundesregierung vorgelegt wird. Dazu komme die Digitalisierung als eines der wichtigsten Zukunftsthemen. "Ein zusätzlicher Erfolgsfaktor ist und bleibt die Europäische Integration".

Ein starkes Exportland wie Österreich profitiere nach wie vor von der Integration. "Für länderübergreifende Herausforderungen brauchen wir vernünftige europäische Lösungen. So schwierig sie auch sind, daran führt kein Weg vorbei", heißt es in dem Wirtschaftsbericht.

Entbürokratisierung und Deregulierung

Dementsprechend setzt sich die Regierung ihre Schwerpunkte: Entbürokratisierung und Deregulierung, die Umsetzung der Steuerreform von 2015/16, eine stufenweise Absenkung der Lohnnebenkosten der Unternehmen bis 2018 "um bis zu 1 Mrd. Euro pro Jahr". Weiters sollen "Zukunftsinvestitionen" wie die Förderung von Start-ups oder die "Digitalisierungsoffensive" forciert werden. Strukturreformen werden ebenfalls versprochen. Die Digitalisierung spiele von der Forschungspolitik über die Industrie (Stichwort: Industrie 4.0) bis zur öffentlichen Verwaltung, dem Verkehrs- und Gesundheitswesen praktisch in allen Politikbereichen eine wichtige Rolle.

Um die Investitionen anzukurbeln müsse die Binnennachfrage in Schwung kommen, außerdem sollte den Unternehmen die Finanzierung erleichtert werden. "Um die Kreditlastigkeit in der Unternehmensfinanzierung zu reduzieren, wird daher vermehrt auf Alternativen gesetzt wie die Eigenkapitalinitiativen der staatlichen Förderagentur Austria Wirtschaftsservice (aws), aber auch die Stärkung des Crowdfundings", heißt es im Wirtschaftsbericht. Die öffentliche Hand werde unter anderem in den Ausbau des Breitband-Internets investieren.

Ein großes Thema ist auch der neue Finanzausgleich, der am 1. Jänner 2017 in Kraft treten soll und an dem einige Arbeitsgruppen arbeiten. Jedenfalls solle auch auf Ebene der Länder und Großgemeinden bis 2019 (restliche Gemeinden: bis 2020) ein modernes Haushaltswesen eingeführt werden.

Noch vor der politischen Sommerpause wollten Rot und Schwarz nach dem Neustart unter Bundeskanzler Christian Kern erste Reformprojekte vorlegen – und so, wie es aussieht, gelingt das auch: Wie dem KURIER in Koalitionskreisen bestätigt wurde, haben SPÖ und ÖVP ein Paket für Start-up-Unternehmen geschnürt, das Firmengründungen in Österreich erleichtern soll.

Nicht von ungefähr traten Kern und ÖVP-Boss Reinhold Mitterlehner auch Sonntagabend gemeinsam "Im Zentrum" des ORF auf. Die Botschaft ist klar: Wir können doch miteinander, wir wollen tragfähige Lösungen präsentieren.

Die demonstrative Geschlossenheit tut dringend Not. Denn zuletzt hatte es in der Regierung – beispielsweise bei der Wahl des Rechnungshofpräsidenten – erhebliche Dissonanzen gegeben. Und auch bei der Frage, ob die Wiederholung der Hofburg-Stichwahl von der OSZE beobachtet werden soll, waren SPÖ und ÖVP zuletzt nicht wirklich einer Meinung (siehe Fischer-Artikel unten).

Worum geht es nun inhaltlich bei dem neuen Paket? Die Koalitionäre setzen bei den Lohnnebenkosten an: Schon im Zuge der Steuerreform wurden diese Arbeitszusatzkosten für Betriebe gesenkt, nun kommt der zweite Schritt – zugeschnitten auf Start-ups. Konkret winkt jungen Betrieben eine spürbare Reduktion der Lohnnebenkosten bei den ersten drei Mitarbeitern für die ersten drei Jahre.

Das bringt pro Jahr bis zu 30.000 Euro Ersparnis bzw. eine Reduktion der Lohnnebenkosten eines neu gestarteten Unternehmens um bis zu 25 Prozent. Genau so ein Modell hat Finanzminister Hans Jörg Schelling einmal vorgeschlagen, nun wird es umgesetzt.

Bundeskanzler Kern und Vizekanzler Mitterlehner dürften sich aber noch auf weitere Punkte verständigt haben, um die Konjunktur anzukurbeln und die Bedingungen für Klein-und Mittelbetriebe zu verbessern.

Eine Einigung bis Dienstag voraus gesetzt – da soll das Paket der Öffentlichkeit vorgestellt werden – wollen SPÖ und ÖVP ein neues Mittelstandsfinanzierungsgesetz (Mifig) beschließen die Gewerbeordnung entrümpeln und ein ersten Schritt zur Zusammenlegung der Sozialversicherungen präsentieren.

Schnellere Verfahren

Bei der Gewerbeordnung, wo Mitterlehner größeren Diskussionsbedarf mit der eigenen Wirtschaftskammer hatte, aus der er ja kommt, sollen etwa die Betriebsanlagen-Genehmigungsverfahren beschleunigt werden.

Außerdem dürfte ein Wahlrecht der Betriebe auf nicht-amtliche Sachverständige kommen – hier wird noch verhandelt.

Einig ist man sich hingegen bereits, was die Sozialversicherungen angeht: Weil dieses Thema ein politisch-ideologisch äußerst heikles ist, haben sich die Regierungspartner zunächst einmal darauf verständigt, gemeinsam eine Studie in Auftrag zu geben. Experten sollen die Sinnhaftigkeit und das Einsparungspotenzial einer allfälligen Reduktion der 22 Sozialversicherungsträger ausloten.

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