Wirte-Protest: Regierung schließt Kompromisse aus

Eine Demonstration gegen Steuererhöhungen mit Schildern wie „Django spiel mir das Lied vom Wirtetod!“.
Mehrere Hundert Wirte haben gegen die Steuerreform demonstriert. Diese ist nun beschlossen, große Änderungen soll es keine geben.

Mit so vielen aufgebrachten Wirten und Hoteliers hat wohl niemand gerechnet: Mehrere Hundert haben vor dem Bundeskanzleramt gegen die Steuerreform demonstriert. "Wir sind das Proletariat des 21. Jahrhunderts" stand auf ihren Transparenten, außerdem: "Steuerbetrüger? Wir sind die Betrogenen" und an die Regierung gerichtet: "Totengräber der Tourismusbranche". Pikant dabei: Die von der Wirtschaftskammer gestalteten Plakate richten sich gegen Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner - früher selbst Vizegeneralsekretär der Kammer. So stand auch auf manchem Transparent "Django, spiel mir das Lied vom Wirtetod", in Anspielung an Mitterlehners Spitznamen.

Im Bundeskanzleramt hat derweil der Ministerrat getagt. Auf der Agenda: Die Absegnung der Steuerreform. Und damit u.a. auch einer Registrierkassenpflicht, höherer Grunderwerbs- und Mehrwertsteuer. Dagegen richtete sich die Kritik der Wirte und Hoteliers. Ein befragter Hotelier zeigte sich erzürnt: Man sei am allermeisten von der Steuerreform betroffen, das sei unfair.

Keine Änderungen

Kanzler und Vizekanzler verteidigten die Reform gegen Kritiker. Dass man den protestierenden Wirten bei der Mehrwertsteuer noch entgegenkommen könnte, schloss Mitterlehner aus. "Das ist eine Prinzipienfrage im Politbereich, dass wir hier die Linie halten müssen", so der Vizekanzler. Ansonsten würden auch die anderen bei der Mehrwertsteuer betroffenen Gruppen auf eine Rücknahme pochen. Auch bei der Betrugsbekämpfung soll es laut Faymann keine grundsätzlichen Änderungen geben.

Sehr wohl möglich sind aus Mitterlehners Sicht aber etwa Präzisierungen bei der Abschreibung von Gebäuden und bei der Grunderwerbsteuer. Hier sollen Mehrbelastungen für Familienbetriebe vermieden werden.

Bilder des Protestaufmarsches

Eine Demonstration gegen Steuererhöhungen vor einem historischen Gebäude in Wien.

Demonstranten halten ein Schild mit der Aufschrift „Django spiel mir das Lied vom Wirtetod!“.

Eine Menschenmenge demonstriert mit Schildern vor einem Gebäude.

Menschen demonstrieren mit Schildern gegen die Regierung und den „Wirtetod“.

KUNDGEBUNG DER TOURISMUSWIRTSCHAFT "GEGEN BELASTUN
Ein Mann mit Kochmütze und Holzlöffel demonstriert gegen Registrierkassenpflicht.

KUNDGEBUNG DER TOURISMUSWIRTSCHAFT "GEGEN BELASTUN
Ein Mann mit Kochmütze und Kochlöffel demonstriert gegen die Registrierkassenpflicht und 13% Mehrwertsteuer.

KUNDGEBUNG DER TOURISMUSWIRTSCHAFT "GEGEN BELASTUN
Eine Demonstration gegen Steuererhöhungen mit Schildern wie „Django spiel mir das Lied vom Wirtetod!“.

KUNDGEBUNG DER TOURISMUSWIRTSCHAFT "GEGEN BELASTUN
Eine Menschenmenge demonstriert mit Schildern gegen Steuerbetrug vor einem Gebäude.

Eine Demonstration mit Schildern vor einem großen Gebäude, möglicherweise in Wien.

Eine Demonstration mit vielen Menschen und Polizisten vor einem Gebäude.

Wirte Demo

Erhöhung der Mehrwertsteuer: "Affront"

Der Gastronomie-Fachverbandsobmann in der Wirtschaftskammer, Helmut Hinterleitner, sagte bei der von der Sparte Tourismus organisierten Demonstration, die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Nächtigungen sei ein "Affront", denn diese bedeute eine 30-prozentige Steuererhöhung. Vielmehr müsse es eine Steuersenkung geben, sagte er mit Blick auf Deutschland und die Schweiz. In diesen beiden Ländern würde die Steuer auf Nächtigungen nur 7 bzw. 3,5 Prozent betragen. Er zeigte sich hoffnungsfroh, dass es noch zu Änderungen kommen wird. Zur vorgesehenen Registrierkassenpflicht sagte er, er bezweifle, dass die Systeme nur 400 Euro kosten werden und forderte einen entsprechenden Kostenersatz für die Betriebe ein. Kritisch äußerte er sich auch zur geplanten teilweisen Aufhebung des Bankgeheimnisses und zu dem seiner Meinung nach zu niedrigen Freibetrag bei der Grunderwerbssteuer für Betriebsübergaben (900.000 Euro). Hier habe die Regierung aber ja schon ein erstes Signal für eine Erhöhung gesetzt.

Malus-Widerstand

Nach der Steuerreform zeichnet sich nämlich schon ein nächster Streitpunkt ab: Das "Bonus-Malus-System" für Betriebe steht im Raum: Unternehmer, die überdurchschnittlich viele Menschen über 50 beschäftigen, sollen "belohnt" werden, jene, die Ältere kündigen, "bestraft". SPÖ-Sozialminister Rudolf Hundstorfer möchte, dass das ab 2017 gilt. Laut Sozialminister wird das System auch bei der Regierungsklausur nächste Woche Thema sein.

Schon bisher haben sich Wirtschaftsvertreter dagegen verwahrt; jetzt werden sie das erst recht tun. "Ein Malus für Betriebe wäre die nächste Bestrafung – nach jener, bei der Steuerreform leer ausgegangen zu sein", heißt es.

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