Wie verteilt man den kleineren Kuchen?

Helmut Brandstätter
Die Verteilungskämpfe werden künftig anders aussehen. Schmerzvoll.

Das waren noch Zeiten, als die Sozialpartner bei ihren Lohnverhandlungen auf die sogenannte Benya-Formel zurückgreifen konnten. Der frühere Gewerkschaftsboss Anton Benya (1912-2001) verlangte den Ausgleich der Inflation plus die Hälfte des Wachstums für die Arbeiter und Angestellten. Das funktionierte, jedenfalls, solange es etwas zu verteilen gab. Aber jetzt stagniert die Wirtschaft, unser Wohlstand wurde auch auf Pump genossen - wie heißt da die neue Formel?

Es geht weiterhin um Verteilung, aber nicht von einem größeren Kuchen, sondern um gerechte Entscheidungen darüber, wer die angehäuften Schulden zurückzahlen wird. Die aktuelle, unmoralische Variante heißt, diese Aufgabe nur unseren Kindern aufzuhalsen.
Das laute Bekenntnis von Kanzler und Vizekanzler zur Schuldenbremse war vorerst nur eine Absichtserklärung. SPÖ und ÖVP haben damit versprochen, dass sie nicht noch höhere Schulden machen und die bereits getätigten schneller zurückzahlen wollen. Aber nach der ersten Euphorie meldeten sich schon Hofrat Privilegienbewahrer und Genosse Steuererfinder zu Wort. Ja, man müsse schon sparen, aber bitte schön nicht bei den Beamten, meinte der eine. Ja, übers Sparen können wir schon reden, aber
erst, wenn die Reichen bluten, meinte der andere.

Die Experten, die gerne darauf verweisen, dass sie schon immer recht hatten, von neoliberal bis Keynesianer, bringen uns auch nicht weiter. Und die Vergleiche mit den 1920er- Jahren - wo die Wirtschaft durch den strikten Sparkurs völlig zusammenbrach - sind historisch unsinnig.

Gerechtigkeit

Die Bevölkerung steht ratlos vor diesem Theater und jeder fragt sich, was heißt das für mich, was ist gerecht? Zunächst ist es sicher gerecht, wenn der Staat endlich bei sich spart. Es geht auch mit weniger Polizei-Chefs. Das vermuten wir seit Langem, das Innenministerium setzt es endlich um. Was bei der Polizei geht, muss erst recht in anderen Teilen der Verwaltung möglich sein. Diese Polizeireform ist ein wunderbarer Beweis dafür, dass die Verwaltung noch recht opulent angelegt ist. Wenn der Staat endlich ordentlich spart, dann sind auch neue oder höhere Steuern zu argumentieren. Im Idealfall wäre damit eine Änderung im System verbunden, wodurch Vermögen (höher) besteuert, Arbeit aber entlastet würde. Die Begründung der Wiener Grünen, man müsse die Parkgebühren erhöhen, um damit den Verkehr zu lenken, ist aber üble Heuchelei. Wer nicht nur abzocken will, muss eine Citymaut einführen. Das aber haben die Wiener abgelehnt.

Eine Citymaut hätte lenkenden Einfluss. Leute mit weniger Geld könnten es sich dann aber nicht mehr leisten, in die Stadt zu fahren. Das erfordert ein klares politisches Bekenntnis. Aber das wäre ehrlicher, auch wenn es die Mehrheit der Bevölkerung ablehnt. Die Politik muss Mut zeigen, denn bei den Betroffenen wird es nie Zustimmung dafür geben, dass staatliche Leistungen gekürzt oder Steuern erhöht werden.

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