Wie Europas Eisenbahn die nötige 500 Milliarden-Euro-Investition stemmen soll

AUSTRIA-TRANSPORT-RAIL-UNION-STRIKE
ÖBB-Boss Andreas Matthä und IV-Ökonom Christian Helmenstein vom Economica Institut setzen auf neue Finanzierungsmodelle

Die industrielle Revolution nahm in Europa vor gut 200 Jahren ihren Anfang mit der Eisenbahn und dem Bau der Schieneninfrastruktur. Heute hat Europa ein weltweit einzigartig dichtes Schienennetz, die Bahn ist ein Rückgrat der Wirtschaft, aber auch des öffentlichen Verkehrs geworden.

Doch seit etwa 25 Jahren stagnieren die Investitionen in die Bahninfrastruktur in der EU und gefährden so die wirtschaftliche Zukunft, kritisieren Andreas Matthä, CEO der ÖBB und Christian Helmenstein, Ökonom in der Industriellenvereinigung und Geschäftsführer des Economica Institut für Wirtschaftsforschung. In einem gemeinsamen Essay, den sie am Dienstag in Brüssel vor EU-Parlamentariern präsentierten, erklärten sie, warum Europas Bahn-Infrastruktur zum wirtschaftlichen Erfolgsfaktor werden müsse.

Eigentlich will die EU ihr „Transeuropäisches Verkehrsnetz“, auch als TEN-T bekannt, bis 2030 massiv ausbauen, doch wie Matthä und Helmenstein zeigen, reicht die EU-Finanzierung über Instrumente wie die „Connecting Europe Facility (CEF) bei Weitem nicht aus.

Die CEF hat für den Zeitraum 2021–2027 ein Gesamtbudget von 33,7 Milliarden Euro, doch TEN-T benötigt nur für die Bahninfrastruktur bis 2030 etwa 500 Milliarden Euro. Die Finanzierungslücke ist also beträchtlich.

Keine neuen Schulden

Die Lücke, und dass die EU-Staaten derzeit klamm sind und keine neuen Schulden machen wollen, ist auch Matthä und Helmenstein bewusst, weshalb sie verschiedene neue Optionen zur Bereitstellung privaten Kapitals vorschlagen, darunter öffentlich-private Partnerschaften (PPP) und das Regulatory Asset Base (RAB)-Modell: Bei PPP übernehmen private Unternehmen den Bau, die Finanzierung und den Betrieb von Infrastrukturprojekten, während der Staat langfristige Zahlungen leistet oder Gebühreneinnahmen teilt. Und beim RAB-Modell soll privates Kapital, etwa von großen Pensionsfonds, für Großprojekte eingesammelt werden und im Gegenzug eine regulierte Rendite über Jahrzehnte ausgezahlt werden, was Investoren stabile Erträge sichern würde.

Zudem wurden die Finanzierungsstrategien der Bahnen in Deutschland, Österreich und der Schweiz verglichen – Matthä macht sich speziell für Österreichs Modell stark: Mit dem „Zielnetz 2040“ habe die Republik einen langfristigen Infrastrukturplan geschaffen, der Investitionen von rund 26 Milliarden Euro umfasst.

„Wir fordern die EU-Staats- und Regierungschefs auf, mutige Schritte zur Erweiterung, Modernisierung und Digitalisierung des europäischen Eisenbahnsystems zu unternehmen“, schließt Matthä seinen Vortag mit einem eindringlichen Appell und der Forderung, im mehrjährigen Finanzrahmen der EU Bahnprojekte zu priorisieren und ausreichend Mittel für den Ausbau der Infrastruktur, für die Resilienz und für die digitale Transformation bereitzustellen.

Denn Investitionen in die Bahn seien nicht nur wirtschaftlich sinnvoll, sondern auch ökologisch notwendig. Ein gut ausgebautes und digital vernetztes Bahnnetz sei essenziell, um den CO2-Ausstoß im Transportsektor zu senken und Europas Klimaziele zu erreichen.

Kommentare