Vorarlbergs Alt-Landeshauptmann Herbert Keßler verstorben

Herbert Keßler.
Der ÖVP-Politiker führte das Land von 1964 bis 1987. Er wurde 93 Jahre alt.

Der langjährige Vorarlberger Landeshauptmann und ÖVP-Obmann Herbert Keßler ist in der Nacht auf Samstag mit 93 Jahren verstorben. Der Arztsohn und Jurist war von 1964 bis 1987 23 Jahre lang erster Mann im Ländle. In einer ersten Stellungnahme würdigte Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) das Wirken Keßlers: Er habe wichtige Grundsteine für ein modernes und eigenständiges Vorarlberg gelegt.

Herbert Keßler wurde am 2. Februar 1925 in Gais/Bludesch (Bezirk Bludenz) als Sohn des späteren Rankweiler Gemeindearztes geboren, besuchte das legendäre Jesuitengymnasium "Stella Matutina" in Feldkirch, wurde 1943 zu den Gebirgsjägern eingezogen, studierte nach dem Krieg in Innsbruck Jus und begann nach der Promotion 1949 seine berufliche Laufbahn in der Finanz- und Sozialabteilung der Vorarlberger Landesregierung. 1954 kam er in den Landtag, 1957 wurde er Bürgermeister von Rankweil (Bezirk Feldkirch). Als Nachfolger von Ulrich Ilg wurde Keßler im Herbst 1964 mit 39 Jahren zum Landeshauptmann gewählt. Ein "Paukenschlag" zu Beginn der Amtszeit Keßler war die berühmte politische Schiffstaufe in Fußach im November 1964.

Boom-Jahre

Während der Amtszeit Keßlers hat sich Vorarlberg dynamisch entwickelt. Die Bevölkerung nahm von rund 240.000 auf 320.000 zu, die Zahl der Beschäftigten verdoppelte sich nahezu von 61.000 auf 117.000. Das Landesbudget versiebzehnfachte sich zwischen 1965 und 1987 von 420 Millionen auf 7,2 Milliarden Schilling (von 30,5 Mio. Euro auf 523,2 Mio. Euro). 1961 besaß jeder elfte, 1986 jeder dritte Vorarlberger ein Auto.

Kultur- und bildungspolitische Meilensteine der Ära Keßler waren etwa das Festspielhaus Bregenz, das Bildungszentrum Schloss Hofen in Lochau, die Landesbibliothek in Bregenz oder das Landeskonservatorium in Feldkirch. Das Landhaus in Bregenz sowie das Landeskrankenhaus in Feldkirch wurden neu gebaut, die Rheintalautobahn und der Arlbergtunnel verbesserten die Verkehrsstruktur.

"Föderalist aus Überzeugung"

Anlässlich seines 90. Geburtstags 2015 sagte Keßler zu den "VN", dass ihm Effekthascherei - um kurzfristig im Mittelpunkt zu stehen - in seiner Zeit als Politiker zuwider gewesen sei. Seine Devise während der Amtszeit lautete: "Tue recht und scheue niemand." Wallner lobte seinen Vorgänger als "Föderalist aus vollster Überzeugung", der einen eigenverantwortlichen Vorarlberger Weg kompetent und mit viel Hingabe mitbegründet habe. "Sehr vieles von dem, was für uns inzwischen so selbstverständlich ist, wurde erst durch sein vorausschauendes Handeln vorbereitet und umgesetzt", würdigte Landeschef Wallner den Verstorbenen. Gleichzeitig habe er Vorarlbergs Rolle in der gesamten Region gestärkt. Keßler ist auch einer der Väter der Arbeitsgemeinschaft Alpenländer (ARGE ALP).

Die Amtszeit Keßlers endete 1987, seine Nachfolger als Vorarlberger Landeshauptleute waren Martin Purtscher (bis 1997) und Herbert Sausgruber (1997-2011). Markus Wallner übernahm im Dezember 2011. Herbert Keßler war verheiratet und hatte drei erwachsene Kinder.

Kurz: "Großartiger Landeshauptmann"

Betroffen vom Ableben Keßlers zeigten sich am Montag Bundeskanzler Sebastian Kurz und der ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer. Laut Kurz hat Keßler den Grundstein für den heutigen Erfolg des Landes Vorarlberg gelegt. Nehammer nannte den Verstorbenen "einen großen Vertreter der Volkspartei". "Österreich verliert mit Herbert Keßler einen engagierten Politiker, großartigen Landeshauptmann und eine verdiente Persönlichkeit", sagte der Kanzler und drückte der Familie sein Mitgefühl aus. 

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