AK-Arbeitsklimaindex: Rund 120.000 Menschen sind arm trotz Vollzeitarbeit

Rund 120.000 Beschäftigte zählen in Österreich laut einer aktuellen Umfrage trotz Vollzeitarbeit zu den Working Poor. Sie arbeiten Vollzeit, kommen aber mit ihrem Einkommen "trotzdem nicht über die Runde". 54 Prozent der Beschäftigten hätten "ein gutes Auskommen" mit ihrem Einkommen, für 40 Prozent reiche "es gerade aus" und für sechs Prozent reiche es "nicht aus", geht aus dem AK-Arbeitsklimaindex hervor. AK-OÖ-Chef Andreas Stangl sieht Handlungsbedarf für die Politik.
Seit 1997 erhebt die Arbeiterkammer Oberösterreich gemeinsam mit den Forschungsinstituten IFES und FORESIGHT den Arbeitsklimaindex als Indikator für Arbeitszufriedenheit und Arbeitsbelastungen im Beruf. Mit persönlichen Gesprächen und Online-Interviews werden auf repräsentativer Basis jährlich rund 4.000 Personen befragt.
Hilfsarbeiter und Tourismus-Beschäftigte unzufriedener mit Einkommen
Bei der Einkommenszufriedenheit gebe es "massive Unterschiede" nach Bildung, Geschlecht und Migrationshintergrund, erklärte FORESIGHT-Chef Christoph Hofinger am Donnerstag bei der Präsentation des Arbeitsklimaindex in Wien. Deutlich unzufriedener seien Hilfsarbeiterinnen und Hilfsarbeiter sowie Beschäftigte im Tourismus. Weiter seien Frauen häufiger von finanziellen Engpässen betroffen als Männer, sagte der Sozialforscher. Wer kaum mit seinem Einkommen auskomme, leide auch häufiger unter Stress und bewerte die eigene Gesundheit schlechter, so IFES-Chef Reinhard Raml.
"Wenn die Erwerbsarbeit keinen sicheren Lebensunterhalt bietet, wird das tägliche Leben zur Herausforderung", kommentierte AK-OÖ-Präsident Stangl die Ergebnisse des aktuellen Arbeitsklimaindex. Um die Zahl der Working Poor zu reduzieren, fordert der AK-OÖ-Chef mehr Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung bei Energie, Mieten und Lebensmitteln sowie einen Rechtsanspruch auf Qualifizierung. Weiters müsse man Lehrabschlüsse kostenfrei nachholen können und für Beschäftigte eine kostenlose und qualitätsgesicherte Kompetenzfeststellung ermöglicht werden.
3,7 Prozent der Bevölkerung erreichen nicht Mindestlebensstandard
Insgesamt können sich in Österreich deutlich mehr Menschen die Ausgaben des täglichen Lebens nicht leisten. 3,7 Prozent der heimischen Bevölkerung - rund 336.000 Personen - waren 2024 erheblich materiell und sozial benachteiligt, geht aus der europaweiten Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) hervor, die in Österreich jährlich von der Statistik Austria durchgeführt wird. Als "erheblich materiell und sozial benachteiligt" gilt, wer sich laut eigener Angabe mindestens sieben von 13 EU-definierten Merkmalen und Aktivitäten des täglichen Lebens nicht leisten kann. Diese würden von unerwarteten Ausgaben in der Höhe von 1.390 Euro über einen Urlaub pro Jahr bis hin zu einer angemessen warmen Wohnung reichen, so die Statistik Austria.
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