U-Ausschuss: Reichhold kam und entschlug sich

Ein Mann im Anzug steht vor Mikrofonen und Kameras.
Es geht um die Inseratenaffäre. Ex-Asfinag-Sprecher Zimmermann und Ex-Minister Reichhold waren schon dran. Am Nachmittag sind die Regierungsmitglieder Ostermayer und Berlakovich geladen. Die bisherigen Aussagen finden Sie hier zusammengefasst.

Der frühere FP-Minister und Asfinag-Vorstand Mathias Reichhold ist zwar am Dienstag letztlich doch im parlamentarischen Korruptions-Untersuchungsausschuss erschienen, zog es aber vor, zur Inseratenaffäre um SP-Kanzler Werner Faymann zu schweigen. Als Beschuldigter in der Causa nutzte er sein Entschlagungsrecht so ausgiebig, dass er nicht einmal die Geschäftsverteilung im damaligen Vorstand erklären wollte. Die Abgeordneten reagierten gereizt. Eine vom BZÖ geforderte Ordnungsstrafe wurde aber von den anderen Fraktionen abgelehnt.Redselig zeigte sich Reichhold nur zu Beginn: In seinem Eingangsstatement fühlte er sich bemüßigt, seinen Entschuldigungsgrund ("Ernteeinsatz") von vergangener Woche zu verteidigen, der seiner Meinung nach von einigen Abgeordneten "ein bisschen lächerlich gemacht" worden sei. Er betonte, dass er keine Politikerpension beziehe und voll im Erwerbsleben stehe - die Landwirtschaft sei seine Existenzgrundlage, und es sei gleichzeitig Erntezeit und Herbstanbau, das alles außerdem "wetterabhängig". Er sei von der Reaktion des Ausschusses, der die Entschuldigung als nicht ausreichend erachtet hat, "überrascht" gewesen.

Reichhold betonte weiters, als Vorstand der Asfinag von Juli 2006 bis Oktober 2007 habe er "nach bestem Wissen und Gewissen" für das Unternehmen gearbeitet. Er ersuche um Verständnis, wenn er von seinem Aussage-Entschlagungsrecht Gebrauch mache. Er werde als Beschuldigter geführt und habe demnächst einen Vernehmungstermin wahrzunehmen. Außerdem würden Inserate auch das Geschäftsgeheimnis betreffen, und auch aufgrund des Aktiengesetzes werde er keine Angaben machen können.

"Nach bestem Wissen und Gewissen"

Auf die folgenden Fragen der Abgeordneten antwortete Reichhold zunächst recht einsilbig, bevor der Entschlagungsreigen begann: Weder wollte er beantworten, welches Kürzel Asfinag-intern für ihn verwendet wurde (etwa bei Aktenvermerken), noch wollte er Auskunft über die Geschäftsverteilung im Vorstand geben. Er werde in dieser Angelegenheit strafrechtlich verfolgt, meinte Reichhold. Verfahrensanwalt Gerhard Benn-Ibler hielt seine Argumentation für gerechtfertigt, woraufhin die ÖVP aufgab, weitere Fragen zu stellen. Die FPÖ war nicht erfolgreicher, auch bei ihren Fragen entschlug sich Reichhold.

BZÖ-Abgeordneter Stefan Petzner beantragte eine Beugestrafe gegen Reichhold, nachdem dieser nicht einmal beantworten wollte, ob er jemals mit Inseratenvergaben zu tun gehabt hätte. Der als Verfahrensanwalt eingesprungene ehemalige Präsident der Rechtsanwaltskammer, Benn-Ibler, empfahl den Abgeordneten allerdings, das Entschlagungsrecht großzügig auszulegen. SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grüne lehnten die Verhängung der Ordnungsstrafe in der Folge ab.

Kotlowski ebenfalls mit Erinnerungslücken

Ein Mann in einem Anzug geht an einer Gruppe von Fotografen vorbei und hält einen roten Ordner.

Marcin Kotlowski hatte vor dem Korruptions-U-Ausschuss erhebliche Erinnerungslücken gezeigt. Kotlowski betonte m Dienstag mehrmals, mit den umstrittenen Inseratenschaltungen wenig zu tun gehabt zu haben.

Er habe keinerlei Wahrnehmungen über diverse Medienkooperationen und wisse auch nicht, wer Impulsgeber bzw. zentrale Stelle für Inserate im Ministerium gewesen sei, so Kotlowski. FP-Fraktionschef Harald Vilimsky und Stefan Petzner vom BZÖ konfrontierten den ehemaligen Sprecher mit dem Vorwurf, dass das Verkehrsministerium eine 16-seitige ÖBB-Beilage im News im Wert von 58.000 Euro vereinbart habe, die Rechnung aber den ÖBB gestellt wurde.

Kotlowski wollte Fragen zu diesem Thema nicht beantworten und verwies auf seine diesbezügliche Aussage vor der Staatsanwaltschaft. Er begründete das damit, dass seine Wahrnehmung durch die vielen aktuellen Medienberichte "getrübt" sei. Der ehemalige Pressesprecher betonte aber mehrmals, dass er keine Ermächtigung gehabt habe, Inseratenaufträge abzuschließen und dies auch nicht getan habe.

Zimmermann: Werbung auf Wunsch des Kabinetts

Ein Mann im Anzug mit Namensschild wird von Reportern umringt.

Der frühere Asfinag-Sprecher Zimmermann (2002-2008) hat in seiner Befragung am Vormittag bestätigt, dass ab 2007 Medienkooperationen des staatlichen Autobahnbetreibers durch das Kabinett des damaligen Verkehrsministers Werner Faymann eingefädelt wurden. Vor allem Zeitungen mit hoher Reichweite seien nach Faymanns Amtsantritt dazu übergegangen, Aufträge direkt an das Ministerbüro zu richten, berichtete Zimmermann.

Zimmermann sagte, mit dem Wechsel im BZÖ-Verkehrsministerium von Hubert Gorbach auf Werner Faymann Anfang 2007 seien die Anzeigenverkäufer einiger Zeitungen mit hoher Auflage dazu übergegangen, Inseratenangebote nicht mehr direkt an die Asfinag sondern ans Ministerbüro zu legen. Konkret habe es sich dabei um "Kronen Zeitung", "Österreich", "News", "heute" und "live" sowie Bundesländerzeitungen mit hoher Auflage gehandelt, sagte Zimmermann dem BZÖ-Abgeordneten Stefan Petzner.

Aktenvermerke

Einige dieser Fälle hat Zimmermann mit Aktenvermerken dokumentiert. Der Grüne Peter Pilz zitierte gleich zum Auftakt der Sitzung aus einen Vermerk über eine Kooperation mit der heute-Beilage live. Demnach wurde Zimmermann am 20. Juni 2007 von Faymann-Sprecher Thomas Landgraf über die geplante Medienkooperation informiert. Bis zum Erscheinen der Kooperation am 29. Juni konnte er aber "weder ein Angebot noch die Höhe der Kosten erfahren", wie aus dem Aktenvermerk hervorgeht. Zimmermann bestätigte im Ausschuss, dass der Auftrag "auf Wunsch des Kabinetts" zustande gekommen sei.

Die vom Verkehrsministerium vereinbarten Inseratenaufträge brachten laut Zimmermann die eigenen Werbepläne der Asfinag durcheinander, wie er FP-Fraktionschef Harald Vilimsky sagte. Der Medienplan der Asfinag sei "zu 50 Prozent" durch diese Werbeschaltungen beansprucht worden, sagte Zimmermann. Eine rechtliche Prüfung der Vorgehensweise der Faymann-Mitarbeiter durch die Asfinag sei aber nicht erfolgt. Von der Konzernrevision wurde Zimmermann freilich aufgefordert, bei der Vergabe von Inseraten künftig den korrekten Vergabeprozess einzuhalten.

Inserate "zielführend und notwendig"

Allerdings betonte Zimmermann auf eine Frage von SP-Ausschussmitglied Michael Schickhofer auch, dass er die Inserate für "sowohl zielführend als auch notwendig" hielt. Die Asfinag habe 1,6 bis 1,7 Mrd. Euro jährlich investiert, u.a. in Neubau und den Umbau von Rastplätzen, und habe die Öffentlichkeit darüber informieren müssen. Zudem habe das Ministerium zumindest "im juristischen Sinn" keine Inseratenaufträge vergeben, denn beschlossen habe die Medienkooperationen letztlich der Asfinag-Vorstand. Und: "Es kam in keiner der Publikationen das Konterfei von Minister Faymann."

Außerdem betonte Zimmermann bei der Befragung durch VP-Fraktionsführer Werner Amon, dass die Abstimmung mit dem Infrastrukturministerium auch bei den direkt von der Asfinag initiierten Werbeaufträgen unerlässlich gewesen sei. Daher habe es Jours fixes mit dem Ministerium gegeben, bei denen die Marketingmaßnahmen besprochen wurden.

Dementiert hat Zimmermann übrigens, heute für das SP-nahe Echo Medienhaus zu arbeiten. Er habe mit Juli eine Firma gegründet und sei nie bei Echo angestellt gewesen, sagte er. Auf der Echo-Homepage wird Zimmermann allerdings nach wie vor als Mitarbeiter geführt.

Der KURIER berichtet seit 13:30 live aus dem Parlament.

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