U-Ausschuss-Reform steht vor Durchbruch

Eine Glocke und ein Schild mit der Aufschrift „Ausschussobfrau“ auf einem Tisch.
Reformpaket: Nach Jahren der Versprechen wird für heute die finale Verhandlungsrunde erwartet.

Bei der Reform der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse soll am heutigen Donnerstag der Sack zugemacht werden: Am Rande des Plenums wird es noch Gespräche geben, am frühen Nachmittag soll es vermutlich die finale große Verhandlungsrunde mit allen sechs Parteien geben, hieß es Donnerstagfrüh gegenüber der APA. Einen Beschluss im Nationalrat gibt es aber auch im Fall einer Einigung erst im Herbst.

Im SPÖ-Klub zeigte man sich in der Früh zuversichtlich bezüglich einer Einigung. ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka sagte nach einer Klubsitzung Mittwochabend gegenüber dem Ö1-Morgenjournal, er habe "breite Zustimmung" vom Klub, die Verhandlungen zum Abschluss zu bringen.

Noch geklärt werden muss dem Vernehmen nach, wie oft einzelne Zeugen pro U-Ausschuss geladen werden können und ob Abgeordnete im U-Ausschuss ihre Immunität verlieren sollen, wenn sie sich beispielsweise nicht an die Geheimhaltungspflicht halten.

Kein konkreter Termin

Verhandelt wird dem Vernehmen nach nun am Vormittag weiterhin vor allem mit den großen Oppositionsparteien, also der FPÖ und den Grünen. Auch deren Verhandler gaben sich gegenüber der APA optimistisch.

Am frühen Nachmittag sollen sich dann alle sechs Fraktionen zusammensetzen, um das Reformpaket festzuzurren. Einen konkreten Termin dafür gibt es bisher nicht.

Das Minderheitenrecht auf Einsetzung von U-Ausschüssen beschäftigt die Politik seit Jahrzehnten. Erhoben wird die Forderung vorzugsweise von der jeweiligen Opposition: So plädierte die SPÖ in den 1960er Jahren - damals regierte VP-Kanzler Josef Klaus mit absoluter Mehrheit - dafür, unter SP-Kanzler Bruno Kreisky in den 1970ern forderte wiederum die ÖVP das Minderheitenrecht. Ein Überblick:

1867: Das Staatsgrundgesetz gibt dem Reichsrat der Monarchie das Recht, "Commissionen zu ernennen, welche von Seite der Ministerien die erforderliche Information zu geben ist". Befragen dürfen sie aber nur Regierungsmitglieder, keine Beamten, und es besteht keine Aussagepflicht.

1920: Während die meisten Entwürfe für die Verfassung der Republik U-Ausschüsse als Minderheitenrecht vorsehen, werden sie schließlich (u.a. wegen des Widerstands der Sozialdemokraten) als Mehrheitsrecht beschlossen.

1949: Der erste U-Ausschuss der Zweiten Republik untersucht die Abwicklung der Marshallplan-Hilfe durch CA, Länderbank und Wirtschaftskammer. Bis 2011 werden 18 weitere Ausschüsse eingesetzt, der bisher letzte zu den diversen Korruptionsaffären.

1989: Anlässlich der Untersuchung der Lucona-Affäre werden U-Ausschüsse erstmals für die Medien geöffnet. Bis dahin waren die Sitzungen grundsätzlich vertraulich, mit Zweidrittelmehrheit konnten die Abgeordneten außerdem zu kompletter Verschwiegenheit verpflichtet werden.

1999: SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grüne sprechen sich für ein Minderheitenrecht auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen aus. Die SPÖ will die Hürde auf ein Drittel der Abgeordneten senken, ÖVP und FPÖ auf ein Viertel.

2009: SPÖ und ÖVP brauchen die Opposition zur Lockerung des Bankgeheimnisses für Ausländer. Im Gegenzug für ihre Zustimmung garantieren die Klubchefs der Koalition dem BZÖ und den Grünen neben mehr Kontrollrechten für den Rechnungshof auch die Umsetzung des Minderheitenrechts.

2013: Die Verhandlungen laufen zäh und geraten mehrmals ins Stocken. Der von der Koalition eigentlich zugesagte Beschluss des Minderheitenrechts vor der Wahl scheitert.

2014: Nach anfänglichem Zögern bekennen sich SPÖ und ÖVP auch nach der Wahl zum Minderheitenrecht - u.a. wegen des starken öffentlichen Drucks für einen U-Ausschuss zur Hypo Alpe Adria. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) rechnet mit einer Einigung vor dem Sommer und einem Beschluss im Herbst.

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