War es ein gefinkeltes Manöver, eine Wahlkampf-Volte oder einfach nur ein Affront gegen die Grünen im Bund?
Es geht um den ewigen Streit um den Bodenschutz und die Bodenstrategie für Österreich. Dazu sieht das türkis-grüne Regierungsprogramm unter anderem vor: „Zielpfad zur Reduktion des Flächenverbrauchs auf netto 2,5 ha/Tag bis 2030 und mittelfristig zusätzliche Bodenversiegelung durch Entsiegelung von entsprechenden Flächen kompensieren.“
Doch in der dafür zuständigen ÖROK, der österreichischen Raumordnungskonferenz, konnte man sich in zahlreichen Sitzungen nicht auf verpflichtende Ziele einigen.
Gestern, Donnerstag, kam es dann zu einem bemerkenswerten Treffen zum Thema. Der oö. Raumordnungslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) lud seine Bundesländer-Kollegen von ÖVP, SPÖ und FPÖ sowie Gemeinde- und Städtebund nach Linz. Achleitner nannte das Treffen „erste gesamtösterreichische Raumordnungs-Tagung“. Beschlossen wurde dort laut eigenen Angaben einstimmig die von der ÖROK erarbeitete „Österreichische Bodenstrategie“. Freilich ohne das Ziel, den Flächenverbrauch bis 2030 auf 2,5 Hektar pro Tag zu begrenzen. Das lehnen die Landesregierungen als auch der Gemeindebund ab.
Achleitners Trick dabei: Die ÖROK kann Beschlüsse wie jene zur Bodenstrategie nur einstimmig beschließen; deshalb erfand er diese „Raumordnungs-Tagung“. Argumentiert wird, dass eine Bodenstrategie eben nur die Länder und Gemeinden umsetzen müssten, und nicht der Bund. Und die ÖROK sei auch nur ein Verein, der keine verfassungsmäßige Kompetenzen besitze.
Das Büro von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) stellte klar, dass am Donnerstag „keine Sitzung der Raumordnungskonferenz stattfand“ und daher auch keine Beschlüsse gefasst werden konnten.
Totschnig erfreut
Doch sein Regierungspartner Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) fiel Kogler alsgleich in den Rücken. Zwar meinte Totschnig noch 2023, die Bodenstrategie könne „nur erfolgreich sein, wenn alle beteiligten Akteure, der Bund, die Länder, die Gemeinden, der Städte und der Gemeindebund, dahinterstehen“.
Zum Beschluss der Landesräte am Donnerstag ohne Bund (Totschnig selbst weilt nach einer Dienstreise nach Japan derzeit in China) ließ er ausrichten: „Es ist erfreulich, dass jetzt überparteilicher Konsens bei den für die Raumordnung zuständigen Akteuren für die erste Österreichische Bodenstrategie herrscht. Dieser Beschluss mit einem konkreten Maßnahmenkatalog zur Umsetzung ist ein wichtiger Meilenstein für den sorgsamen Umgang mit unserem wertvollen Boden.“
Grüne empört
„Fake News“, riefen die Grünen sofort, „Achleitner feiert sich für den Beschluss eines zahnlosen Papiertigers. Er dürfte vergessen haben, dass ein Beschluss der Bodenstrategie ohne der ÖROK gar nicht möglich ist“, so Grünen-Generalsekretärin Olga Voglauer. Dem „Pseudobeschluss“ fehle jedenfalls das „verbindliche Ziel von höchstens 2,5 Hektar pro Tag, „das heutige Treffen hat einmal mehr gezeigt, warum Österreich den grassierenden Flächenfraß seit Jahren nicht in den Griff bekommt“.
In Linz sahen das die Landesräte nicht so. „Eine absolute Zahl schützt noch keinen Hektar Boden“, meinte etwa der nö. Landeshauptmannstellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP). Alle Länder würden nun mit der Umsetzung der Strategie beginnen, die dem Motto „Boden schützen und Zukunft ermöglichen“ folge. Es müsse eine Interessensabwägung zwischen dem Schutz von Naturräumen und wirtschaftlicher Entwicklung geben.
Klar ist auch: Die ÖROK ist Geschichte, das Ziel der Regierung beim Bodenschutz gescheitert. Egal, ob das jetzt der Beschluss der ÖROK, oder irgendeines anderen Vereins war.
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