96,29 Prozent Zustimmung für Voves
Das Ergebnis war besser als jenes vor zwei Jahren: Franz Voves ist am Samstag beim SP-Parteitag in Unterpremstätten bei Graz mit 96,29 Prozent als Landesvorsitzender bestätigt worden. Eine kleine Einbuße im Verglich zum Parteivorstand, der ihn Ende September in gut inszenierter Regie einstimmig zum Spitzenkandidaten machte; ein Plus aber zu jenen 93,13 Prozent, die er im Vergleich zu 2012 zu verteidigen hatte. "Jetzt habt ihr einem alten Mann die Latte schön hoch gelegt", sagte Voves in einer ersten Reaktion.
Zuvor hatte der steirische SPÖ-Chef in seiner betont programmatischen Rede ein weites Themenfeld beackert – es reichte von Verteilungsgerechtigkeit über Globalisierung, Digitalisierung bis zu deutlichen und durchaus mutigen Aussagen zu Asyl und Zuwanderung. Wie angekündigt war keine Wahlkampfrhetorik zu vernehmen. Diese soll es erst im Landtagswahljahr 2015 geben.
Leise Kritik an der eigenen Partei
"Werner, du hast unsere ganze steirische Unterstützung"
Dann wandte sich Voves der Steuerdebatte zu: "Zu glauben, auf stärkere Besteuerung Vermögender zu verzichten und so nicht zur Entlastung von Arbeit beizutragen - das ist kein Zeichen und der falsche Weg. Werner, du hast unsere ganze steirische Unterstützung", so Voves in Richtung Faymann, der in seiner Rede zuvor vehement Vermögenssteuern – Stichwort "Millionärsabgabe" - forderte.
Faymann betonte, dass ein funktionierender Staat wichtig sei: 'Mehr privat, weniger Staat' gefährdet das. „Wir stehen an einer Weichenstellung", betonte Faymann die Gefahr durch "Neoliberale". Steuerbetrugsbekämpfung, Investitionen, Verteilungsgerechtigkeit, Fairness, diese Dinge sicherten den Frieden und die Demokratie - "deshalb sagen wir ja zu einer Millionärsabgabe, und damit meinen wir nicht den Häuslbauer, sondern das oberste Prozent der Gesellschaft, das über unvorstellbare Vermögen verfügt, diese müssen etwas beitragen. Das ist längst fällig", so der Kanzler.
"Danke für die Debatten"
Kritik an seinem steirischen Landeschef gab es nur verklausuliert: "Danke für die intensiven Debatten auch mit dir. Wenn wir hinausgehen und eine Sache ausdiskutiert haben, dann sind wir gemeinsam nicht zu schlagen, Franz", so Faymann. Voves war ja vor einigen Jahren mit seiner Forderung nach Vermögenssteuern nicht gerade auf Verständnis der Bundespartei gestoßen.
Voves ging in seiner Rede auch auf die Wirtschaftslage ein - es stelle sich die Frage, ob man angesichts der Entwicklungen nicht überhaupt eine neue Wirtschaftsordnung brauche, so der SP-Spitzenkandidat. Krisen in den Bereichen Klima, Energie, Werte, Demokratie, Arbeit und vielen anderen - "diese hängen alle zusammen". Laut einer deutschen Umfrage seien 90 Prozent der Befragten der Meinung, dass man mit der Wirtschaftsordnung der letzter Zeit gerade dabei sei, an die Wand zu fahren.
Kernölsozialist und Integrationsverfechter
Integration und Asyl durfte beim Themenmix am Parteitag auch nicht fehlen: "Wir haben eine klare Position zum Thema Zuwanderung zu haben. Klar ist, Österreich braucht Zuwanderung, sie passiert und davor brauchen wir uns nicht zu fürchten. Es ist ein Faktum: Zuwanderer zahlen mehr in die Staatskasse ein als sie erhalten. Ich glaube, keiner im Saal will mit einem Kriegsflüchtling tauschen. Und angesichts des Leids muss klar sein, Sozialdemokraten müssen helfen. Wer mit den Wölfen heult, und ihr wisst, wen ich damit meine, ist kein Sozialdemokrat", wurde Voves unter heftigem Applaus emotional. Integration sei aber auch keine Einbahnstraße: "Jeder muss sich an unsere Rechtsordnung halten. Ich spreche von Rechten und Pflichten, die auf unserer Werteordnung basieren. Wir wollen weder einen Gottesstaat noch einen extremen nationalistischen Staat wie in Ungarn."
Anschließend gab es einen Ausflug in globale Themen: Die digitale Revolution gefährde Millionen Jobs, so Voves, "und das sage nicht ich, der Kernölsozialist, sondern ein konservativer deutscher Unternehmensberater." Laut diesem müsse ein Bewusstsein für diese Bedrohung geschaffen werden, das bedeute die Arbeitszeit zu verkürzen, die verbleibende Arbeit bei vollem Lohnausgleich auf alle Beschäftigten aufzuteilen. "Die Frage der Verteilungsgerechtigkeit so schnell wie möglich zu behandeln macht einen starken Staat und eine starke Sozialdemokratie aus", meinte der Parteichef.
Die Antwort auf "Flachwurzler"
Resümierend meinte Voves: "Die Welt und die Lebensumfelder der Menschen haben sich völlig verändert." Alle Parteien hätten sich programmatisch darauf einzustellen, sonst seien sie weg vom Fenster. "Es ist alles so kompliziert, beziehe ich mich auf Fredl Sinowatz", erntete Voves zustimmendes Lachen, "aber wir müssen Orientierung, Halt und Optimismus geben. Dem unappetitlichen Stimmenfang der FPÖ mit pessimistischen Bildern haben wir Optimismus und Konzepte entgegen zuhalten. Das ist die einzige Antwort auf Flachwurzler".
Voves im Porträt
ÖGB-Präsident Erich Foglar bekräftigt seine Forderung nach einer "nachhaltigen Entlastung" durch die angekündigte Steuerreform: Wichtiger als eine erste spürbare Etappe schon ab 1. Jänner 2015 sei ein nachhaltiges Gesamtpaket, erklärte er im Ö1-Journal zu Gast. Angesichts der "dahindümpelnden" Wirtschaftslage soll der Zeitpunkt für das Erreichen des strukturellen Nulldefizits überdacht werden.
Das Ziel der Bundesregierung, ein strukturelles Nulldefizit - geplant ab 2016 - anzustreben, soll zwar beibehalten werden. Bei veränderten Rahmenbedingungen sollte man aber den Zeitpunkt überdenken, so Foglar. Er pocht auf die Lohnsteuersenkung, "weil wir sie benötigen", und diese würde sich "zu einem Gutteil" selbst finanzieren, verwies er etwa auf die dadurch zu erwartende stärkere Kaufkraft.
Keine Verwässerung
Das Gesamtvolumen der Steuerentlastung von knapp sechs Milliarden Euro soll "nicht verwässert" werden, erklärte der ÖGB-Präsident weiters und die Entlastung soll den Arbeitnehmern zugutekommen. Die Experten-Arbeitsgruppe zur Steuerreform arbeitet seiner Meinung nach "seriös und zügig" und könnte möglicherweise bereits Ende November Vorschläge präsentieren.
Grundsätzlich sei die nachhaltige Lohnentlastung wichtiger als die Frage der zeitlichen Etappen, so Foglar: "Ich habe nichts davon, wenn ich in einer ersten Etappe einen Teil relativ schnell bekomme und am Ende der letzten Etappe kommt irgendwie ein Betrag raus, der den Namen Entlastung gar nicht verdient." Foglar ist auch der Meinung, dass der Bundesregierung die Steuerreform gelingen muss, es handle sich um eine "Riesenchance". Anderenfalls würde die Akzeptanz in der Bevölkerung noch drastischer sinken.
Ende des Steuerwettbewerbs
Als Konsequenz aus der bekannt gewordenen Steuerschonung in Luxemburg fordert der ÖGB-Präsident ein Ende des Steuerwettbewerbs der Staaten. Dies sei "schädlich" für die Gesellschaft, stellte er fest. Er sieht hier auch Österreich mit seinem Rest des Bankgeheimnisses gefordert.
Zum leichteren Arbeitsmarktzugang für Asylwerber verwies Foglar auf die in Auftrag gegebene Studie, deren Ergebnisse im Frühjahr 2015 vorliegen sollen. Er kann sich eine Regelung mit Bedarfsprüfung vorstellen und erklärte, dass in diesem Bereich bis Juni 2015 ohnehin eine EU-Richtlinie umgesetzt werden müsse.
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