Sozialversicherungsreform: Gremien beginnen Zusammenarbeit

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ).
Hartinger-Klein verspricht Ersparnis in Milliardenhöhe und schlankere bürokratische Strukturen.

Die Reform der Sozialversicherungen mit der Zusammenlegung der 21 auf künftig fünf Träger hat am Montag einen großen Schritt zur Umsetzung gemacht. Für die fünf neuen Träger haben sich die Überleitungsgremien konstituiert und die neuen Chefs wurden durchwegs einstimmig gewählt. Während vor allem von den roten Kassen-Funktionären Kritik kam, sprach die Regierung von einem "Leuchtturmprojekt".

Neue Spitzen

Für die aus den neun Gebietskrankenkassen entstehende Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) wurde auf Arbeitgeberseite der freiheitliche Wirtschaftskammer-Vizepräsident Matthias Krenn als erster Obmann gewählt. Er wird zunächst den Überleitungsausschuss und dann ab 1. Jänner 2020 den Verwaltungsrat der ÖGK führen. Danach soll er sich mit dem von der Arbeitnehmerseite nominierten derzeitigen Obmann der Salzburger Gebietskrankenkasse, Andreas Huss, im Halbjahresrhythmus abwechseln.

In der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) wurden der Metallergewerkschafter Peter Schleinbach und der von der Arbeitgeberseite entsandten Fachverbandsobmann der Personenbetreuer, Andreas Herz, an die Spitze gewählt, sie sollen sich künftig abwechseln. In der aus Selbstständigen und Bauern zusammengelegten Sozialversicherung der Selbstständigen (SVS) wurde der Welser Unternehmer Peter Lehner, ehemaliger Obmann-Stellvertreter in der PVA, zum Obmann gewählt. Die mit Eisenbahn und Bergbau fusionierten Beamten hat der Vorsitzende der Beamten-Gewerkschaft, Norbert Schnedl, übernommen. In der AUVA wurde der von den Arbeitgebern nominierte Wiener Unternehmer und derzeitige stellvertretende Vorsitzende der Landesstelle für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Mario Watz, an die Spitze gewählt.

Die Überleitungsausschüsse arbeiten bis Jahresende parallel mit den derzeit bestehenden Gremien der 21 Träger und gehen dann mit 1. Jänner 2020 automatisch in identer personeller Besetzung in den jeweiligen Verwaltungsrat über. In den neuen Gremien sitzen jeweils sechs Arbeitgeber- und sechs Arbeitnehmervertreter. Im neuen, verkleinerten Dachverband findet die Konstituierung am 15. April statt.

Hartinger-Klein verspricht Milliarden-Ersparnis

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) und ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger beharrten trotz anderslautender Kritik darauf, dass die Reform bis 2023 insgesamt eine Milliarde Euro Einsparungen bringen werde. Für ihre Funktionäre werden die fünf neuen Träger allerdings ab nächstem Jahr nur 1,435 Millionen Euro weniger an Funktionsgebühren und Sitzungsgeldern ausgeben als die derzeit 21 Träger. Und weil die neuen Gremien bis Jahresende parallel mit den alten bestehen werden, sind dafür heuer sogar noch Mehrausgaben von 342.000 Euro zusätzlich angesetzt, geht aus einem Verordnungsentwurf des Sozialministeriums hervor.

Hartinger-Klein verwies darauf, dass die Zusammenlegung der Pensionsversicherungsanstalten von Arbeitern und Angestellten zwar zunächst 115 Mio. Euro gekostet habe, aufgrund der Produktivitätssteigerung komme man inzwischen aber auf jährliche Einsparungen von 52 Mio. Euro. Die Fusionskosten der jetzigen Reform konnte Hartinger-Klein nicht beziffern, das sei eine Entscheidung der Selbstverwaltung.

Sozialdemokraten befürchten Kosten

Während die Sozialministerin und der ÖVP-Klubobmann schlankere Strukturen und einen Abbau der Bürokratie zum Wohle der Versicherten lobten, kam von den sozialdemokratischen Kassenfunktionären, die mit der Reform deutlich an Macht verlieren werden, scharfe Kritik. Sie befürchten nicht Einsparungen von einer Milliarde, sondern zusätzliche Kosten in dieser Größenordnung. Durch die Parität von Arbeitgebern und Arbeitnehmer sehen sie im Gegensatz zur Regierung die Selbstverwaltung in Gefahr.

Heftige Kritik kam auch von der SPÖ und den NEOS. SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch warf der Regierung vor, der Sozialversicherung Milliarden zu entziehen, Strukturen zu zerschlagen und das Gesundheitssystem zu zerstören. Auch NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker konnte keine Verbesserung für die Versicherten erkennen.

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