Zwei Jahre Kindergarten sollen Pflicht werden
In acht Wochen präsentiert die Bildungsreformkommission ihre Ideen, wie das Schulsystem in Österreich auf neue Beine gestellt werden soll. Zuvor machen die Sozialpartner noch Druck: Der Kindergarten dürfe nicht aus den Augen verloren werden. Er sei eine wichtige Bildungseinrichtung, die die Basis für das gesamte Leben legt. Die Elementarpädagogik müsse deshalb in die Kompetenz des Bundes verlagert werden. Das bedeutet auch, dass der Bund zukünftig die Kindergärten finanzieren müsste.
Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) kann der geforderten Verlagerung der Kompetenzen für die Kindergärten zum Bund "einiges abgewinnen". Die Ministerin würde "eine einheitliche Lösung begrüßen", heißt es in einer Aussendung. Auch die Grünen bewerten die Vorschläge positiv. "Die unterschiedlichen Lösungen in den Bundesländern bringen klare Qualitätsunterschiede mit sich", so Heinisch-Hosek. Die Kompetenzzersplitterung erschwere die Zusammenarbeit zwischen Kindergärten und Schulen "zum Nachteil der Kinder". Eine kontinuierliche Förderung werde so verunmöglicht.
Einheitliche Standards
Ein einheitliches Rahmengesetz und die Bündelung der Kompetenzen im Kindergartenbereich in der Hand des Bundes: Das haben sich die Sozialpartner und die Industriellenvereinigung (IV) in ihrem gemeinsamen Programm für Elementarbildung gewünscht. Auch die Forderung nach einem zweiten verpflichtenden Kindergartenjahr und eine Pro-Kopf-Finanzierung sind in dem am Mittwoch in Wien vorgestellten Papier enthalten.
Die Anstoßfinanzierungen des Bundes zum Ausbau des Angebots an Kindergartenplätzen müssten in jedem Fall fortgesetzt werden, erklärte Arbeiterkammer(AK)-Präsident Rudolf Kaske. Diese Mittel würden aktuell nicht einmal in allen Bundesländern voll ausgeschöpft. Ein Grund dafür sei auch, dass in manchen Gemeinden, die als Träger der Kindergärten fungieren, die Angst bestehe, nach dem Ausbau von Plätzen auf den laufenden Kosten sitzen zu bleiben. Daher sollte sich die Finanzierung am tatsächlichen Angebot und damit an der Anzahl der betreuten Kinder am Standort orientieren.
Genaue Angaben zur Höhe dieser Mittel konnten die Vertreter der Wirtschaftskammer (WKÖ), des Gewerkschaftsbundes (ÖGB), der Landwirtschaftkammer, der AK und der IV noch nicht machen. Man werde aber in nächster Zeit Vorschläge vorlegen, so Kaske.
"Fleckerlteppich"
Da im elementarpädagogischen Bereich in neun Bundesländern neun verschiedene Standards gelten, dränge sich das Bild des "Fleckerlteppichs" auf, so die ÖGB-Vizepräsidentin Renate Anderl - daher die gemeinsame Forderung nach einem Bundesrahmengesetzes, in dem etwa Gruppengrößen, Vor- und Nachbereitungszeiten oder die räumlichen Erfordernisse geregelt werden. Die momentane "Zersplitterung" sei hinderlich, was die frühe Förderung der Kinder betrifft, zeigte man sich einig.
Das werde klar, wenn man sich vor Augen führe, dass ein pädagogischer Austausch zwischen Kindergarten und Volksschule am Übergang dorthin nicht überall möglich ist. Es brauche eine einheitliche Zuständigkeit des Bundes. Wie in den meisten EU-Ländern sollte das Bildungsministerium für die Gesetzgebung zuständig sein.
Gerade der Übertritt in die Volksschule werde von vielen Kinder immer noch als "ein Schritt in eine andere Welt erlebt", so WKÖ-Präsident Christoph Leitl. Der Kindergarten sei aber bei weitem keine Aufbewahrungsstätte mehr, sondern eine Bildungseinrichtung. Man müsse sich daher mehr um "fließende Übergänge" bemühen. Dazu zähle auch, dass Kinder beim Volksschuleintritt zumindest so gut Deutsch können, um dem Unterricht zu folgen. Auch aus diesem Grund müsse das zweite verpflichtende Kindergartenjahr kommen, da es die Chancengleichheit erhöhe, erklärte auch Kaske.
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