Schieder: „Ich will bei der EU-Wahl ein sechstes Mandat erreichen“

Schieder: „Ich will bei der EU-Wahl ein sechstes Mandat erreichen“
EU-Wahl. Die europäische Sozialdemokratie steckt in der Krise. Wie Andreas Schieder als SPÖ-Spitzenkandidat dem Trend die Stirn bieten will.

Gerade mal ein Jahr ist her – da fühlte er es. Nämlich der richtige Mann für Wien zu sein. Im Erbstreit um den Wiener Bürgermeisterposten musste sich Andreas Schieder gegen Michael Ludwig geschlagen geben. Nun spürt er es wieder. Dieses Mal will er der richtige Mann für Brüssel sein.

Wie funktioniert das? Innerhalb von zwölf Monaten seine politische Bestimmung zu wechseln? „Das ist kein Widerspruch“, sagt Schieder. Schon seit seiner Jugend sei Europa sein Kernthema gewesen. In den 90er-Jahren gründete er die Europäischen Jungsozialisten und war deren Chef. „Die EU ist seit mehr als 20 Jahren Teil meines politischen Lebens“, beteuert er.

Deswegen habe er mitten in einer Mountainbike-Runde nach nur zwei Minuten zugesagt, als ihn SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner am Telefon fragte, ob er als EU-Spitzenkandidat für die SPÖ ins Rennen gehen will. Mit 50 nochmals etwas Neues zu machen, war eine Motivation für ihn. Dass Kern seine EU-Kandidatur durchziehen werde, daran habe man insgeheim ohnehin schon länger gezweifelt.

Schieder: „Ich will bei der EU-Wahl ein sechstes Mandat erreichen“

Andreas Schieder sammelt Holzfiguren von seinen politischen Vorbildern wie Willy Brandt.

Westen als Hoffnung

Leicht wird der Wahlkampf nicht für ihn. Die europäische Sozialdemokratie steckt in der Krise. Derzeit hält die sozialdemokratische Fraktion 187 Mandate im Europaparlament. Glaubt man den Prognosen , dann sind es nach der EU-Wahl nur noch 137 Sitze. Das wäre eine bittere Einbuße um 50 Sitze. Aber was tun, damit die Stimmung nicht auf Österreich, wo die SPÖ in Umfragen bei stabilen 25 Prozent liegt, überschwappt? Schieder teilt zwar den Befund der roten Krise in Europa, aber er ortet bereits Licht am Horizont. Vor allem die prekäre Situation der SPD in Deutschland sieht der Ex-Klubchef nicht so dramatisch. Vielleicht Zweckoptimismus.

Im Fall der Sozialdemokratie geht für Schieder „die Sonne im Westen auf“. Lichtblicke sind für ihn die Genossen in Portugal und Spanien, wo der Portugiese Antonio Costa und der Spanier Pedro Sanchez jeweils erfolgreich mit einer Anti-Austeritäts- und Ausverkaufspolitik sind.

Genau bei diesem Punkt will Schieder ansetzen. „Die Menschen spüren, dass die sozialen Strukturen zusammenbrechen. Deswegen herrscht ein Unbehagen. Diesem möchte ich entgegentreten. Wir können Europa retten, wenn Europa sozialer wird“, erklärt Schieder.

Google zerschlagen

In den vergangenen zehn Jahren der Finanzkrise seien „verrückte Dinge passiert“, meint der Ex-Finanzstaatssekretär. Keiner, selbst ein junger Universitätsprofessor weiß heute nicht, in welcher prekären Situation er sich möglicherweise in einem Jahr befindet“, so Schieder.

Daher müssen die Tricksereien der Reichen und der Internet-Giganten wie Google und Amazon beendet werden. Mehr noch: Schieder meint, am besten sei es, wenn man die Internet-Konzerne zerschlagen könne. „Sie zahlen keine Steuern und ziehen auch ein unglaubliches und undemokratisches Kontrollsystem auf.“

Als Ziel hat sich Schieder ein sechstes EU-Mandat für die SPÖ gesteckt. Damit möchte er der Chefin der Sozialistischen Jugend, Julia Herr, den Weg ins EU-Parlament ebnen. „Sie ist eine junge, freche Frau, die eine Bereicherung wäre.“ Hofft er darauf, dass ÖVP und FPÖ im EU-Wahlkampf eine Harmoniepause einlegen? „Das sehe ich nicht. Es gibt in der EU-Politik keinen Unterschied zwischen Türkis und Blau. Das hat man bei der EU-Ratspräsidentschaft gesehen“, so Schieder. Ein Othmar Karas auf der ÖVP-Liste wäre für Schieder ohnehin nur eine „Feigenblattaktion“.

 

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