Schieder drängt ÖVP zu mehr Tempo bei Reformen

Ein Mann mit Anzug schaut durch einen unscharfen Vordergrund in die Kamera.
Der SPÖ-Klubchef will einen "Ruck" beim Koalitionspartner sehen und kassiert einen "Populismus"-Rüffel.

SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder fordert die ÖVP auf, sich bei Reformen im Herbst einen "Ruck" zu geben. Das Reformtempo in der Koalition solle im Herbst erhöht werden. Als Beispiele nennt er den weiteren Ausbau der Ganztagsschulen, Ehe und Adoptionsrecht für Homosexuelle und längere Öffnungszeiten für Kindergärten. Auf seiner Sommertour durch die Bundesländer habe er bemerkt, dass die Bevölkerung bei diesen Themen schon deutlich aufgeschlossener sei als so mancher Abgeordneter, betont Schieder: "Auch in den Regionen, wo mancher konservativ Denkender her ist, ist die Diskussion weiter als der denkt." Das gelte insbesondere auch in Sachen Ehe und Adoptionsrecht für Homosexuelle: "Da kommt man drauf, dass das für viele Leute in Österreich nicht ihre Lebensform ist, sie aber trotzdem sagen, lasst sie doch, gebt ihnen diese Möglichkeit." Weitere Reformen hält Schieder auch im Bildungssystem für nötig, um etwa mehr Mädchen in technische Berufe zu bringen und die Ganztagsbetreuung weiter auszubauen.

"Wahrheitsbeweis" von Karmasin

Unverständnis herrsche am Land auch ob der langen Schließzeiten der Kindergärten, sagt Schieder. Die vor dem Sommer gescheiterte Ausweitung der Öffnungszeiten auf zumindest 47 Wochen im Jahr will er daher wieder aufs Tapet bringen und sieht darin auch den "Wahrheitsbeweis" für die Ankündigung von Familienministerin Karmasin, künftig mehr Sachleistungen anzubieten: "Mehr Sachleistungen heißt auch mehr Qualität, längere Öffnungszeiten - sowohl täglich als auch übers Jahr verteilt."

Für die Steuerreform gibt sich Schieder trotz der verhärteten Fronten zwischen SPÖ und ÖVP zuversichtlich. Von der Expertenkommission, die im September einen ersten Bericht abliefern soll, erwartet er sich eine "sachliche Diskussion" über die Gegenfinanzierungs-Vorschläge der SPÖ und ein Ende der vom Finanzministerium verbreiteten "Propagandageschichten" der vergangenen Monate. Und was den Zeitpunkt der Reform angehe, stelle sich ohnehin weniger die Frage, wann sich Österreich eine Steuerreform leisten könne, als wie lange die Volkswirtschaft noch ohne Steuerreform auskomme.

Zur Gegenfinanzierung der Lohnsteuersenkung pocht Schieder neben vermögensbezogenen Steuern weiterhin auch auf die Registrierkassenpflicht für Handel und Gastronomie: Die Kassensysteme sollen durch einen "Finanzchip", der sämtliche Transaktionen mitprotokolliert, gegen Manipulationen gesichert werden, was aus Sicht der SPÖ zumindest 500 Mio. Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen bringen könnte. "Wer Denkverbote verhängt, ist schon in der Sackgasse", so Schieder angesichts des Widerstands der ÖVP.

Schieder geht zudem davon aus, dass der Hypo- Untersuchungsausschuss Anfang 2015 seine Arbeit aufnehmen wird. Denkbar aber noch nicht spruchreif ist aus Sicht des SP-Politikers auch ein zweiter U-Ausschuss zum Strafvollzug. Zurückhaltend zeigte sich Schieder im APA-Interview bezüglich der Nachfolge der verstorbenen Nationalratspräsidentin Barbara Prammer. Auf Namen will er sich ebenso wenig einlassen wie auf die Frage, ob das Amt wieder an eine Frau gehen soll. "Das ist nicht fair gegenüber der verstorbenen Präsidentin, dass man hier spekuliert", so Schieder - zumal "die Lücke, die Barbara Prammer hinterlassen hat, eine sehr große ist".

"Quertreiberei"

Dass die ÖVP Schieders Aussagen missbilligen würde, war klar, prompt kam die Gegen-Aussendung von ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel. "Die SPÖ soll endlich den Populismuspfad verlassen und zu dem zurückkehren, was wir zusammen erarbeitet und beschlossen haben", so Blümel. Blümel erklärte in einer Aussendung, die Koalition habe einen Regierungspakt, auf dem die Zusammenarbeit fuße. "Ständig von diesem Pfad abzukommen und populistische Quertreiberei zu betreiben, bringt Österreich nicht voran." Das "ständige Rufen nach neuen Steuern" sowie "das rote 'njet' zu notwendigen Reformen" schade Österreich. "Die SPÖ-Spitze scheint getrieben vom nahenden Parteitag, muss aber endlich begreifen, dass sie als Regierungspartei in erster Linie den Menschen in diesem Land verpflichtet ist", so Blümel. "Die SPÖ hat das Regierungsprogramm unterzeichnet und ist gut beraten, sich daran zu halten und dieses gemeinsam mit der Volkspartei Stück für Stück abzuarbeiten. Wenn Herr Schieder sich selbst schon großer Reformfreude bezichtigt, soll er Worten auch Taten folgen lassen, und die rote Blockadepolitik seiner Parteifreunde umgehend beenden."

Kritik kam auch vom VP-Wirtschaftsbund: "Es zeigt sich einmal mehr, dass die SPÖ keine Reformen will, sondern dem Mittelstand nur neue Steuern und noch höhere Belastungen aufbrummen möchte. Denn sogenannte 'Vermögenssteuern' sind in Wirklichkeit Eigentumssteuern, die den gesamten Mittelstand belasten", sagte der Wirtschaftsbund-Generalsekretär und ÖVP-Wirtschaftssprecher Peter Haubner in einer Aussendung. Den "SPÖ-Drang" nach einer Registrierkassenpflicht bezeichnete er als "reine Unternehmer-Schikane". Mit der Forderung, die Kassensysteme mittels Finanzchip gegen Manipulationen zu sichern, kriminalisiere Schieder alle Österreichischen Unternehmer. Mit derartigen Ideen bewirke die SPÖ lediglich "noch mehr Bürokratie und enorme finanzielle Belastungen".

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