"Genügend Gemeinsamkeiten mit der ÖVP"
Bundeskanzler Christian Kern will mit Journalisten reden. Aber nicht in 30-Sekunden-Sagern, wie bisher nach dem Ministerrat, sondern ausführlich, wie erstmals Samstagmittag im Kanzleramt. So hat der Kanzler sein Format gefunden: Zahlen, Fakten, Analysen und Pläne wurden im großen Bogen vorgetragen und durchaus kontrovers diskutiert.
Wichtigste Botschaft: Bei der ÖVP gebe es "Willige" und "Schwierige", aber noch genügend Gemeinsamkeiten, von der Flüchtlingspolitik – die Notverordnung wird vorbereitet – bis zur Wirtschaft. Da versprach der Kanzler, dass zusätzliche Investitionsanreize geplant sind. Außerdem soll es Maßnahmen zur Milderung der kalten Progression, also höherer Steuern durch die Inflation, geben. Auch die Mindestsicherung wird "sicher keine Sollbruchstelle für die Koalition", signalisierte der Kanzler Kompromissbereitschaft.
SPÖ zu verengt
Im Herbst wird Kern als SPÖ-Chef Details seines "New Deal" als "Rede zur Zukunft der Gesellschaft" formulieren und seine Vorstellungen für Staat und Wirtschaft konkretisieren: Niedrigere Kosten im Staat, geringere Belastung der Arbeit, ein gerechteres Steuersystem mit Vermögenssteuern, aber insgesamt mit geringeren Steuern.
Schon zuvor will Kern seine SPÖ mobilisieren, die sich "zu sehr verengt hat", er will "von der Partei zur Bewegung" kommen, mit vielen Mitbestimmungsmöglichkeiten, bis zur Auswahl von Kandidaten und der Zustimmung für einen künftigen Koalitionsvertrag.
Dass er ausgerechnet bei den Freihandelsverträgen CETA – mit Kanada – und TTIP – mit den USA – seine Mitglieder befragt, noch dazu mit zum Teil sehr suggestiven Fragen, verteidigte Kern.
Mit den fünf Fragen sei er selbst nur "mittelglücklich" und das Ergebnis, nämlich die Ablehnung durch die SPÖler, so gut wie sicher, aber viele Punkte würden eben österreichischen Interessen widersprechen und einen "neoliberalen Mainstream" widerspiegeln . Etwa würde Druck auf Deregulierungen und Privatisierungen entstehen.
Eine "begeisterte Zustimmung zu CETA sei nicht möglich", meinte Kern. Er wünsche sich aber eine "offene Diskussion".
Ja zu Handelsverträgen
Mit seinen Aktionen gegen die Freihandelsverträge sieht Kern keine Verbeugung vor dem Boulevard. "Wir brauchen natürlich Handelsverträge, aber es dürfen dadurch keine politischen Entscheidungen vorweggenommen werden." Apropos Boulevard: Zu den Äußerungen von Verteidigungsminister Doskozil über Kanzlerin Merkel ("Verantwortungslos") sagt Kern: "Solchen Formulierungen passen nicht, gerade nicht bei Merkel."
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