Regierungsvertreter tanzten im U-Ausschuss an

Wer hat 2007 und 2008 umfangreiche und teure Medienkooperationen mit dem Boulevard vereinbart? Waren es die Vorstände von ÖBB und Asfinag? Oder war es in Wahrheit das Infrastrukturministerium, sprich der damalige Ressortchef Werner Faymann und sein Kabinettschef Josef Ostermayer?
Das sind die zentralen Fragen in der " Inseratenaffäre", die am Dienstag Thema im parlamentarischen Untersuchungsausschuss waren (der KURIER berichtete live).
Mit der Order, Inserate zu schalten, hat sich Faymann genehme Berichterstattung im Boulevard gesichert – so sieht es die Opposition. Die SPÖ ist – wenig überraschend – anderer Ansicht.
Als wichtigster Zeuge wurde am Dienstag Josef Ostermayer vom Ausschuss gehört. Der Staatssekretär kam allein, ohne Anwalt und Berater, und er wirkte überzeugt in dem, was er sagte.
Leistungen
Die Geschichte, wie Ostermayer sie erzählt, geht so: Als Faymann 2007 das Ministerium übernahm, lag dort vieles im Argen – insbesondere die Öffentlichkeitsarbeit. "Wer zum Beispiel die Leistungen des Autobahnbauers Asfinag nicht darstellt, riskiert ein negatives Image und die Demotivation der Mitarbeiter", sagte Ostermayer vor den Abgeordneten. Dementsprechend habe man überlegt, welche Medien-Kooperationen gemacht werden könnten.
Laut Ostermayer waren er und das Ministerium nicht mehr als Mediatoren: Man brachte Ideen, man schlug den staatsnahen Unternehmen Werbe-Maßnahmen vor. Aber einen Auftrag, wonach Asfinag oder ÖBB Inserate zu bezahlen hätten, habe es nie gegeben. "Ich schließe aus, dass irgendjemand aus dem Kabinett für ein Unternehmen Anbote oder Verträge abgeschlossen hat", sagte Ostermayer. Für solche Weisungen gebe es keine Rechtsgrundlagen – ÖBB und Asfinag seien unabhängig.
Folgerichtig stellte der Staatssekretär in Abrede, mit ÖBB-Boss Huber oder anderen über konkrete Summen (kolportiert wurden sieben Millionen Euro, Anm.), die für die Inserate aufgewendet werden müssen, gesprochen zu haben. Abgesehen von anderslautenden Akten-Vermerken wi-dersprechen dieser Darstellung Personen wie Ex-ÖBB-Manager Stefan Wehinger. Letzterer hatte kürzlich das Gegenteil behauptet.
Laut Wehinger sei etwa eine Serie in der Kronenzeitung, die die ÖBB 500.000 Euro gekostet hat, ohne Wissen des ÖBB-Managements initiiert worden. Zur Erinnerung: Die ÖBB wurden in der Serie von Lesern massiv kritisiert, Faymann durfte als Ombudsmann auftreten.
Als Wehinger mit Ostermayer die Krone-Serie diskutierte, soll dieser gedroht haben. Ostermayer: "Ich habe keinen Druck ausgeübt. Ich habe Wehinger nicht gedroht, dass er seinen Job verliert. Das ist nicht meine Art."
Berlakovich in Erklärungsnot

Am Abend stand ÖVP-Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich Rede und Antwort. Der Ressortchef war, wie er sagte, "stellvertretend für die Regierung geladen" und berichtete, wie es die Ministerien mit Inseraten halten. "Die Bürger haben ein Recht auf Information, zum Beispiel bei Förderungen", sagte er. Presseaussendungen oder -konferenzen seien einfach nicht ausreichend, um Informationen unter die Menschen zu bringen. "Aber warum", fragte BZÖ-Mandatar Stefan Petzner, "mussten 94 Prozent der Inserate ein Foto von Ihnen haben? Wo ist der Informationswert?" Berlakovich überlegt kurz – immerhin hat auch der Rechnungshof das kritisiert. Dann findet er eine einfache Antwort zu seiner auffälligen Inseraten-Präsenz: "Es nutzt der Sache, wenn sich ein Minister hinter eine Maßnahme stellt."
In Erklärungsnot bringt ihn aber ein Rohbericht des Rechnungshofes, wonach überproportional in Medien mit "nicht bekannter Reichweite" inseriert wurde.
Grün-Mandatar Peter Pilz ortet an dieser Stelle verdeckte Parteienfinanzierung – über Inserate in der Bauernzeitung, an der der Bauernbund, eine VP-Teilorganisation, beteiligt ist. Berlakovichs Verteidigung: Er kenne die Eigentümerverhältnisse der Zeitung nicht – damals stand er allerdings im Impressum. Die Inserate rechtfertigt er mit der Nähe zur Zielgruppe.
Inserate: Was untersucht wird
Causa Faymann In diesem Fall geht es um die Frage, ob sich Werner Faymann ( SPÖ) in seiner Zeit als Verkehrsminister (2007/’08) gefällige Berichterstattung in Boulevardmedien erkauft hat – über Inserate, die die Asfinag und die ÖBB bezahlt haben. Die Justiz ermittelt, ob den Unternehmen Schaden entstanden ist (Untreue). Im Ausschuss wird geklärt, wer für die Schaltung der Inserate verantwortlich war.
Regierungsinserate Der Ausschuss untersucht die Vergabepraxis von Regierungsinseraten seit dem Jahr 2000. Dazu wurde Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) gestern befragt. Ermittelt wird gegen ihn nicht.
Kommentare