Regierungsspitze macht Landeschefs den Hof
In Graz plauderte Christian Kern aus, was er am Vormittag in Wien gehört hat. "Die Tagesordnung im Ministerrat ist so kurz. Da war dann auch gleich die Frage da, ist die Regierung am Ende?" Aber, so wandelte der Bundeskanzler einen Satz Mark Twains ab: "Die Nachricht vom Ableben der Regierung ist doch etwas übertrieben."
Damit sorgte Kern für Schmunzeln der vier Herren neben und den Journalisten vor sich. Auch Vizekanzler Reinhold Mitterlehner lächelte, er stellte sich gemeinsam mit Kern den Medien, das hat seit Abschaffung des Pressefoyers nach dem Ministerrat Seltenheitswert. Bei der Veranstaltung gestern in Graz ist so ein Doppel offenbar zudem einzigartig: Sowohl der SPÖ-Kanzler als auch sein ÖVP-Vize kamen zur Landeshauptleute-Konferenz.
"Ich habe den Auftrag gegeben herauszufinden, wann das zuletzt war, dass Kanzler und Vizekanzler bei der LH-Konferenz referiert haben", schilderte der steirische ÖVP-Landeschef Hermann Schützenhöfer, der noch bis Jahresende den Vorsitz in diesem Gremium führt. "Man hat es in den Aufzeichnungen nicht gefunden. Und Erwin Pröll und Josef Pühringer können sich auch nicht an so etwas erinnern."
Wohl nicht ganz zufällig kam eine solche Einladung an die Regierungsspitze aus jenem Bundesland, das mit der "Reformpartnerschaft" von SPÖ und ÖVP aufgefallen war. So ließ die steirische Mahnung an die Parteichefs in Wien nicht lange auf sich warten. "ÖVP und SPÖ haben noch nicht ausgedient, wenn sie erkennen, dass das, was sie in ihren Parteien haben, nur ein kleiner Teil der Gesellschaft ist", deponierte Schützenhöfer. Sowohl Volkspartei als auch Sozialdemokratie müssten sich öffnen. "In der Steiermark beweisen wir das seit sechs Jahren, dass das geht. Wenn auch mit Rückschlägen", spielt der Landeshauptmann auf das für Rot und Schwarz miese steirische Wahlergebnis 2015 an.
Zwei Schwarz, zwei Rot
Die Landeshauptmänner schwörten den Bund dann gestern auf Zusammenarbeit mit den Ländern ein. Das führte unweigerlich zu einer neuen Arbeitsgruppe: Sie soll Aufgaben in der Verwaltung bereinigen oder den " Finanzausgleich der Zukunft" festlegen.
Neu klingt das nicht. Es gab immerhin schon den "Österreich-Konvent", der von Juni 2003 bis Anfang 2005 tagte. Bis zum Frühjahr 2017 sollen aber schon erste Ergebnisse der neuen Arbeitsgruppe vorliegen, die aber auch auf die Vorlagen des mehr als zehn Jahre alten Konvents zurückgreifen solle.
Je vier Vertreter von Ländern und Bund machen nun mit, unter ihnen auch Landeshauptleute sowie Kanzler und Vizekanzler persönlich, das habe schon eine andere Qualität. "Ich hab’ mich freiwillig gemeldet", wirft Kern ein . Dann sorgt Schützenhöfer unfreiwillig für Lacher: Gefragt, wie denn die Ländergruppe zusammengesetzt werde, antwortet der ÖVP-Landeschef, "so wie es sich gehört zwei Schwarze, zwei Rote".
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