Leere Regierungsbank bei Debatte um Frauenvolksbegehren

Ex-Frauenministerin Heinisch-Hosek (SPÖ) während der Debatte zum Frauenvolksbegehren: Die Regierungssessel sind leer
Bei der Nationalratsdebatte über die Volksbegehren wurde auch der Ruf nach einem Nichtraucherreferendum abgeschmettert.

Der Nationalrat nahm am Dienstag die teils durchaus erfolgreichen Volksbegehren der vergangenen Monate durch. Rauchverbot in der Gastronomie, Frauenanliegen und die ORF-Gebühren waren jene Themen, die von mehreren hunderttausend Österreichern unterstützt wurden und heute von den Abgeordneten debattiert wurden.

Konkrete Konsequenzen zeichnen sich auch danach nicht ab. Bei der Debatte über das Frauenvolksbegehren blieb die Regierungsbank überhaupt leer.

Auf fest verschlossene Ohren bei ÖVP und FPÖ sind Dienstag im Nationalrat die eindringlichen Appelle der Opposition - wie zuvor auch die fast 900.000 Unterschriften des diskutierten Volksbegehrens - gestoßen, das von Türkis-Blau gekippte Rauchverbot in der Gastronomie doch einzuführen. ÖVP und FPÖ lehnten dies und auch eine Volksabstimmung darüber weiter strikt ab.

Gleich als erster Redner in der Debatte zum "Don't smoke"-Volksbegehren verteidigte ÖVP-Abg. Gabriel Obernosterer die österreichische Regelung: Damit liege man in Europa im Mittelfeld, auch in Italien, im deutschen Bundesland Baden-Württemberg oder der deutschen Hauptstadt Berlin gebe es ähnliche Ausnahmen. Gastronomie und Hotellerie würden sich ohnehin auf die Bedürfnisse des Gastes einstellen, mittlerweile dürfe man nur noch in rund zehn Prozent der Betriebe rauchen.

Kurz und Strache nicht bei Raucherdebatte

Fast 900.000 - genau 881.692 - Unterzeichner des Volksbegehrens hätten gehofft, dass ihre Meinung von der Politik gehört wird. Aber die Regierung zeige keinen Respekt vor der direkten Demokratie, stellte SPÖ-Abg. Philip Kucher fest - unter Hinweis darauf, dass Kanzler Sebastian Kurz ( ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) nicht einmal zur Debatte erschienen waren. Wenn die Regierung "zu feig ist, selbst zu entscheiden", Kinder und Arbeitnehmer in der Gastronomie vor Rauch zu schützen, sollte sie doch wenigstens die Bevölkerung abstimmen lassen, forderte er.

Der FPÖ sei direkte Demokratie selbstverständlich wichtig, beteuerte Abg. Peter Wurm. Aber dieses (von Ärztekammer und Krebshilfe initiierte, Anm.) Volksbegehren sei politisch beeinflusst - weil "stark von der SPÖ" getragen - worden und es habe keine sachliche Information gegeben. Seine Partei will den "Freiraum" für Gastronomen aufrechterhalten - und, so meinte Wurm, "die Geschichte läuft sich tot", weil nämlich mittlerweile "für die Leute Rauchen kein Thema mehr" sei.

Gabriel Obernosterer (ÖVP)

Es sei richtig, dass jeder Mensch selbst für seine Gesundheit verantwortlich ist - aber "ich mache die Politik, insbesondere die ÖVP, dafür verantwortlich, dass Menschen zu rauchen anfangen", ging Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger vor allem mit der Kanzlerpartei ins Gericht. Die ÖVP habe den schon beschlossenen Nichtraucherschutz wieder aufgemacht zugunsten der FPÖ, "mit der man sich ins Bett gelegt hat, in ein ungesundes Bett". Offenbar sei die Regierung "gefesselt" aneinander, stellte Meinl-Reisinger fest, appellierte aber dennoch: "Springen Sie über Ihren Schatten und lassen Sie eine Volksabstimmung zu."

Auch Daniela Holzinger von der (Ex-Pilz-)Liste Jetzt wandte sich vor allem an die Politiker der ÖVP, die der Aufhebung des Rauchverbots kritisch gegenüberstehen: "Warum ertragen Sie diese Situation", fragte sie und forderte sie auf, angesichts des sechs-erfolgreichsten Volksbegehrens der Republik doch eine Volksabstimmung zuzulassen.

Weiter diskutiert wird im Gesundheitsausschuss, dem das Volksbegehren zugewiesen wurde.

SPÖ: Frauenvolksbegehren "nicht verräumen"

Einigermaßen unaufgeregt hat der Nationalrat Dienstagmittag das Frauenvolksbegehren debattiert. Am Überraschendsten war noch, dass weder Minister noch Staatssekretäre auf der Regierungsbank Platz nahmen, was etwa SPÖ-Frauenchefin Gabriele Heinisch-Hosek bedauerte.

Das Volksbegehren war heuer von knapp 482.000 Personen unterzeichnet worden und schaffte damit die Hürde von 100.000 Unterschriften für eine parlamentarische Behandlung locker. Zu den Forderungen gehörten etwa eine 50-prozentige Frauenquote in Leitungsgremien staatlicher und börsennotierter Unternehmen, eine nach Geschlechter-Parität ausgerichtete Parteienförderung, eine 30-Stunden-Woche oder aber ein gesetzlicher Mindestlohn von 1.750 Euro.

Neos und Jetzt SPÖ-Frauenchefin Heinisch-Hosek sicherte den Initiatorinnen zu, dass man nicht zulassen werde, dass deren Forderungen "verräumt" würden. Auch Neos-Frauensprecherin Claudia Gamon und Stephanie Cox von der Liste "Jetzt" (vormals Liste Pilz) versprachen Unterstützung.

 

Gamon machte klar, dass auch sie nicht jede Formulierung im Volksbegehren unterstützt habe, aber die Intention an sich. Ebenso wie Cox warb sie etwa dafür, Mädchen schon früh technische und IT-Berufe schmackhaft zu machen.

VP-Frauensprecherin Barbara Krenn erklärte sich mit vielen Forderungen des Begehrens einverstanden, "aber leider nicht mit allen". Grundsätzlich forderte sie Frauen zum Zusammenhalt aus. Seitens der FPÖ zweifelte Carmen Gartelgruber an, dass alle Unterzeichnerinnen auch verstanden haben, was sie unterschrieben hatten. So bedeute etwa das Verlangen nach einem Rechtsanspruch auf einen ganztägigen kostenlosen Kinderbetreuungsplatz ab Ablauf der Mutterschutzfrist, dass Kinder schon mit acht Wochen in entsprechenden Einrichtungen betreut werden könnten. Cox fand Gartelgrubers Vermutung, dass die Unterzeichner das Begehren nicht verstanden hätten, "arrogant".

Das Volksbegehren wandert nun nach der so genannten "Erste Lesung" am heutigen Tag weiter in den zuständigen Ausschuss, wo es in mehreren Sitzungen weiter debattiert werden soll.
 

Freiheitliche Sympathie für ORF-Volksbegehren

Das überraschend erfolgreiche ORF-Gebühren-Volksbegehren hat die Debatte der Volksinitiativen Dienstagnachmittag im Nationalrat abgeschlossen. Reformbedarf im öffentlich-rechtlichen Rundfunk sehen alle Fraktionen, Sympathie für das Begehren kam aber nur von der FPÖ.

Immerhin 320.264 Unterstützer hatte das von der kleinen CPÖ eingeleitete Volksbegehren gefunden. Dabei wurde nicht nur die Abschaffung der Gebühren sondern auch eine Entpolitisierung der Gremien eingefordert.

Mit dem FPÖ-Mandatar Wendelin Mölzer meldete sich heute ein Abgeordneter zu Wort, der zu den Unterzeichnern gehörte. Freilich blieb er realistisch, forderte zunächst einmal eine ordentliche Strukturreform des ORF ein und das unter anderem mit dem Ziel, dass die Menschen ihre Gebühren wieder lieber bezahlen. Deutlicher wurde Mediensprecher Hans-Jörg Jenewein, der es als Ziel nannte, ein Ende der Gebühren umzusetzen.

Claudia Gamon (NEOS)

Für die ÖVP verlangte Generalsekretär Karl Nehammer einen gesamthaften Zugang in Sachen TV. Auf dem kleinen österreichischen Markt gelte es, auch österreichischen Content im Fernsehen zu sichern. Er plädierte dabei für einen Zusammenarbeit von ORF und Privaten, die totale Konkurrenz zwischen den beiden sei ohnehin "eine Geschichte von gestern".

Ein klares Plädoyer für die ORF-Gebühren kam von SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda. Nur so werde die Unabhängigkeit des Unternehmens entsprechend abgesichert, was Neos und Liste Jetzt (vormals Liste Pilz) kritisierten, dass die Regierung keines ihrer Vorhaben aus dem Medienkapitel bisher umgesetzt habe. Rasche Anstrengungen braucht es nach Ansicht der beiden Fraktionen speziell bei der Digitalisierung. "Jetzt"-Mandatar Alfred Noll drängte auch vehement auf eine Entpolitisierung des ORF.

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