"Ratten-Gedicht" der FPÖ Braunau erzürnt die ÖVP
Das Gedicht eines FPÖ-Funktionärs aus Braunau (OÖ), veröffentlicht in der lokalen Partei-Zeitung erregt nicht nur SPÖ und Grüne. Anders als bei manch früherem braunen Rülpser aus der blauen Ecke geht dieses Mal auch Koalitionspartner ÖVP klar auf Distanz – sowohl im Land als auch im Bund. Doch selbst in der FPÖ sind manche Funktionäre „unglücklich“.
Unter dem Titel "Die Stadtratte (Nagetier mit Kanalisationshintergrund)" werden in dem Text Vergleiche zwischen Menschen und Ratten gezogen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) sind entsetzt und fordern eine Distanzierung.
In dem Gedicht wird über Migranten hergezogen sowie über das Bekenntnis zur eigenen Heimat und gegen die "Vermischung" von Kulturen und Sprachen gereimt. Verfasst worden ist der Text vom Braunauer FPÖ-Vizebürgermeister Christian Schilcher, der damit "bestimmte Themen pointiert" vermitteln wollte.
"Es braucht sofort und unmissverständlich eine Distanzierung und Klarstellung durch die FPÖ Oberösterreich", meinte Kurz wörtlich. Dabei stelle er sich auch hinter Oberösterreichs ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer, der "schnell und richtig" gehandelt habe. "Hier darf nicht weggeschaut werden, sondern es müssen klar Grenzen gezogen werden", so der Bundeskanzler. "Die getätigte Wortwahl ist abscheulich, menschenverachtend sowie zutiefst rassistisch und hat in Oberösterreich und im ganzen Land nichts verloren", so Kurz zur Austria Presse Agentur.
"Dieses 'Gedicht' ist widerlich", hatte Stelzer, der mit der FPÖ auf Landesebene in einer Koalition ist, zuvor gesagt. "In einem weltoffenen Land wie Oberösterreich haben solche Vergleiche keinen Platz und werden auch nicht toleriert. Ich erwarte mir, dass sich die FPÖ rasch und deutlich von diesem 'Gedicht' distanziert", meinte er weiter. Auch die oberösterreichische SP-Chefin Birgit Gerstorfer reagierte in einer Aussendung schockiert.
SPÖ-Bundesparteiobfrau Pamela Rendi-Wagner erinnert das Gedicht "fatal an einen sprachlichen Umgang mit Menschengruppen, wie er in der NS-Propaganda üblich war". Sie nahm gegenüber der APA Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in die Pflicht. Dieser habe erklärt, die FPÖ sei an ihren Taten zu messen. "Will der Kanzler in dieser Sache Glaubwürdigkeit haben, muss er jetzt handeln", forderte Rendi-Wagner Konsequenzen durch den Kanzler.
Als "unglücklich" bezeichnete das Gedicht der Bezirksparteiobmann der FPÖ Braunau, David Schießl: "Ich hätte das nicht gemacht."
Er sagte gegenüber den OÖNachrichten aber auch, dass darin Migranten gar nicht mit Ratten gleichgesetzt würden. Im Gegenteil, Vizebürgermeister Schilcher trete hier wie schon oft zuvor als Stadtratte auf.
Schilcher selbst sagte in einer Reaktion zunächst, dass das Gedicht manche bewusst missverstanden oder nicht gelesen hätten. Er habe Migranten nicht mit Ratten verglichen. Er trete schon seit Jahren als Stadtratte auf. "Es geht mir darum, zu zeigen, wie eine Ratte im Kanal ihre Situation mit dem Leben oberhalb des Bodens vergleicht und sie sich über gewisse Entwicklungen wundert."
Doch FPÖ-Landesparteisekretär Erwin Schreiner hält nun unmissverständlich fest: "Die Allegorie von Ratte und Mensch ist historisch belastet, daher geschmacklos und abzulehnen. Dass der Autor auch sich selbst in diesen Rattenvergleich miteinbezieht, macht die Sache dabei nur unwesentlich besser."
Kurz darauf erschien am Montagabend eine Entschuldigung des Autors Schilcher: Das Gedicht sollte provozieren, aber nicht beleidigen.
"Dass der Vergleich von Mensch und Ratte historisch belastet und mehr als unglücklich ist, ist ein Faktum und es tut mir aufrichtig leid, das missachtet zu haben", so Schilcher weiter. Er habe schlicht aus Sicht eines Tieres, das eine Stadt von unten beobachtet, Veränderungen beschrieben, die er und andere "durchaus zu Recht" kritisieren würden. Dafür habe er sich selbst und seine Familie in die Perspektive der Tiere gesetzt.
Zugleich bat Schilcher um Verständnis für seine "unscharfe, tatsächlich zu wenig präzis durchdachten Formulierungen". Er habe nur sagen wollen: "Wer zu uns kommt und sich an unsere Gesetze hält, kann ein Teil von uns werden, wer unsere Gesetze und Gebräuche miss- oder gar verachtet, kann das nicht."
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