Prognose: Österreichs Treibhausgas-Emissionen steigen 2025 wieder
Österreich steuert 2025 laut einer aktuellen Schnellschätzung („Nowcasting“) der Uni Graz auf höhere Treibhausgas-Emissionen zu. Die Emissionen dürften um rund 2,5 Prozent gegenüber 2024 steigen – das entspricht etwa 1,7 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent. Damit läge Österreich beim Ausstoß in etwa wieder auf dem Niveau von 2023.
„Unseren Berechnungen zufolge wird der Ausstoß, gemessen in Tonnen CO₂-Äquivalent, heuer um etwa 2,5 Prozent höher als im Vorjahr sein. Das entspricht einer Zunahme von 1,7 Millionen Tonnen und macht die 2024 gegenüber 2023 erzielte Reduktion wieder zunichte“, wird Klimaforscher Gottfried Kirchengast und Stefan Schleicher vom Wegener Center der Uni Graz zitiert.
„Ursachen für den Anstieg sind primär das nachlassende Tempo beim Ausbau erneuerbarer Energien und beim Abbau von Verkehrsemissionen sowie witterungsbedingt etwas kühlere Wintermonate mit mehr Heizgradtagen, die den Erdgasverbrauch zusätzlich erhöhen“, erklärt der Forscher und ergänzt: „Besonders besorgniserregend ist das Ergebnis zu den Flugverkehrsemissionen Österreichs, die wir mitberechnet haben: Diese sind 2025 auf über sechs Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent angestiegen. Diese Menge entspricht mittlerweile einem Drittel der Emissionen des gesamten Verkehrssektors am Boden.“
Was ist ein „Nowcasting“?
Beim Nowcasting handelt es sich nicht um die endgültige Jahresbilanz, sondern um eine zeitnahe Schätzung auf Basis bereits verfügbarer Daten. Für Erdgas lagen Daten bis Oktober 2025, für Erdölprodukte bis Juli 2025 vor; dazu kommen weitere Indikatoren bis maximal November 2025. Die Unsicherheit wird mit rund zwei Prozent angegeben – das entspricht ungefähr ±1,4 Millionen Tonnen.
Warum die Emissionen 2025 zulegen
Als wichtigste Treiber nennt die Analyse:
- Mehr Erdgas wegen kälterer Monate: 2025 gab es mehr Heizbedarf als 2024. Der Erdgasverbrauch wird daher um etwa 16 Prozent höher eingeschätzt.
- Verlangsamter Fortschritt bei Energie und Verkehr: Beim Ausbau erneuerbarer Energien und bei der Senkung der Verkehrsemissionen komme Österreich nicht schnell genug voran.
- Flugverkehr als zusätzlicher Brocken: Besonders auffällig ist der Anstieg bei Kerosin (rund +8 Prozent). Für den Flugverkehr werden etwa 6,4 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent veranschlagt – in der Größenordnung von rund einem Drittel der Emissionen des gesamten Straßenverkehrs (rund 19 Millionen Tonnen).
2030 rückt näher – und die Lücke wird größer
Der Anstieg 2025 ist vor allem deshalb politisch brisant, weil er den Weg zu den 2030-Zielen deutlich erschwert. In den relevanten EU-Vorgaben bedeutet das für Österreich: In den Bereichen außerhalb des EU-Emissionshandels ist bis 2030 eine massive Reduktion gegenüber 2005 vorgesehen (zusätzlich soll der Emissionshandel deutlich stärker sinken). In der Nowcasting-Analyse wird ein gesamter Zielpfad exemplarisch so dargestellt, dass Österreich bis 2030 insgesamt in Richtung Halbierung gegenüber 2005 kommen müsste.
Gleichzeitig zeigt der Rückblick: Bislang liegt Österreich (je nach Abgrenzung) bei rund 26 Prozent Reduktion gegenüber 2005. Um bis 2030 auf Kurs zu kommen, wäre laut Berechnung ab jetzt eine durchschnittliche Minderung von rund 5 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent pro Jahr nötig – grob acht Prozent jährlich.
Heißt: 2025 ist nicht einfach ein „schlechtes Jahr“. Es ist ein Jahr, das die Reststrecke bis 2030 steiler macht. Je länger Emissionen stagnieren oder wieder steigen, desto größer wird der Druck, in wenigen Jahren gleichzeitig Gebäude (Wärme), Verkehr und Energie deutlich schneller umzubauen – oder die Ziele zu verfehlen.
„Nur eine drastische Reduktion des Ausstoßes kann diese bedrohliche Entwicklung bremsen, birgt aber gleichzeitig auch große Chancen für eine zukunftsfähige Wirtschaft“, betont der Forscher die Notwendigkeit einer tiefgreifenden Neuorientierung. „Wir brauchen ein aktives Klimaschutz-Management auf allen Ebenen. Das reicht von gesetzlich verankerten Rahmenzielen über entsprechende Vorgaben und Anreize für Unternehmen bis hin zu einem klimafreundlichen Lebensstil in unserem eigenen persönlichen Bereich“, so Klimaforscher und Geophysiker Kirchengast.
US-Klimaforscher Hansen: 2027 landen wir bei plus 1,7°C
Parallel zur Österreich-Prognose verweisen Klimaforscher auf die globale Lage: In einer aktuellen Auswertung wird 2025 als zweitwärmstes Jahr beschrieben, nur knapp hinter 2024. In der NASA-GISS-Reihe liegt die globale Temperatur 2025 bei +1,47 °C gegenüber dem Referenzzeitraum 1880–1920; der Mittelwert 2023–2025 liegt bei +1,5 °C. Für die nächsten Monate wird zwar ein Rückgang des gleitenden Mittels erwartet, anschließend aber – bei erneuter El-Niño-Entwicklung – wieder ein Anstieg, mit einer Projektion bis zu +1,7 °C im Jahr 2027, berichtet der US-Forscher James Hansen.
Nächste Hürde: Bis 2040 ist ein Minus von 90 Prozent fixiert
Völlig offen ist aber nicht nur, wie die Republik aktuell das 2030er-Klimaziel einhalten soll und somit Strafzahlungen gegenüber der EU minimieren soll, sondern auch das kürzlich beschlossene EU-Klimaziel für 2040. Das besagt nämlich, dass die Treibhausgase bis dahin um 90 Prozent (!) sinken sollen. Einen Pfad, wie das aussehen könnte, gibt es derzeit nicht. Da dies ein europäisches Gesetz ist, drohen bei Nichterreichung ebenfalls sehr teure Strafen.
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