Pröll bei Merkel in Berlin

Vor der Botschaft wehten die Europafahne, Rot-Weiß-Rot und Blau-Gelb. Im Gebäude warteten Mittwochabend 600 Geladene, darunter deutsche Minister, Staatssekretäre, Abgeordnete und Auslandsösterreicher auf den Polit-Star des Abends. Anders als am Wiener Heldenplatz ging es anlässlich des österreichischen Nationalfeiertags in der Botschaft in Berlin nicht um das Heer.
Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll, der in Österreich diese Debatte im August in einem KURIER-Interview neu entfacht hat, war an diesem Tag in einer anderen Mission unterwegs. Angesichts der sich in Europa zuspitzenden Budgetdebatte warf er an prominenter deutscher Stelle die Notwendigkeit einer schlagkräftigen Regionalpolitik in die Waagschale.
Pröll gilt unter Österreichs Regionalpolitikern als der Aktivste, wenn es um außenpolitische Initiativen geht. Der Landeschef kennt dabei seine Rolle. Nicht der aktuelle Streit zwischen Deutschland und Großbritannien um die Ausweitung des EU-Budgets stand bei seiner Berlin-Mission im Fokus.
Pröll wollte noch einmal die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, den einflussreichen Finanzminister Wolfgang Schäuble und den Bundestagspräsidenten Norbert Lammert von seiner europaweiten Regionalförderungs-Initiative überzeugen.
Selten: Kanzlerin trifft Regionalpolitiker
Seit 2009 hat es Pröll geschafft, 208 Regionen und 114 Städte aus 20 europäischen Ländern hinter sich zu vereinen. Das gemeinsame Ziel lautet, dass die EU trotz knapper werdender Kasse ab 2014 die Regionalförderung nicht kappt. Denn das könnte zusätzliche soziale Spannungen erzeugen, warnt Pröll. Auch für Niederösterreich geht es um viel. Für seine Regionen erhält das Land in der aktuellen Förderperiode 146 Millionen Euro.
Deutschland kommt bei der Neuaufteilung der EU-Gelder eine Schlüsselrolle zu. "Die Disparitäten in Europa dürfen nicht größer werden. Wir brauchen auch nach 2014 EU-Geld in den Regionen", lautete daher Prölls Ansage in Berlin.
Damit fand er bei den deutschen Spitzenpolitikern viel Verständnis. Zum Abschluss der mehrstündigen Gespräche brachte Norbert Lammert die Position Deutschlands auf den Punkt: "Wir setzen auf Maßnahmen, die die Wettbewerbsfähigkeit stärken." Aber: "In Zukunft werden wir nicht Schönes, sondern Notwendiges finanzieren." Der Landeschef wertete dies trotzdem als positives Signal.
Das Treffen Prölls mit Merkel und Schäuble hat selbst Berliner Insider überrascht: "Das kommt ganz selten vor, dass sich die Kanzlerin mit einem Regionalpolitiker trifft." Österreichs Botschafter Ralph Scheide: "Das ist eine hohe Auszeichnung."
Die Besuchsstatistik der heimischen Bundes- und Landespolitiker spiegelt dies wider. Bei den bisher 28 Auftritten in Deutschland gab es nur noch für Bundeskanzler Werner Faymann in diesem Jahr einen Merkel-Termin.
Nach dem Gespräch Merkel-Pröll gab es kein offizielles Statement. Dem Vernehmen nach ging es bei dem halbstündigen Gespräch auch um die österreichische Innenpolitik.
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