Pressestimmen: "Wind der Rechten weht über Donau"

Die 21,4 Prozent für die FPÖ von Heinz-Christian Strache sorgte für Rascheln im internationalen Blätterwald. Hier eine Auswahl:
"Das ist also die Nachricht dieses Wahltages: Das rechte Lager in der Zweiten Republik hat mehr als 30 Prozent der Stimmen ergattert. Was für ein schauriger Triumph."
Frankfurter Allgemeine Zeitung
"Der Trend des Abschmelzens der beiden Volksparteien, die viele Jahrzehnte lang in Wien gemeinsam regiert haben, setzt sich fort - trotz einer, alles in allem, guten wirtschaftlichen Lage, um die viele Leute in den europäischen Krisenländern die Österreicher beneiden würden. (...) In Österreich beginnt nun die große Unübersichtlichkeit im Nationalrat. Man wird sich möglicherweise darauf einzustellen haben, dass in unserem Nachbarland in Zukunft ein paar lautere Töne angeschlagen werden."
Neue Zürcher Zeitung
"Die Volkspartei hatte gehofft, stärkste Partei zu werden und den Bundeskanzler zu stellen. Davon ist sie weit entfernt. Aber auch die Sozialdemokraten wurden arg gebeutelt. Wenn sich unter ihnen nicht bald die Einsicht durchsetzt, dass zur Lösung der drängenden Probleme von heute der reflexartige Griff in den politischen Werkzeugkasten der siebziger und achtziger Jahre nicht mehr genügt, wird die überalterte und verknöcherte Partei weiter an Rückhalt verlieren. Wenn die in politischen Ritualen erstarrte große Koalition so weitermacht wie in den letzten fünf Jahren, ist der Verlust der Macht absehbar. Die Frage ist nur, ob sich Österreich eine weitere fünfjährige Periode des Weiterwurstelns leisten kann."
Repubblica
"Der Wind der Rechten weht über die Donau. Die Große Koalition der SPÖ um Kanzler Werner Faymann und der ÖVP seines Außenministers Michael Spindelegger bleibt an der Macht und bewahrt die notwendige Mehrheit, um weiterhin das reiche und effiziente Österreich zu regieren. Doch es handelt sich um eine Mehrheit, die dünner wird, die beiden größten Parteien der Alpenrepublik sinken auf ein historisches Tief. Und der wahre Sieger dieser Wahlen scheint Heinz Christian Strache, charismatischer Leader der radikalen Rechten, zu sein“.
Hospodarske noviny
„Gerade das Wahlergebnis der Freiheitlichen ist eine Warnung für Europa. Mit 22 Prozent sind sie nämlich eine der drei großen Parteien im Land geworden. (...) Die zwei Hauptparteien haben zwar nach Sonntag genügend Stimmen, um ihre Große Koalition fortsetzen zu können. Aus der Opposition wird sie aber ein wesentlich stärkerer Strache beaufsichtigen.“
Mlada fronta Dnes
„Alles bleibt beim Alten, nichts hat sich verändert. Wenn es aber weiter so bleiben soll, muss fast alles geändert werden, sonst war dies das letzte Mal (...) Nichts Umwälzendes ist im wohlhabenden Österreich passiert. In dem langweiligen Land, wo zwar ab und zu ein Korruptionsskandal ausbricht oder ein Wilderer die Polizisten massakriert, kann es weiterhin Langweile geben. Wenn aber die Sozialdemokraten und die Volkspartei auch in fünf Jahren werden regieren wollen, müssen sie etwas mehr als einen mäßigen Wohlstand im Rahmen der Gesetze bieten. Wie wäre es mit einer Vision, was weiter mit Österreich - dem Land des angenehmen Urlaubs, von Banken und Wien? - passiert. Ohne den Bundeskanzler und den Vizekanzler angreifen zu wollen, wäre zumindest eine österreichische Angela Merkel angebracht“.
Gazeta Wyborcza
"Die Österreicher lieben wohl Ruhe und Stabilität und verzeihen Politikern jede Menge. Wie anders könnte man nämlich erklären, dass die Parteien der Regierungskoalition insgesamt weniger als fünf Prozent der Stimmen verloren haben, obwohl ihre Politiker in große Korruptionsskandale verwickelt waren? Kurz vor den Wahlen stellte sich zum Beispiel heraus, dass die Parteien die österreichische Telekom wie einen Goldesel behandelt haben, und auf ihre Bankkonten Millionen Euro flossen."
El País
"Die Wähler des Alpenlandes, die gewöhnlich Stabilität statt Experimente suchen, haben das Vertrauen in die zwei traditionellen Volksparteien verloren. Grund für die Unzufriedenheit sind die zahlreichen Korruptionsfälle, die in den vergangenen Jahren fast in allen Parteien außer bei den Grünen ans Licht gekommen sind. Auch die Sozialkürzungen und die Aufschiebung ausstehender Reformen im Bildungs- und Pensionsbereich wegen Diskrepanzen zwischen Konservativen und Sozialdemokraten haben die Wähler verärgert. Die Rechten der FPÖ konnten die Unzufriedenheit der Bürger durch eine populistische Wahlkampagne für sich nutzen.“
Kommentare