Rot-Schwarz im Abwehrkampf

Ein Mann gestikuliert während einer Rede vor Mikrofonen.
Politisches Jahr 2014: Die EU-Wahlen am 25. Mai als Bewährungsprobe für Faymann und Spindelegger.

Das erste Halbjahr 2014 wird eine nahtlose Fortsetzung des Vorjahres: ein Abwehrkampf von Rot-Schwarz, um die Mehrheit in Österreich zu behalten.

Bei der Nationalratswahl im vergangenen September haben SPÖ und ÖVP noch einmal hauchdünn mit gemeinsamen 50,8 Prozent ihre Vorherrschaft verteidigt. Gut möglich, dass die beiden Traditionsparteien bei der EU-Wahl erstmals weniger als die Hälfte der Stimmen bekommen. Das letzte Mal, 2009, bekamen sie 54 Prozent.

Eine Grafik zeigt die Ergebnisse der EU- und Nationalratswahlen in Österreich seit 1995.
Beginnen wird das Jahr mit einer Regierungsklausur. Mit einer guten Inszenierung will das KabinettFaymann/Spindeleggerden verpatzten Neustart der großen Koalition gut machen und bei der Bevölkerung Sympathiepunkte sammeln. Das wird auch notwendig sein, denn bereits am 9. März gibt es mit den Gemeinderatswahlen in Stadt und Land Salzburg einen ersten kleinen Stimmungstest. Landeshauptmann Wilfried Haslauerhält es für möglich, dass am 9. März ein Bundestrend sichtbar wird: „Natürlich sind Gemeinderatswahlen durch lokale Gegebenheiten dominiert, aber eine Grundstimmungslage, ein diffuses Sympathie- und Ablehnungsgefühl gegenüber Parteien, schlägt immer durch.“

Die Ergebnisse der EU-Wahl am 25. Mai haben auf die reale Politik wenig Wirkung, sind jedoch für Politik-Feinspitze durchaus spannend. Die EU-Wahl könnte zum Indikator für die künftige Entwicklung der politischen Landschaft werden. Das Spektrum der Einschätzungen reicht von den Pessimisten, die die rechtspopulistische, anti-europäische FPÖ schon als stärkste Partei sehen. Bis zu den Optimisten, die perspektivisch eine Koalitionsalternative ohne FPÖ heranwachsen sehen. Tatsächlich ist mit SPÖ, ÖVP, Grünen und Neos das Angebot an pro-europäischen, konstruktiven Parteien ein beachtliches.

Prophezeien lässt sich: Sollten SPÖ und ÖVP bei den EU-wahlen abstürzen, wird es dennoch keine Neuwahlen geben. Sie werden nicht riskieren, dass sich ein Absturz bei Neuwahlen wiederholen könnte, sind außerdem verschuldet und haben kein Geld für einen Wahlkampf.

Möglich sind hingegen interne Turbulenzen im Fall, dass es eine der beiden Parteien arg zerzaust. ÖVP-intern gilt als Messlatte das Nationalratswahlergebnis von 24 Prozent. „Wenn die ÖVP so tief fällt, wird es intern losgehen“, glaubt ein Spitzenmann. Interne Kritiker hat sich ÖVP-Chef Spindelegger mit dem schwachen Koalitionspakt und seiner Vorgangsweise bei der Minister-Bestellung in reichlicher Anzahl geschaffen. Von der Steiermark über Tirol und sogar bis hinein nach Niederösterreich, Spindeleggers Heimatbasis, wird Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter bereits als „kommender Mann“ gehandelt.

Doch die Chancen der ÖVP bei der EU-Wahl sind gut. Sie hat mit 30 Prozent (Grafik) einen großen Polster, liegt in allen Umfragen auf Platz 1 und hat mit Othmar Karas den profiliertesten Europa-Politiker aller Parteien als Spitzenkandidaten (nachdem Hannes Swoboda, SPÖ, in Pension geht).

Für die SPÖ gilt es, zwei symbolische Hürden zu schaffen: Erstens, vor der FPÖ zu bleiben. Zweitens‚ nicht erstmals bei einer Bundeswahl einen Einser vor dem Ergebnis zu kassieren.

Konkret: Ein Ergebnis von 19 % SPÖ, 20 % FPÖ müsste die SPÖ-Führung ihrer Basis wohl etwas ausführlicher erklären. Zuletzt hat Franz Voves in der SPÖ an Ansehen eingebüßt, weil die Steiermark bei der Nationalratswahl blau gefärbt und die SPÖ hinter die FPÖ abgerutscht war. Besonders die Wiener SPÖ, die 2015 gegen HC Strache Gemeinderatswahlen zu schlagen hat, beißt intern auf Voves hin. Man kann sich ausmalen, welche Freude die Wiener hätten, wenn die Bundespartei Strache den Triumph verschafft, erstmals bundesweit stärker als die SPÖ zu sein. Faymann weiß, wie heikel die Lage ist. Er sucht entsprechend intensiv nach einer attraktiven Spitzenperson und schwört landauf, landab die SPÖ-Funktionäre darauf ein, bei der EU-Wahl zu rennen.

Ein Mann mit Brille berührt diese mit einem Finger.
APA11442420 - 13022013 - WIEN - ÖSTERREICH: LH Markus Wallner am Mittwoch, 13. Februar 2013, im Rahmen einer PK in Wien anl. der Unterzeichnung der 15a-Vereinbarung zum Spekultionsverbot. APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH
Im September 2014 findet der Auftakt zu einem Landtagswahlreigen in fünf Bundesländern statt (vier davon erst 2015). Vorarlberg ist das Vorläuferland. Es hat mit Markus Wallnereinen modernen Landeshauptmann, der es dennoch bei der Wahl schwer haben wird: Wallner ist relativ neu im Amt, sein Vorgänger Herbert Sausgruberhat ihm eine hohe 50-Prozent-Latte hinterlassen, und er hat mit den Neos Konkurrenz im ÖVP-Lager bekommen. Wallner hat bei Bildung und Wohnbau einen beachtlichen Reformkurs eingeschlagen und wird damit für seine Wahl werben.

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