Pflege: Höchstrichter untersagen ab sofort Zugriff auf Vermögen

Pflege: Höchstrichter untersagen ab sofort Zugriff auf Vermögen
Beschluss stellt klar: Nach Aus für Pflege-Regress darf das Erbe nicht mehr angegriffen werden

Mit einem richtungsweisenden Beschluss entschied der Verfassungsgerichtshof (VfGH) am Donnerstag eine Frage, die seit Monaten die Länder beschäftigt: Wie soll das seit 1. Jänner 2018 geltende Aus für den Pflegeregress in der Praxis umgesetzt werden?

Bisher gehen die für die Pflege zuständigen Länder mit dem per Bundesgesetz abgeschafften Regress höchst unterschiedlich um: Während beispielsweise die Stadt Wien damit beschäftigt ist, in 4000 offenen Verlassenschaftsfällen Urteile zu erfechten, hat das benachbarte Niederösterreich beschlossen, offene Erbschaftsprozesse per 31.12. 2017 einzustellen (der KURIER berichtete).

Der VfGH erklärte nun, dass „ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen sowie deren Angehörigen zur Abdeckung der Pflegekosten unzulässig ist“. Der Zugriff auf das Vermögen ist auch dann unzulässig, wenn es bereits eine rechtskräftige Entscheidung gibt, die vor dem 1. Jänner 2018 ergangen ist.

Anlassfall in Salzburg

Anlass für die Klarstellung des VfGH war der Fall eines Pflegepatienten aus Salzburg, den das Landesverwaltungsgericht dazu verpflichtet hat, einen Beitrag zu den Pflegeheimkosten zu leisten.

Der Salzburger berief sich darauf, dass der Pflegeregress vom Nationalrat längst abgeschafft worden sei – und er deshalb nichts zu bezahlen hätte bzw. man nicht auf sein Vermögen zugreifen dürfe.

Der Verfassungsgerichtshof erklärt nun, dass die Beschwerde des Salzburgers formal zwar nicht behandelt werden könne. Gleichzeitig nutzten die Höchstrichter aber den Anlassfall für eine generelle Klarstellung: Der Zugriff auf das Vermögen von Pflegefällen oder deren Erben ist unzulässig. Das gilt beispielsweise auch für noch offene Ratenzahlungen, die Angehörige von zu Pflegenden mit dem Heim-Betreiber vereinbart haben.

Für den in Wien zuständigen Soziallandesrat Peter Hacker ist die Klarstellung der Verfassungsrichter letztendlich eine ärgerliche „Verschwendung von Ressourcen“. Warum? „Weil sich zur Thematik der Verfassungsgerichtshof, der Verwaltungsgerichtshof, der Oberste Gerichtshof und andere Instanzen mit Einzelfällen beschäftigen müssen.“

Hacker und die Stadt Wien wollen die Entscheidung des VfGH jetzt genau prüfen. „Die Folgewirkungen (der Klarstellung) lassen sich nicht in wenigen Stunden beurteilen.“

VfGH: Vermögenszugriff „jedenfalls unzulässig“

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