Pfändbarkeit Kärntens im Bereich des Möglichen

Im Streit um eine eventuelle Insolvenz des Landes Kärnten wegen der Haftungen für die Heta hat der Verfassungsjurist Heinz Mayer in einem Gutachten den Gläubigern neue Munition verschafft. In einem Gutachten, das der APA vorliegt, sieht Mayer die Pfändbarkeit von Vermögenswerten des Landes in weit größerem Ausmaß gegeben als es die Landesregierung darstellt.

Prompt kam das Veto dreier großer Gläubigergruppen: "Das Lock-up wird nicht beendet", reagierten sie auf die Forderung von Schelling, ihre Absprache für ein gemeinsames Vorgehen zu beenden. Das Lock-up der Ad-hoc-Gruppe, Par-Investoren-Gruppe & Co besagt, keinen Schnitt bei den Ansprüchen zu akzeptieren. Dabei will man bleiben.
Nur 60 Millionen verwertbar
Die Gutachter Georg Kodek und Michael Potacs hatten - im Auftrag des Landes - errechnet, dass lediglich 60 Mio. Euro an für die Gläubiger verwertbarem Vermögen vorhanden ist. Alles andere würde für die Aufrechterhaltung des Betriebs benötigt. Mayer beurteilt das über weite Strecken anders. Die "Funktionsgarantie" für ein Bundesland kann, so Mayer, dem Bundesverfassungsgesetz "jedenfalls mit diesem Inhalt nicht entnommen werden". Denn: "Die verfassungsrechtliche Bedeutung der Funktionsgarantie bezieht sich ausschließlich auf die Existenz des Bundeslandes als Träger der Staatsgewalt." Weiters schreibt Mayer: "Vermögen, das weder für die Besorgung der Gesetzgebung noch für die Vollziehung der Gesetze durch Verwaltungsbehörden und Gerichte erforderlich ist, stellt das sogenannte Finanzvermögen dar, mit dem sich die Länder am Wirtschaftsverkehr beteiligen, um Erträge zu erzielen." Dieses "Fiskalvermögen" ist laut Mayer für eine Exekution oder Insolvenz zugänglich. Explizit nennt er dabei Unternehmensbeteiligungen, Eigentum an Seen und Grundstücken.
Schulen und Spitäler nicht betroffen
Aus der Finanzverfassung geht, so Mayer weiter, hervor, dass "Ansprüche der Länder nach dem Finanzausgleichsgesetz nicht nur verpfändet werden können, sondern auch einer Exekution und damit einer Insolvenz zugänglich sind", sofern sie nicht für die staatsrechtliche Existenz des Landes erforderlich seien. Pfändbar sind laut dem Gutachten also Darlehensrückflüsse aus der Wohnbauförderung, über diese sei in verschiedenen Bundesländern schon bisher privatrechtlich disponiert worden. Das Landhaus könnte ebenfalls verkauft werden, die Tätigkeit des Landtages könnte "in einem kostengünstig angemieteten Objekt" fortgesetzt werden. Der gesamte Fuhrpark des Landes sei pfändbar, befindet der Verfassungsjurist. Nicht betroffen wären, so präzisierte Mayer gegenüber der APA am Dienstag, Spitäler, Schulen oder etwa Kindergärten, "überall dort, wo es eine gesetzliche Betriebspflicht gibt".
Auch die 51-Prozent Mehrheit des Landes an der Kärntner Energieholding, welche die Kelag-Anteile verwaltet, ist disponibel. Die Ansicht des Landes, wonach die Absicherung der Eigentumsverhältnisse durch die Landesverfassung einen Zugriff unmöglich mache, beurteilt Mayer als "unrichtig". Die Bestimmung "bindet die Organe des Landes Kärnten, bedeutet aber nicht, dass diese Anteilsrechte nicht im Wege einer Exekution oder Insolvenz verwertet werden dürfen". Mayer weist allerdings darauf hin, dass die Bestimmungen über die Eigentumsverhältnisse an Unternehmen der österreichischen Elektrizitätswirtschaft beachtet werden müssen. Die Mehrheit muss nämlich in öffentlichem Eigentum bleiben, ein Verkauf etwa an den Verbund wäre also möglich. Kärntens Finanzlandesrätin Gaby Schaunig (SPÖ) gab sich gegenüber der "Kleinen Zeitung" betont gelassen. Das Kärntner Angebot stehe "auf einer soliden Rechtsbasis".
Beistandspflicht des Bundes
Mayer leitet aus der Verfassung aber auch eine Beistandspflicht des Bundes ab. Wörtlich heißt es in dem Gutachten: "Ein Bundesland muss daher jedenfalls so ausgestattet werden, dass es seine staatlichen Aufgaben in Gesetzgebung und Vollziehung erfüllen kann. Durch Bundesgesetz kann daher (...) vorgesehen werden, dass der Aufwand, der sich aus der Besorgung der Aufgaben eines Landes ergibt, vom Bund übernommen wird oder auf andere Weise aufgebracht wird."
Der Bund könne auch Bedarfszuweisungen und sonstige Zuschüsse an die Länder vorsehen. Und weiter heißt es: "Sollten die Vorschriften des Finanzausgleichsgesetzes der Beistandspflicht nicht ausreichend Rechnung tragen und zu geringe Bundesbeiträge für das Land Kärnten vorsehen, so wären diese Bestimmungen verfassungswidrig und könnten in einem inzidenten Prüfungsverfahren vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden."
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