Parteifinanzen: Neue Regeln im Test

Mit dem Zusammenbruch von Karl-Heinz Grassers Ex-Kabinettschef Heinrich Traumüller im U-Ausschuss (der KURIER berichtete am Sonntag) hat die BUWOG-Affäre eine dramatische Wende genommen. Ob sich daraus ableiten lässt, dass der Verkauf geschoben war, bleibt offen.
Fest steht, dass die am Freitag von der Regierung präsentierte Verschärfung der Anti-Korruptionsgesetze dringend Not tut. Was wäre gewesen, hätten die strengen Gesetze schon vor Jahren gegolten? Der KURIER bietet einen Überblick:
Wahlkampf-Spenden der Telekom an das BZÖ und an ÖVP-Mandatarin Karin Hakl
Der Fall: Das BZÖ hat im Nationalratswahlkampf 2006 eine Million Euro von der Telekom Austria bekommen. Das Geld floss nicht direkt an die Partei, sondern an Werbeagenturen, die für das BZÖ den Wahlkampf gemacht haben. Auf Wunsch der Telekom stellten die Agenturen Scheinrechnungen über nicht erbrachte Leistungen aus.
Ähnlich dürfte es bei der Tiroler ÖVP-Abgeordneten Karin Hakl – die damals noch dazu Telekom-Sprecherin ihrer Partei war – gelaufen sein: Ihr Wahlkampf-Büro verrechnete der Telekom für "Analysen und Konzepte" rund 20.000 Euro.
Die Rechtslage: In beiden Fällen dürften den Politiker (nach derzeitigem Stand) maximal steuerrechtliche Konsequenzen drohen: Partei-Spenden sind für Firmen wie die Telekom steuerlich nicht absetzbar; eingekaufte Leistungen schon. Werden Spenden mit Scheinrechnungen verschleiert, ist das Steuerhinterziehung – hier könnten sich Orange und Schwarze durch Beihilfe strafbar gemacht haben.
Dass die Spenden nicht gemeldet wurden, hat derzeit keine Folgen. Der Grund: Die Parteien müssen Spenden zwar dem Rechnungshof melden. Dieser darf den Wahrheitsgehalt aber nicht prüfen, geschweige denn sanktionieren.
Das ändert sich: In Zukunft soll das anders werden: Wie am Freitag bei der Regierungsklausur paktiert, müssen Parteispenden jedes Jahr ab der Höhe von 5000 Euro pro Jahr gemeldet werden (derzeit gelten 7000 Euro); Zuwendungen, die den Wert von 50.000 Euro übersteigen, müssen dem Rechnungshof sofort bekannt gegeben werden. Neu ist, dass der Rechnungshof Spender und Spende im Internet veröffentlicht und allfällige Verstöße prüfen bzw. ahnden darf: Wer die Meldepflicht verletzt, dem drohen Geldstrafen bis zu 100.000 Euro bzw. das Dreifache der gewährten Spende.
Offen ist, ob teilstaatliche Unternehmen wie die Telekom überhaupt noch an Parteien spenden dürfen. Im Gesetzes-Entwurf ist vorgesehen, dass dies für Parteien, an denen der Staat mehr als 50 Prozent hält, untersagt sein soll – die Grenze könnte aber noch sinken.

SPÖ-Telekom-Sprecher Kurt Gartlehner macht Geschäfte mit Telekom-Lobbyist Peter Hochegger
Der Fall: SPÖ-Mandatar Kurt Gartlehner war bis vor Kurzem Telekom-Sprecher des roten Klubs im Parlament. Als solcher hat er zwischen 2007 und 2009 106.000 Euro netto vom Telekom-Lobbyisten Peter Hochegger erhalten – für Windpark-Projekte, wie beide Partner ausgesagt haben.
Mit Telekom-Agenden, wegen derer die beiden auch des Öfteren miteinander zu tun hatten, soll es zwar keinen Zusammenhang geben. Dennoch wurde Gartlehner kritisiert, weil er sich von der Telekom bzw. ihrem Lobbyisten abhängig gemacht hat: Die Geschäfte mit Hochegger machten in den drei Jahren die Hälfte seiner Umsätze aus. Und Hochegger kontaktierte ihn regelmäßig mit Telekom-Anliegen.
Die Rechtslage: Für Gartlehner, der inzwischen als Telekom-Sprecher beurlaubt wurde, bleibt die Hochegger-Liaison ohne rechtliche Folgen. Strafbar ist für Abgeordnete nur ein expliziter Stimmenkauf: "Eine Summe X für eine Ja/Nein-Stimme in der Abstimmung am ..." Auch beim "Anfüttern" musste ein konkretes Amtsgeschäft betroffen sein.
Das ändert sich: Mit dem Transparenz-Paket wird die Regelung beim Anfüttern verschärft – und künftig sind Abgeordnete davon umfasst. Entscheidend ist nicht, ob es um eine konkrete Gegenleistung ging, sondern, ob sich der Amtsträger in seiner Amtsführung beeinflussen ließ. Ein "Fall Gartlehner" wäre von den neuen Regeln wohl nicht betroffen: Dazu müsste man dem Abgeordneten erst nachweisen, dass er im Parlament bei Gesetzen Telekom-freundlich gehandelt hat – und diesen Vorwurf hat bei Gartlehner noch niemand erhoben.
"Druckkostenbeitrag" von 10.000 € für die Zeitschrift des ÖVP-Arbeitnehmerbundes
Der Fall: Unter Generalsekretär Werner Amon hat der ÖVP-Arbeitnehmerbund ÖAAB im Jahr 2007 für seine Mitglieder-Zeitung Freiheit 10.000 Euro als "Druckkostenbeitrag" von Telekom-Lobbyist Hochegger bekommen – ohne Gegenleistung.
Die Rechtslage: Derzeit ist das – von der Steuerfrage der Scheinrechnung abgesehen – für Amon wie den ÖAAB nur ein politisches Problem, kein rechtliches.
Das ändert sich: Künftig müssen Vorfeld- und Teil-Organisationen der Parteien Spenden melden, auch für sie gelten hohe Geldstrafen.

Lobbyist Hochegger verteilte Telekom-Gelder als Spenden und Sponsoring
Der Fall: Lobbyist Peter Hochegger verteilte als Interessensvertreter der Telekom Geld quer durch die Parteien. Ein Nebenjob hier, ein Druckkostenbeitrag da, eine Spende für den Fußball-Verein dort. Hocheggers Motto lautete offenbar: "Wer weiß, wofür man den einen oder die andere Politiker/in noch brauchen kann ..."
Die Rechtslage: Rechtlich bewegte sich Hochegger meist in einer Grauzone: Viele Sponsorings und Spenden waren nicht verboten; auch das Anfüttern auf diese Weise war rechtlich kein Problem, solange Hochegger nicht ganz konkret Gegenleistungen forderte, sondern Funktionäre und Mandatare "nur" grundsätzlich freundlich stimmen wollte.
Das ändert sich: In Zukunft wird das verboten: Allgemein dürfen Amtsträger und politische Funktionäre wie etwa Bürgermeister gar nichts annehmen, was die Amtsführung beeinflussen könnte – auch nicht im Nachhinein.
Damit Geschenke wie Obstkörbe oder Spenden für gemeinnützige Zwecke nicht Anlass für Strafverfahren sind, wird im Gesetz geregelt, welche Zuwendungen zulässig sind.
Außerdem müssen sich alle Lobbyisten künftig in ein Register eintragen. Beim Kontakt mit Funktionsträgern soll es Mindeststandards geben. Was Lobbyisten vom Schlage eines Hochegger oder Meischberger besonders trifft: Scheinrechnungen werden strenger geahndet – die Zahlungen verfallen, das Geld bekommt der Staat.
Die Grasser-Spezis Peter Hochegger und Walter Meischberger kassieren beim BUWOG-Verkauf 10 Millionen Euro Provision – als "Berater".
Der Fall: Hochegger und Meischberger kassierten vom siegreichen Konsortium um die Immofinanz 10 Millionen Euro, nachdem dieses den Zuschlag für die Bundeswohnungen erhalten hatte. Offiziell wurden Hochegger und Meischberger als Berater engagiert – mit Erfolgshonorar. Wäre die Wohnungen nicht an die Immofinanz gegangen, hätten die Lobbyisten keinen Cent kassiert.
Die Rechtslage: Noch sind derartige Provisionen erlaubt – Hochegger und Meischberger hätten sie jedoch versteuern müssen. Die beiden könnten auch dann ein Problem bekommen, wenn ihnen nachgewiesen wird, dass sie einen Beamten bzw. den damaligen Finanzminister Grasser angestiftet haben, ihnen vertrauliche Informationen aus dem Verkaufsprozess zu liefern. Dieser Verdacht steht im Raum: Ex-Immofinanz-Chef Petrikovics sagte im U-Ausschuss, Hochegger habe ihm den Tipp auf die "richtige" Kaufsumme gegeben – und offenbar das geheime Angebot der Konkurrenz gekannt. Kann das nicht bewiesen werden, sind die Grasser-Spezis fein raus.
Das ändert sich: Künftig sind reine Erfolgsprovisionen verboten; wer sie zahlt, muss mit einer Strafe bis zu 10.000 Euro rechnen.
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