ÖVP-Landeshauptmann Stelzer: "Wir brauchen gesteuerten Zuzug"

Oberösterreichs Landeshauptmann über Arbeitskräftemangel und die neue Mindestsicherung.

KURIER: Herr Landeshauptmann, die Konjunktur brummt in Oberösterreich, es gehen Ihnen die Arbeitskräfte aus. Was unternehmen Sie dagegen?

Thomas Stelzer: Es stimmt, wir sind einer der zentralen Wirtschafts- und Industriestandorte der Republik, die Auftragsbücher sind voll, die Betriebe suchen händeringend Mitarbeiter. Es geht um die Frage: Wo bekommen wir die Mitarbeiter her? Das hat mit der Steuerung der Ausbildung zu tun, aber auch damit, wer zu uns kommt. Viele Betriebe haben sich bei uns bereits daran orientiert, dass wir jugendliche Asylwerber haben und sie ausbilden. Nur leider gibt es für diese keine Zukunft.

Woran scheitert es, dass die Jugendlichen bleiben können?

Es gab das Bestreben, eine punktuelle Lösung für ein paar hundert junge Leute zu schaffen. Aber das Innenministerium hat diese Lösung abgelehnt.

Werden Sie nun Zuzügler aus anderen EU-Ländern anwerben, für die Sie aufgrund des freien Personenverkehrs keine Genehmigung des Innenministeriums brauchen?

Selbstverständlich. Wir brauchen alle, die die Arbeitsplätze bei uns auffüllen können. Wir brauchen einen gesteuerten Zuzug, das ist für das Arbeitsplatzland Oberösterreich der Weg der nächsten Jahre. Es wird für den Zuzug Bedingungen bezüglich Qualifikation und Sprachkenntnisse geben.

Was unternehmen Sie, um heimische Lehrlinge für technische Berufe zu gewinnen?

Bei einem Industriestandort wie Oberösterreich gehen besonders in der Technik die Leute ab. Wir bemühen uns sehr früh, die Kinder für Technik zu interessieren.

Die neue Mindestsicherung soll ebenfalls dazu dienen, mehr Menschen in Beschäftigung zu bringen. Wie stehen die Verhandlungen?

Sie sind in der Zielgeraden. Ich bin optimistisch, dass Anreize so gesetzt werden, dass die Mindestsicherung nur als Überbrückung zum nächsten Arbeitsplatz gesehen wird.

Ein Mittel, das die FPÖ vorschlägt, lautet, den Zugriff auf Besitztümer von Mindestsicherungsbeziehern wie Eigenheim oder Sparbuch einzuschränken, also Arbeitswillige mit der Abschaffung des Vermögenszugriffs zu belohnen.

Das ist ein Signal, zu sagen: Versuche möglichst kurz in der Mindestsicherung zu bleiben und schaue, dass du möglichst rasch als Arbeitskraft wieder zur Leistung kommen kannst. Man könnte es den Ländern überlassen, je nach regionalen Bedingungen auf das Vermögen zuzugreifen oder nicht.

Im Koalitionspakt ist vorgesehen, die Notstandshilfe abzuschaffen. Stellen Sie hier Bedingungen?

Es ist sonnenklar: Wenn man die Notstandshilfe aus der Arbeitslosenversicherung herausnimmt und den Ländern in die Mindestsicherung gibt, muss natürlich das Geld folgen. Aber da wird noch einiges Wasser die Donau hinunter rinnen.

Zur EU-Wahl. Wie stehen Sie zu Othmar Karas? Unterstützen Sie seine Spitzenkandidatur?

Ich kenne Othmar Karas lange und schätze ihn außerordentlich. Über die Spitzenkandidatur bei der EU-Wahl werden wir aber erst im Jänner entscheiden. Klar ist: An der pro-europäischen Linie der ÖVP wird nicht gerüttelt.

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