Neue AK-Chefin Renate Anderl geht auf Türkis-Blau zu

Renate Anderl, Beate Hartinger-Klein
Krankenkassen: Die ÖGB-Streikdrohung lässt Kurz kalt, die neue Arbeiterkammer-Präsidentin will zunächst einmal verhandeln.

Eine Absage an den 12-Stunden-Tag, ein Nein zu einer Reduktion der Kammerbeiträge und sie stellt sich auch gegen Versuche, Arbeitnehmer-Rechte einzuschränken – aber alles schaumgebremst in Wortwahl und Tonfall. So präsentierte sich die frisch gewählte Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl (55) am Freitag den Medien.

Sie kommt aus Wien-Favoriten – ihr Vater war Hausbesorger, die Mutter Hausfrau – und beerbt Rudolf Kaske (62), der sich nach fünf Jahren an der AK-Spitze zurückzieht. Anderl gilt im Gegensatz zu ihrem Vorgänger als eher konfliktscheu.

Während es im ÖGB, aus dem Anderl stammt, wegen der Regierungsangriffe auf die Kassen-Selbstverwaltung gärt und von Streik die Rede ist, will Anderl die Tradition der Sozialpartnerschaft wahren. Sie sucht zunächst das Gespräch mit Türkis-Blau: „Ich kämpfe nicht gegen eine demokratisch gewählte Regierung. Ich kämpfe, wenn es um die Beschneidung der Arbeitnehmerrechte geht. Aber der erste Schritt muss das Gespräch sein. Ich gehe nicht mit Streik oder Generalstreik hinaus“, sagte Anderl.

Die blaue Sozialministerin Beate Hartinger-Klein hatte der roten AK-Chefin davor bereits eine konstruktive Zusammenarbeit angeboten.

Neue AK-Chefin Renate Anderl geht auf Türkis-Blau zu

Rudi Kaske, Renate Anderl, Alexander Van der Bellen

Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der ebenfalls zur Amtsübergabe in der AK gekommen war, lobte die Verdienste der Sozialpartnerschaft, die Österreich von der Konflikt- zur Konsensdemokratie gewandelt habe – und Kaske persönlich. Zumindest indirekt bezog Van der Bellen damit Stellung im Konflikt zwischen der Regierung und AK/ÖGB.

Tags zuvor hatten rote und schwarze Spitzengewerkschafter via KURIER mit ihren Kampfansagen für Aufsehen gesorgt. In ganz Österreich sind nun Betriebsversammlungen und Betriebsrätekonferenzen angelaufen. Die gut organisierten Mitarbeiter der Sozialversicherungen wollen mit gewerkschaftlichen Kampfmaßnahmen die drohende Einschränkung der Selbstverwaltung verhindern. Daneben kämpft man auch für den Erhalt der Unfallversicherung oder die Unabhängigkeit der Länderkassen. Besonders ärgert die Arbeitnehmervertreter, dass die Koalitionsparteien in der Debatte mit Unwahrheiten in Sachen Dienstwagen und Luxuspensionen agierten.

Lob gab es bei einer Betriebsrätekonferenz am Freitag in Wien daher für die „seriösen Medien“, die dies entkräfteten. Der Tenor lautet: „Es reicht“. „Bis zum Streik sind die Kolleginnen und Kollegen dahinter, dass wir Widerstand leisten“, sagt Michael Aichinger, Zentralbetriebsratschef der Wiener Gebietskrankenkasse.

Bundeskanzler Sebastian Kurz zeigte sich von den Streikdrohungen unbeeindruckt. Wenn man 21 Sozialversicherungsträger auf fünf reduzieren wolle, gebe es natürlich auch Menschen die sich aufregen. „Die Streikdrohungen, die schockieren uns daher nicht“, sagte Kurz.

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