Grunderwerbssteuer wurde "nachgeschärft"
Einigung auf Neuregelung aber keine "Systemänderung": SPÖ und ÖVP haben sich auf die Grunderwerbsteuer-Reform geeinigt, sie wurde am Dienstag im Ministerrat abgesegnet. Der begünstige Familienkreis wird nur leicht ausgeweitet: Neffen, Nichten und Geschwister profitieren nicht vom tiefen 2-Prozent-Satz, aber Lebensgefährten. Steuer-Professor Werner Doralt hält die Reform für verfassungswidrig, weil weiter Einheits-statt Marktwerte die Basis bilden.
Die Regierungsparteien sind in ihrem Kompromiss beim Plan geblieben, bei der Weitergabe von Grundstücken in der Familie künftig den dreifachen Einheitswert anzuwenden. Begünstigt behandelt werden sollen dabei, wie schon bisher laut Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG), direkte Nachkommen wie Kinder, Enkelkinder, Ehegatten, künftig aber auch Lebensgefährten.
Änderungen gegenüber dem Begutachtungsentwurf gab es neben der Familienkreis-Definition auch bei den Freigrenzen für die Übertragung von Unternehmen: Der Freibetrag von 365.000 Euro soll nun doch nur bei Schenkungen - also unentgeltlichen Firmen-Übertragungen -, nicht aber bei entgeltlichen Transaktionen geltend gemacht werden können.
SPÖ hätte "Systemänderung" bevorzugt
Letzteres war ein Kritikpunkt unter anderem der Arbeiterkammer (AK), die wie Teile der SPÖ vehement ein Abgehen von den - niedrigen - Einheitswerten gefordert hatte. SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann räumte am Dienstag im Pressefoyer nach dem Ministerrat ein, dass seine Partei eine "Systemänderung" lieber gehabt hätte: Nämlich, generell den Verkehrswert und somit marktorientierte Preise anzulegen.
Dies hätte ja nicht unbedingt heißen müssen, dass die Betroffenen tatsächlich mehr zahlen müssten, denn über dem Steuersatz könne man ja noch reden, so Faymann. Aber "das war in den Verhandlungen nicht erreichbar", erklärte er, somit habe man einen Kompromiss erzielt und dabei zuletzt noch "nachgeschärft".
ÖVP-Finanzminister Michael Spindelegger sieht mit der nach einem Erkenntnis der Verfassungsgerichtshofs notwendigen Reparatur des Gesetzes ein "einfaches System" geschaffen, das auf Expertenvorschlägen beruhe und "sachlich gerechtfertigt" sei.
Verfassungskonform oder verfassungswidrig
Steuer-Experte Univ.Prof. Doralt hält auch die jetzt am Tisch liegende Neuregelung für nicht verfassungskonform, da der Verfassungsgerichtshof (VfGH) schon voriges Jahr die - weiter gegebene - Anknüpfung an die Verkehrswerte kritisiert habe, wie Doralt am Dienstag zur APA sagte.
Denn erstens entsprächen die Einheitswerte nicht den Verkehrswerten - die Einheitswerte seien also zu niedrig -, und zudem hätten sich die Einheitswerte regional zu stark auseinanderbewegt und stünden daher untereinander bereits in einem Missverhältnis, erinnerte der Steuerrechtler an die Punkte, an denen sich das Höchstgericht gestoßen hatte.
Dass diese kürzlich in der Begutachtung von mehreren Experten geäußerte Kritik nun bei der Reform vom Tisch gewischt werde, ist laut Doralt auf den Zeitdruck zurückzuführen, unter dem die Politik hier steht.
Im Finanzministerium betont man: Käme es bis zum Ende der vom VfGH eingeräumten Übergangsfrist - 1. Juni 2014 - zu keiner Ersatzregelung, würde der Ansatz des Verkehrswertes von Grundstücken als Bemessungsgrundlage bei allen Erbschaften und Schenkungen gelten.
Dies, so heißt es aus dem Ministerium, hätte im Durchschnitt zu einer Verdreifachung der Grunderwerbsteuer geführt sowie zusätzlich Kosten eines Gutachtens verursacht, um den Verkehrswert nachzuweisen.
Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder (KWT) begrüßte am Dienstag die Einigung über die Grunderwerbsteuer und "sieht vor allem als positiv an, dass die Gefahr der Besteuerung zum Verkehrswert gebannt ist", wie KWT-Präsident Klaus Hübner gegenüber der APA betonte. Durch die Einigung der Koalitionspartner sei eine für alle Beteiligten leicht nachvollziehbare und verwaltungsökonomische Art der Feststellung der Bemessungsgrundlage der Abführung der Abgabe gewählt worden.
Den Empfehlungen der KWT und der anderen Freiberufler-Kammern folgend stehe die Reform mit den Regelungen zur Bemessung der gerichtlichen Eintragungsgebühr in Einklang. "Somit wurde auf eine bereits etablierte Regelung, nämlich die Einheitswerte, zurückgegriffen und gleichzeitig den Überlegungen des VfGH entsprochen", so Hübner.
Ein Beispiel
Bei einem Einfamilienhaus mit 240 m2 Nutzfläche, 800 m2 Grundfläche und 28.200 Euro Einheitswert im Burgenland als Rechenbeispiel würde sich gemäß der Neuregelung eine Summe von 4.323 Euro ergeben (davon 1.692 Euro GrESt, nämlich 2 Prozent vom 3-fachen Einheitswert), nach der alten Regelung aber 16.114 Euro (davon 2 Prozent vom "gemeinen Wert" von 420.000 Euro); hier würden also 11.791 Euro Mehrbelastung verhindert.
Mit der Neuregelung werde somit eine Steuererhöhung bei der Weitergabe von Grundstücken im Familienverband verhindert, betont man im Finanzministerium. Und es werde weiterhin gewährleistet, dass vor allem bei Weitergabe von Grundstücken (Erbschaft, Schenkung, Verkauf) im Familienbereich eine moderate Steuerlast aus Basis des Einheitswertes anfalle.
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