Rauch oder nicht Rauch? Köpfe qualmen im Parlament
Der Nationalrat als Stammtisch - dieses Mal: Streit ums von der Regierung geplante Rauchverbot in der Gastronomie. Die FPÖ hatte das Thema für die Aktuelle Stunde ausgewählt - um diesen "Schritt in Richtung Bevormundungsstaat" scharf zu kritisieren und vor negativen Auswirkungen auf die Gastronomie zu warnen. "Deutlich Stopp" sage die FPÖ, wenn "in das Leben von Menschen hinein Politik gemacht" und ihnen die freie Entscheidung genommen wird, sprach sich Parteichef Heinz-Christian Strache gegen "Verbotsexzesse" aus. Wenn man so weitermache, müsse man Zwangsspeisepläne vorgeben, Schokolade verbieten oder auf Weinflaschen eine geschädigte Leber abbilden. Die FPÖ werde alles bis hin zum VfGH versuchen, um das Komplett-Verbot zu Fall zu bringen. Als "Fehlbesetzung" titulierte Strache den Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) - habe sich die Gastronomie doch nicht auf die 2008 beschlossene Regelung verlassen können.
Auch das Team Stronach sieht die Freiheit bedroht: Klubobfrau Waltraud Dietrich lehnte das strikte Rauchverbot ab; eine solche Verbotskultur müsse zur Schließung von Fastfood-Ketten oder halbleeren Regalen in Supermärkten führen, denn an Fettleibigkeit oder Bluthochdruck würden auch viele Menschen sterben.
Fisch oder Fleisch?
Einige Skepsis zeigte NEOS-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn, selbst Wirt und Hotelier: Zwar wäre ein Rauchverbot aus gesundheitspolitischer Sicht richtig, aber letztlich sollte es immer noch die freie Entscheidung eines Unternehmers sein, ob er ein Raucherlokal haben wolle. Zudem werfe die Neuregelung neue Konfliktfelder auf - etwa wenn sich Nachbarn beschweren, weil Gäste vor der Tür rauchen.
"Nicht Fisch und nicht Fleisch" war die alte Regelung auch für den SPÖ-Abgeordneten Erwin Spindelberger. Immer noch werde Essen durch Rauch getragen und Nichtraucher müssten durch Raucherräume zur Toilette gehen. Und es "muss die Aufgabe des Staates sein, Menschen vor den Gefahren des Passivrauchens zu schützen". Grünen-Chefin Eva Glawischnig führte die 240.000 Gastronomie-Mitarbeiter an, die sich "ihren Arbeitsplatz nicht aussuchen können" - aber auch die Kinder, die sich nicht aussuchen könnten, ob sie im Raucher- oder Nichtraucherbereich eines Lokals sitzen. Sie forderte bessere Präventionsarbeit bei Jugendlichen.
Die 10 häufigsten Raucher-Ausreden
Bevor sich der Nationalrat am Mittwoch Innenpolitischem wie dem Finanzrahmen widmete, hat man zu Beginn sowohl der Opfer des Völkermordes an den Armeniern als auch der bei der Flüchtlingskatastrophe vor Libyen verstorbenen mehr als 800 Menschen gedacht. Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) verwies auf die Sechs-Parteien-Erklärung zur Verurteilung des Genozids an Armeniern im Osmanischen Reich vor 100 Jahren (mehr dazu lesen Sie hier). Sie verfolge die Absicht der Aussöhnung zwischen Armeniern und der Türkei - wobei Voraussetzung für eine nachhaltige Versöhnung das Eingeständnis historischer Schuld sei. Zur Gedenkminute des Plenums und der anschließenden Präsentation der Erklärung waren auch Vertreter der armenischen Gemeinde erschienen.
Nach dem Erinnern an den Armenier-Genozid blieben die Abgeordneten stehen und gedachten der mehr als 800 jüngst im Mittelmeer umgekommenen Flüchtlinge. "Wir alle und ganz Europa ist gefordert, alles zu tun, um derartige Tragödien zu verhindern", betonte Bures.
Zahlenwerk am Prüfstand
Der am Dienstag vom Ministerrat beschlossene Finanzrahmen war danach Thema im Nationalrat. Der Opposition gefällt das Zahlenwerk nämlich nicht: Tenor bei der "Ersten Lesung" im Nationalrat: es werde am falschen Ort gespart und zu wenig in die Zukunft investiert. Die Koalition findet das natürlich gar nicht, wobei ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka aber auch dem Regierungspartner in Sachen Pensionen auf die Füße trat.
Denn einmal mehr drängte der Fraktionschef der Volkspartei darauf, bei den Pensionen weitere Einschnitte vorzunehmen, was von der SPÖ traditionell nicht gerne gehört wird. Davon unbeeindruckt erkannte Lopatka "dringenden Handlungsbedarf", speziell bei den Sonderpensionen und dabei im besonderen bei den ÖBB. Auch beim Arbeitsmarkt, den Förderungen und in der Verwaltung will der schwarze Klubchef Effizienzsteigerungen.
Nulldefizit
Dass man überhaupt einen Finanzrahmen zusammengebracht hat, der ein strukturelles Nulldefizit darstellen kann, freute den ressortzuständigen Finanzminister. Hans Jörg Schelling (ÖVP) wies auf die schwierigen Rahmenbedingungen durch schwaches Wachstum und Gegenfinanzierung der Steuerreform hin und lobte sich gleich auch noch dafür, dass trotz all dem nicht nur gespart sondern auch offensiv investiert werde.
Dabei verwies Schelling auf die Zusatzausgaben etwa in den Bereichen Sicherheit und Wissenschaft, sowie auf den Breitbandausbau. Versichert wurde vom Finanzminister, dass die deutlich höheren Ausgaben für die Flüchtlingsversorgung durch den starken Anstrom von Asylwerbern eingetaktet seien. Für das Budget, das er am 14. Oktober auf Basis des Finanzrahmens vorlegen wird, "versprach" der Finanzminister, dass dies kein Wohlfühlbudget sein werde. Auch SPÖ-Klubchef Andreas Schieder war es wichtig zu betonen, dass der Budgetkurs der Regierung es ermögliche, auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Offensiv-Akzente zu setzen. Er erwähnte den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichten und die 24-Stunden-Betreuung.
Welle der Kritik
Wesentlich kritischer sah die Opposition das ganze. So meinte etwa der freiheitliche Budgetsprecher Elmar Podgorschek, dass die Gegenfinanzierung der Steuerreform nur auf Sand gebaut sei. Echte Reformen gehe die Koalition ohnehin nicht an. So sei etwa die Transparenzdatenbank bis heute eine leere Hülle. Grünen-Budgetexperte Bruno Rossmann kritisierte einen Mangel an Offensivmaßnahmen. Eine ausreichende Dotierung der Zukunftsbereiche bleibe auf der Strecke und die Massen-Arbeitslosigkeit werde einfach ignoriert. Mit diesem eingeschlagenen Weg werde Österreich auf der Kriechspur bleiben.
Ebenfalls nicht gerade zuversichtlich blickte Robert Lugar vom Team Stronach in die Zukunft, hält er die Ankündigungen der Regierung doch für nicht glaubwürdig. So sei bei den Förderungen in den letzten sechs Jahren nichts passiert und im Pensionsbereich gebe es schon wieder Zuwachs. Der ÖVP unterstellte er speziell im öffentlichen Bereich eine Doppelstrategie. Sie sage, wo die Probleme seien und verhindere gleichzeitig, dass diese angegangen würden.
NEOS-Klubchef Matthias Strolz attestierte Schelling immerhin, ambitionierter als seine Vorgänger zu sein, "aber nicht ambitioniert genug". Jedes Jahr würden neue Schulden gemacht und SPÖ und ÖVP betrieben weiter ungeniert Klientelpolitik. Generationengerechte Reform fielen hingegen aus. Dass die heute Jungen nicht den Wohlstand ihrer Eltern erreichen würden, sei kein Naturgesetz sondern dem Agieren dieser Bundesregierung geschuldet.
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