Parlamentsfinale: Nehammer entschuldigt sich und lehnt Preisdeckel ab

Parlamentsfinale: Nehammer entschuldigt sich und lehnt Preisdeckel ab
Am Freitag stehen u.a. noch Bund-Länder-Vereinbarung zu Kindergartenfinanzierung, Dienstrechtsnovelle und Rücknahme der Familienbeihilfe-Indexierung am Programm. Nehammer überrascht mit einer Entschuldigung.

Am Freitag trifft sich der Nationalrat zu seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause. Dabei standen unter anderem eine Dienstrechtsnovelle, die den Quer-Einstieg in den Lehrerberuf erleichtern soll, die Rücknahme der Familienbeihilfe-Indexierung, eine Bund-Länder-Vereinbarung zur Finanzierung der Kindergärten und die Wahl von Gabriela Schwarz (ÖVP) zur Volksanwältin am Programm.

Zudem werden am Freitag die Kostensätze in der Grundversorgung für Flüchtlinge erhöht. Auch sollen künftig auch Vertriebene aus der Ukraine Familienbeihilfe erhalten. Ein entsprechender Antrag ist nach einer Einigung der Koalition heute im Nationalrat eingebracht worden. Der Plenartag startete mit einer Fragestunde an Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). 

Nehammer lehnt Preisdeckel ab

Ungewohntes tut sich zu Beginn der Fragestunde: Der Bundeskanzler entschuldigt sich dafür, dass jüngst seine Staatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) eine „Dringliche Anfrage“ der FPÖ nicht adäquat beantwortet habe. Die Antworten würden schriftlich nachgereicht. Die Schuld trage aber nicht Plakolm, die ihn vertreten habe. Er nehme die Verantwortung auf sich.

Die Fragestunde an den Bundeskanzler wird von den multiplen Krisen -  Gasknappheit, Inflation und Teuerungen - dominiert. Nehammer wiederholt die Inhalte der Anti-Teuerungspakte als Antwort auf die hohen Preise. Angesprochen auf weitere Preissenkungsmaßnahmen, wie sie von der SPÖ jüngst vorgeschlagen wurden, etwa die Abschöpfung von Übergewinnen von Energiekonzernen und Preisdeckel auf Sprit und Lebensmittel, lehnt Nehammer ab, obwohl Nehammer die Gewinnabschöpfung selbst im Frühsommer ins Spiel brachte.

SPÖ-Frauensprecherin Eva-Maria  Holzleitner fragt, was Nehammer gegen die Kinderarmut in Österreich täte. In Österreich leben 370.000 Kinder in Armut. Der SPÖ sind die Unterstützungsleistungen zu wenig, Nehammer verweist auf die Leistungen des Anti-Teuerungspakets. 

Seit Kriegsbeginn in der Ukraine am 24. Februar hat sich die Sicherheitslage auch in Österreich verändert. Hierzulande heißt das Thema allerdings Gasversorgungssicherheit. Die Gasspeicher in Österreich würden sich weiter füllen, sagt Nehammer. Außerdem arbeite die Regierung an dem Ausbau der Infrastruktur für die Versorgung durch LNG (Flüssiggas) und Wasserkraft - auch mit der Privatwirtschaft zusammen. Der Staat ist kein klassischer Eigentümer von Pipelines, unterstützt den privatwirtschaftlichen und transnationalen Ausbau der Terminals aber, so Nehammer. Sollte Putin das Gas tatsächlich komplett abdrehen, das nach Europa fließt, "braucht es ein transnationales Zusammenarbeiten", sagt Nehammer. 

Nehammer warnt vor Gefahr eines dritten Weltkrieg

Düster ist des Kanzlers Einschätzung den Ukraine-Krieg betreffend. Nehammer sprach einmal mehr von Präsident Wladimir Putins Kriegslogik, die ein Ende des Kriegs erst sehe, wenn das Ziel der Aggression erreicht sei. Der Kanzler warnte auch davor, immer mehr an die Grenzen eines Dritten Weltkriegs zu geraten. Daher müssten Gesprächsebenen offen gehalten werden.

Verteidigt wurde vom Kanzler dagegen die Kassenfusion, die nach einem kritischen Rechnungshof-Bericht zuletzt in negative Schlagzeilen geraten war. Dass es statt der angekündigten Patienten-Milliarde zunächst Mehrkosten gegeben habe, sei nicht zu bestreiten, meinte Nehammer. Doch steht der Regierungschef zur „Effizienzreform“, gebe es doch bei solchen Projekten stets hohe Anschubfinanzierungen und erst dann die Effizienzsteigerungen, die Einsparungen brächten.

Am heutigen letzten Tag des Parlaments lässt sich Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) vertreten. 

Dienstrechtsnovelle für Lehre durch

Erster Beschluss des Tages war eine Dienstrechtsnovelle, mit der der Quer-Einstieg in den Lehrerberuf erleichtert wurde. Verbessert wurde auch die Bezahlung an den Sommerschulen. SPÖ und FPÖ nutzten den Tagesordnungspunkt für Frontalattacken auf die Bundesregierung, SP-Mandatarin Selma Yildirim sprach von Pfusch und verlangte unter anderem die Wiedereinführung der Pragmatisierung und die Einführung der Altersteilzeit für Beamte.
Vizekanzler und Beamtenminister Werner Kogler (Grüne) reagierte gelassen. Er nannte die Attraktivierung des öffentlichen Dienst als gemeinsames Ziel: „Da sollten wir uns treffen und nicht gleich alles zur Weltuntergangskrise erklären.“

Indexierung der Familienbeihilfe ist Geschichte

Mit der Aufhebung der Indexierung der Familienbeihilfe durch den Nationalrat ist ein Prestige-Projekt der türkis-blauen Bundesregierung Geschichte. Einzig die Freiheitlichen lehnten die entsprechende Vorlage Mittwochmittag ab. Basis für den Beschluss war ein Spruch des EuGH. Erfreut über den Beschluss zeigte sich die SPÖ, deren Abgeordnete Petra Wimmer darauf verwies, dass ihre Partei immer schon die Unrechtmäßigkeit der Indexierung betont habe. So sei heute ein guter Tag für Familien. Die Grünen mussten sich den Vorwurf gefallen lassen, dass auch sie mit dem Regierungseintritt für keine Aufhebung der Indexierung gesorgt hätten. Freilich betonte ihre Familiensprecherin Barbara Neßler, dass die bisherige Regelung „ethisch nicht vertretbar“ gewesen sei. Für NEOS-Mandatarin Fiona Fiedler stellte die Indexierung eine „massive Ungerechtigkeit“ dar.
Seitens der ÖVP betonte die Abgeordnete Alexandra Tanda, dass das EuGH-Urteil selbstverständlich umgesetzt werde. Die Rückzahlung werde, so weit möglich, automationsgestützt und rasch erfolgen. Der Anspruch verfalle auch nicht.

Der Nationalrat hat am Freitag die Kindergarten-Milliarde beschlossen. Während die FPÖ mit der Koalition stimmte, gingen SPÖ und NEOS die Zuwendungen für die Elementarbildung zu wenig weit. Tatsächlich wird die Milliarde über fünf Jahre gestreckt, in denen jeweils 200 Millionen fließen. Auch für die Schulen gibt es mehr Geld.

Abtreibung in Österreich noch immer illegal

Die Debatte zum Entschluss zur Aufklärung und Ahndung von Kriegsverbrechen in der Ukraine wurde zu einer Debatte über das fehlende Recht auf Abtreibung in Österreich. Im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine wird sexuelle Gewalt als Waffe eingesetzt. Auch dass die USA das Recht auf Abtreibung kürzlich gekippt hat und das EU-Parlament eine Resolution für ein Recht auf Abtreibung verabschiedet hat, befeuert die Debatte.

In Österreich ist der Schwangerschaftsabbruch nach wie vor illegal - aber straffrei. Bis zur 12. Wochen kann seit 1975 dank der Fristenlösung straffrei abgetrieben werden. Die Möglichkeiten in Österreich für Frauen sind aber in einige Regionen beschränkt. In Vorarlberg möchte der einzige Arzt, der Abtreibungen durchführt, in Pension gehen und findet keinen Nachfolger. In Tirol haben Frauen auch nur eine Möglichkeit. Im Burgenland gibt es keine einzige Praxis, Klinik oder Ambulanz, in der Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden können. SPÖ und Neos fordern von der anwesenden Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) eine Stellungnahme.  

Am Mittwoch und Donnerstag wurde bereits unter anderem das endgültige Aus für die Impfpflicht, das Rad-Paket, mehr Geld für die Feuerwehr und KMU, das Aus für Vollspaltboden und die Novellierung des Parteiengesetzes beschlossen.

 

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