Nachlese: Mirko Messner im KURIER-Chat

Porträt eines Mannes mittleren Alters mit grauem Haar und Schnurrbart.
Im KURIER-Wahlchat stellte sich Mirko Messner (KPÖ) den Fragen der KURIER-Leser.

Kurier.at Moderation: Wir dürfen Mirko Messner (Stefan Miroslav Messner im vollen Namen) von der KPÖ beim KURIER Wahlchat begrüßen, und eine erste Frage, die wir via E-mail bekommen haben, posten.

Mirko Messner: Guten Tag, kann losgehen ..

F. Schmidt: Sie haben praktisch keinen sichtbaren Wahlkampf geführt und auch klar gemacht, dass Ihnen der Wahlkampf quasi den Buckel runterrutschen kann. Warum?

Ein Mann mit grauem Haar arbeitet an einem Laptop in einer Besprechung.
Messner: Falscher Eindruck, weiß nicht, wie er entstanden ist ...

Weitere Frage via E-mail von Hr. Konrad: Ist eine Stimme für die KPÖ eine hinausgeworfene Stimme, weil sie eh nicht ins Parlament kommt?

Messner: Auch wenn wir nicht ins Parlament kommen: verloren ist jede Stimme, die den Status quo unterstützt, d. h., in den neoliberalen Einheitstopf der Parlamentsparteien hineingeworfen wird. Stimme für die KPÖ = Stimme für den Widerspruch, und darauf kommt's an.

Robert B. fragt: Wie würde eine Bildungsreform der KPÖ aussehen?

Ein Mann mit grauem Haar sitzt an einem Tisch mit einem Laptop und Gläsern.
Messner:Einheitliches Dienst- und Besoldungsrecht / Eine für alle Schulbereiche zuständige Bundes-Personalstelle / Ausbau der Schulautonomie und -demokratie / Weg von der obrigkeitsstaatlichen Weisungshierachie / Schluss mit der sozialen Auslese ("Herkunft bestimmt Zukunft"), Gesamt- und Ganztagsschule mit individueller Förderung alle Kinder und Jugendlichen / Schluss mit neoliberaler Bildungs-Budgetpolitik / Ausreichendes Studiengeld für ALLE Studierenden ...

Leila Sophie: Würden Sie den Einzug schaffen, was wäre als erstes auf der Agenda?

Messner: Mindestlohn 10 Euro, massiver Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen / Arbeitszeitverkürzung auf 30 Wochenstunden / Soziale Steuerreform (Schluss mit Entlastung des Kapitals und der großen Vermögen) ...

Roland Hofbauer: Wie würde KPÖ die Bildungsstrukturen umbauen, um einen freien Zugang zu gewährleisten?

Messner: Zu dem bereits Gesagten: Weg mit sämtlichen Studiengebühren. Freier Zugang zur Bildung für alle.

Eva Z.: Lieber Herr Messner! Es ist ein Problem der Linksparteien, dass sie die Unterschiede zueinander mehr betonen als die Gemeinsamkeiten. Das Volksstimmefest kommt einem immer so vor wie "Das Leben des Brian" (Stichwort: Volksfront von Judäa). Warum ist das so? Könnten Sie sich eine gemeinsame Plattform aller Linksgruppierungen vorstellen und würden Sie sich einer solchen anschließen?

Messner: Kann sie mir nicht nur vorstellen, ist auch notwendig; allerdings: KPÖ plus einige kleinere Linksgruppierungen ergibt keine neue Qualität. Zu einer relevanten progressiven Plattform müssen auch Menschen stoßen, die sozial, politisch und kulturell in verschiedenen Zusammenhängen tätig sind, und das geht über die formierte "Linke" weit hinaus.

Zwei Personen arbeiten an Laptops in einem Konferenzraum des „Kurier“.
"Jeder/r, der bestehende Verhältnisse (auch Eigentumsverhältnisse) grundsätzlich in Frage stellt, muss sich mit dem Vorwurf des "Kommunismus" auseinandersetzen. Und wir weichen dem a priori nicht aus."
Frage von Ernst Herzog via Mail:Viele Menschen schreckt der Begriff Kommunismus ab. Ist das nicht ein Problem? Haben Sie sich je überlegt, mit demselben Parteiprogramm, aber unter anderem Parteinamen zu kandidieren?

Messner: Haben wir, aber wieder verworfen. Erstens deswegen, weil es nicht um ein neues Kostüm geht, sondern um neue Inhalte, und die haben wir, nebst der Tradition der sozialen Kämpfe und des Antifaschismus; außerdem: jeder/r, der bestehende Verhältnisse (auch Eigentumsverhältnisse) grundsätzlich in Frage stellt, muss sich mit dem Vorwurf des "Kommunismus" auseinandersetzen. Und wir weichen dem a priori nicht aus.

Roland Hofbauer: Sollte sich die Fragen stellen, käme für die KPÖ eine Koalition in Frage und wenn ja, mit wem (nicht)?

Messner: Derzeit mit niemandem. Der Platz der linken Opposition im Parlament ist unbesetzt, und den wollen wir besetzen; um dem herrschenden Trend zum Niederriss des Sozialstaats zu widersprechen.

Christian Oo: Guten Tag Hr. Messner. Meine Frage bezüglich Gesundheitswesen. Was sind die Ansätze der KPÖ gegenüber der 3-Klassen-Medizin!?

Messner: Fürs Gesundheitswesen gilt dasselbe wie fürs Bildungswesen: Freier Zugang für alle zu denselben Leistungen. Im Moment: Rücknahme der Beschlüsse bezüglich "Gesundheitsreform", d. h. der Beschlüsse, in den kommenden Jahren Milliarden weniger fürs Gesundheitswesen auszugeben als ursprünglich vorgesehen. Brechung der Macht der Pharmakonzerne (Vergesellschaftung). Und viel mehr.

Kevin Zimmer Mann: Herr Messner, denken Sie nicht dass die wirtschaftspolitischen Entscheidungen die Sie treffen müssten/würden (30 Stunden Woche, Mindestlohn 10€) die Konkurrenzfähigkeit unserer Volkswirtschaft beeinträchtigen würden und wie wollen Sie das dem wirtschaftliche Laien erklären? Und glauben Sie die EU würde auf solche Maßnahmen reagieren? Wäre das nicht entgegengesetzt der "EU Linie"?

Messner: Mag sein, dass es mit der herrschenden EU-Linie nicht übereinstimmt. Grundsätzlich: Hunderten Millionen Überstunden stehen hunderttausende Arbeitslose gegenüber. Immer weniger Menschen arbeiten intensiver und länger ohne Lohnausgleich, immer mehr Menschen haben überhaupt keinen Arbeitsplatz. Die Produktivität ist von 1997 bis 2011 um 35% gestiegen. Im selben Zeitraum sind die Löhne gleich geblieben bzw. gesunken. Also Potential mehr als genug für eine Verkürzung der AZ.

Frage von zwtschkn via Twitter: Warum tritt die KPÖ für ein einheitliches Pensionsantrittsalter von Männern und Frauen ein?

Messner: Wir sind für eine Angleichung NACH Beseitigung der lohnpolitischen und gesellschaftspolitischen Diskriminierung der Frauen.

Frage via E-mail von Lisa F.: Wenn die KPÖ nicht selber antreten würde, für welche andere Partei würden Sie eine Wahlempfehlung abgeben?

Messner: Echt tückisch, diese Frage ;-). Beantworte ich nach der Wahl, ok?

Evelyn P.: Eine Nachfrage zum Kommunismus-Thema: Hat sich die österreichische KP jemals offensiv mit der negativen Seite des Kommunismus auseinandergesetzt? Den Eindruck habe ich nämlich nicht - eine offene Distanzierung vom Stalinismus scheint noch immer zu fehlen. Wie ist ihre Einstellung hier und heute zu dieser Thematik?

Messner: Wir haben uns geschichtlich, theoretisch und praktisch massiv mit dem Thema auseinandergesetzt. Darüber gibt es Beschlüsse, Resolutionen, Broschüren und Bücher. Schicke Ihnen gerne eine Übersicht zu. Bzw.: auch auf unserer HP www.kpoe.at ist sehr viel darüber zu finden. Der Stalinismus war eines der politischen Großverbrechen des 20. Jahrhunderts.

Martin Siedl: Lieber Hr. Messner ! Die KPÖ verwendet im Wahlkampf Rundfunkwerbungen - im Kontext mit leistbarem Wohnen heißt es da:
"Mein rechter, rechter Platz ist leer, da wünsch ich mir den Mirko her ... für leistbares wohnen ... "
Ich würde mal spekulieren, dass 95% der Österreicher das falsch interpretieren ...
Meine Frage: Wieso versucht die KPÖ ihre Botschaften nicht ein bisschen breitentauglicher zu kommunizieren (ohne gleich populistisch zu werden) ?

Messner: ... muss zugeben, dass ich den Radiospot nicht redigiert habe, und ja: der ist echt missverständlich. aber auch witzig, beim zweiten hinsehen.

Kevin Zimmer Mann: Trotzdem würde die Attraktivität des Standorts Österreichs international gesehen vermutlich abnehmen und es würde dann wahrscheinlich weniger aus dem Ausland investiert werden. Wie würden Sie dann die sinkende Kaufkraft(zumindest bezogen auf Waren aus dem Ausland) dem Konsumenten verkaufen? Ich stelle mir das in einer "Konsumgesellschaft" schwer vor oder glauben Sie es würde nichts der gleichen passieren?

Messner: AZV bei Lohn- und Personalausgleich würde diese "sinkende Kaufkraft" nicht zur Folge haben, im Gegenteil. Tatsache ist, dass Kaufkraft dzt. aufgrund der stagnierenden Löhne und der hogen Arbeitslosigkeit abnimmt.

Werenfried Ressl: Wer wird Ihrer Meinung nach Dritter bei der Wahl?

Messner: Der Dritte ... im Ernst: ich weiß es nicht.

Kurier.at Moderation: Sehen Sie Deckungsgleichheiten zur Piratenpartei in Österreich? Diese hat ja zu einigen Punkten ähnliche Positionen, zumindest was den Zugang zu Infrastruktur anbelangt...

Messner: Es gibt viele Schnittstellen, bezüglich Netzdemokratie u. a. Allerdings, wenn ich richtig gelesen habe, sind auch die Piraten AnbeterInnen des "freien Markts", den es in Wirklichkeit nicht mehr gibt, weil die Marktmächtigkeit der Konzerne und Banken, der finanzwirtschaftlichen Agglomerate dominiert; wir stellen im Unterschied zu den Piraten das kapitalistische System in seiner grundsätzlichen Verfasstheit in Frage, haben wirtschaftdemokratische Vorstellungen, die mit Marktkonformität und Profitmaximierung nicht zu tun haben (wollen). Usw.

Gerald Murer: Was versteht die KPÖ unter Umverteilung von oben nach unten. Und was kann das langfristig bewirken?

Messner: Umverteilung von U nach O ist eine Summe wirtschafts- und demokratiepolitischer Forderungen (soziale Steuerreform - massive Besteuerung der hohen Vermögen, Rücknahme von steuuerlichen Entlastungen der Konzerne (Gruppensteuer u. w.), Rücknahme von Pensionsreform, Gesundheits"reform", Mindestlohn, Studiengeld, gesetzliche Mindestpension über der Armutsgrenze u. v. a.), die zweierlei bewirken sollen: Die Umverteilung des Vermögens von der Spitze der gesellschaftlichen Pyramide (dort befinden sich zwei Drittel des Gesamtvermögens) sowie Erweiterung der partizipativen Demokratie.

Roland Van Al Fakher: In letzter Zeit gibt es immer mehr Diskussionen über den Euro, was ist Ihre Meinung? Euro behalten? Zurück zum Schilling?

Messner: Das Problem ist nicht "der Euro", das Problem ist die rechte, neoliberale Politik der EU-Dominanten. Die Europäische Linkspartei hat eine grundsätzlich andere Vorstellung von EU-Europa, das sich entweder sozial, friedenspolitisch engagiert (statt militaristisch) und demokratisch entwickeln wird, oder samt den abgerissenen Sozialstaaten als Projekt untergehen wird.

Kurier.at Moderation: Somit wäre die Zeit, die wir mit Mirko Messner im Chat zur Verfügung haben, beendet. Vielen Dank für die spannenden Fragen!

Messner: Danke für die Frage, und am 29. September ...

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