Nach Geständnis: Martinz geht als Kärntner VP-Obmann

Damit hatte wohl niemand gerechnet: Steuerberater Dietrich Birnbacher und Kärntner VP-Chef Josef Martinz haben am Mittwoch am Landesgericht Klagenfurt ein Geständnis abgeliefert. "Nach der Abwicklung des Hypo-Verkaufes haben Haider und ich die Idee entwickelt, dass etwas an die Parteien gehen soll", sagte Martinz. Er ist anschließend von seiner Funktion als Kärntner VP-Obmann zurückgetreten und aus der Partei ausgetreten. Als Nachfolger einigte man sich noch am Mittwoch Abend auf Gabriel Obernosterer. Der 57-jährige Nationalratsabgeordnete wurde zum geschäftsführenden Parteiobmann der Kärntner ÖVP bestellt.
Die Bundes- sowie die Kärntner ÖVP sprechen sich für Neuwahlen in Kärnten aus. Das sagte VP-Vizeparteichef und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner in der ZiB2 am Mittwoch. Auch der neue Kärntner VP-Chef Gabriel Obernosterer sei dafür, sagte Mitterlehner. Er verwies aber gleichzeitig darauf, dass dafür eine Zweidrittelmehrheit und damit die Zustimmung der Freiheitlichen in Kärnten nötig wäre. Die FPK lehnt bis jetzt vorzeitige Neuwahlen ab.
"Es tut mir leid, dass ich mich auf das System Haider eingelassen habe. Es war persönlich und politisch ein Fehler, den ich zutiefst bereue", sagte Martinz nach der Verhandlung. Er habe innerhalb der ÖVP alleine gehandelt und übernehme auch die alleinige Verantwortung dafür. Nachsatz: "Ich stand unter dem enormen Druck, die Parteifinanzen sanieren zu müssen".
Dünnes Gutachten
Birnbacher gab in seiner Aussage zu, dass von Anfang an geplant gewesen sei, über sein Millionenhonorar die ÖVP und das damalige BZÖ zu finanzieren. Das Geld, rund sechs Millionen Euro, hatte er für seine Beratertätigkeit beim Verkauf der Hypo an die BayernLB erhalten. Für ein Gutachten im Umfang von nur acht Seiten, das als Sammelsurium an Kalendersprüchen und Gemeinplätzen einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde ("Die Spanne des Wertes ist sicher breit"; "Aus meiner Sicht ist (...) das klug und gut"). 44 Sätze, von denen jeder einzelne ursprünglich sogar 272.727 Euro wert war (geplant war zuerst ein Honorar von 12 Millionen Euro - mehr dazu hier).
Mit ÖVP-Chef Josef Martinz sei laut Birnbachers Aussage bereits im Jahr 2007 eine Drittelregelung ausgemacht gewesen. Konkret seien von ihm letztlich 100.000 Euro an die ÖVP geflossen. Aber auch die FPK-Politiker Harald Dobernig und Uwe Scheuch hatten von Birnbacher Geld - insgesamt 500.000 Euro - gefordert. Beide weisen die Vorwürfe in einer Aussendung zurück. Der Gesprächstermin im Jahr 2009 mit Birnbacher sei "nichts Besonderes gewesen". Man habe damals lediglich die "medial kolportierten Vorwürfe einer angeblichen Parteienfinanzierung in Richtung BZÖ und/oder Jörg Haider" diskutiert.
Haider habe eine Million Euro gefordert

Mit seiner Stellungnahme wolle er "einen Beitrag zur angeklagten Tat" sowie eine Wiedergutmachung erbringen, führte Birnbacher weiter aus. Außerdem wolle er nun "vielleicht wirklich einen Dienst am Land leisten", erklärte der Steuerberater gegenüber Richter Manfred Herrnhofer.
Birnbacher belastete verschiedene ÖVP- und FPK-Politiker schwer. Auf die Frage, wie er denn das Geld an die ÖVP überweisen solle, habe Martinz geantwortet, dass er Personalkosten übernehmen und Rechnungen für die Partei bezahlen könne. "Martinz hat gesagt, dass er sich in Wien kundig gemacht habe, welche Möglichkeiten es da gibt", erklärte der Steuerberater. Konkret habe Martinz mit Dr. Strasser (Ernst, Anm.) gesprochen, denn der habe das entsprechende "Know-How" gehabt, so Birnbacher.
Dessen Anwalt Thomas Kralik dementiert das gegenüber dem KURIER. Sein Mandant habe nur einmal mit Martinz über die Causa Birnbacher gesprochen. Damals habe der Kärntner ÖVP-Chef nach einem Wirtschaftsprüfer gesucht, um ein Gutachten einzuholen. "Strasser konnte ihm aber keinen nennen", sagt Kralik. Martinz hatte zuvor gemeint, er könne sich an ein derartiges Gespräch nicht erinnern.
Auch der inzwischen verstorbene Landeshauptmann Jörg Haider habe von Birnbacher Geld - nämlich eine Million Euro - gefordert. "Eine Million wird wohl drinnen sein für die Partei", soll Haider demnach bei einem Gespräch im Jänner 2008 gesagt haben. Die technische Abwicklung der Zahlungen hätte gleich laufen sollen, wie bei der ÖVP.

Im Sommer 2008 hatte Martinz dann Birnbacher angekündigt, dass er ihm "etwas herunterreißen" werde. In der Folge bezahlte Birnbacher eine Rechnung über 35.000 Euro plus Umsatzsteuer. Die Rechnung legte die Anwältin von Martinz, Astrid Wutte-Lang, und zwar für "Rechtsberatung im Zusammenhang mit Medienberichterstattung". Weitere 65.000 Euro übergab Birnbacher an Martinz bei einer Weihnachtsfeier in Villach in einem Kuvert.
Im Jahr 2009 seien schließlich Landesrat Harald Dobernig (FPK) und FPK-Parteichef Uwe Scheuch an ihn herangetreten. Dobernig habe erklärt, von der Abmachung über eine Mio. Euro mit Haider zu wissen, meinte Birnbacher. Letztlich hätten die FPK-Politiker 500.000 Euro verlangt, geflossen sei aber nichts mehr. "Haider war ja schon tot", erklärte Birnbacher.
"Ich bereue es, dass ich bei dieser Verschleierung mitgemacht habe und bin bereit, die Verantwortung zu übernehmen", erklärte Birnbacher.
Spindelegger: "Zutiefst enttäuscht von Martinz"
SPÖ und Grüne in Kärnten schäumen: "Die Korruption wurde in Kärnten von Blau-Schwarz zur Hochblüte gebracht. Dörflers Regierung ist kläglich gescheitert", wetterte der Kärntner SPÖ-Chef Peter Kaiser. Grünen-Chef Rolf Holub spricht von einem "Tag der Schande für die FPK und die ÖVP. Es handelt sich um das stärkste politische Erdbeben in Kärnten seit Jahren."
In einer Sondersitzung des Landtages in der kommenden Woche wird ein Antrag auf Neuwahlen gestellt. Für einen Beschluss bräuchte es aber die Stimmen der ÖVP oder der FPK.
Am Nachmittag meldete sich Landeshauptmann Gerhard Dörfler, er sei "zutiefst schockiert, dass manche ihre politischen Aufgaben durch Macht und wie man sieht maßlose Gier missbraucht haben". Ob er damit auch seine Parteikollegen Scheuch und Dobernig meinte, ging aus seiner Aussendung nicht hervor. Dörfler lehnt Neuwahlen ab, er sei jetzt für eine "schonungslose Aufklärung". FPK-Parteiobmann Uwe Scheuch und FPK-Landesrat Harald Dobernig nannten die Aussagen Birnbachers in einer Aussendung "haltlos".
ÖVP-Parteichef Michael Spindelleger erklärte, er sei persönlich "zutiefst enttäuscht von Josef Martinz". Durch seinen Rücktritt sei nun "der Weg endgültig frei für einen Neustart der Kärntner ÖVP".
Politologe: "Besonders plumper Fall der Korruption"

Im Ö1-Mittagsjournal erklärte der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier, die Causa Birnbacher sei ein "besonders klarer und plumper Fall der Korruption". "Das bestätigt sämtliche Vorurteile der Politik, die ohnehin schon ein desaströses Image hat", so Filzmaier. Bei der FPK sieht er zwei mögliche Strategien am Tisch: Entweder werde man sich von Ex-Parteichef Jörg Haider abgrenzen oder - "als Bauernopfer " - Uwe Scheuch und Harald Dobernig ihrer Ämter entheben.
Für Neuwahlen, die nach einem derartigen Skandal eigentlich angebracht seien, sieht der Politologe kaum Chancen. Diese würden wohl von der FPK-ÖVP-Mehrheit im Landtag verhindert.
Folgen für Dobernig und Scheuch?
Welche rechtlichen Folgen haben die Geständnisse von Birnbacher und Martinz? Mehr dazu hier.
Hypo: 6 Millionen für Scheingutachten
2007
Die Kärntner Landesregierung beschließt den Verkauf der Landesbank Hypo Alpe-Adria an die bayrische Landesbank. Der damalige Landeshauptmann Jörg Haider und ÖVP-Chef Josef Martinz beauftragen den Steuerberater Dietrich Birnbacher, ein Gutachten über den Deal zu verfassen (das nur acht Seiten umfasste). Als Honorar wird eine Summe von 12 Millionen Euro vereinbart. Birnbacher erklärt am 25. Juli 2012, dass bereits 2007 eine "Drittellösung" ausgemacht wurde: Ein Drittel (vier Millionen Euro) des Honorars für Birnbacher und je ein Drittel für Martinz und Haider.
2008
Birnbacher sagt heute, dass Haider 2008 von ihm eine Million Euro für seine Partei forderte. Martinz unterrichtet den Vorstand der Landesholding über die Honorarvereinbarung mit Birnbacher. Nach öffentlichem Druck vereinbaren Haider und Birnbacher, das Honorar auf sechs Millionen Euro zu halbieren ("Patriotenrabatt"). Birnbacher lässt Martinz 100.000 Euro zukommen, 65.000 Euro davon in bar. Im Oktober stirbt Haider bei einem Autounfall.
2009
Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt stellt die Ermittlungen gegen Martinz, Birnbacher und die Vorstände der Landesholding Hans-Jörg Megymorez und Gert Xander ein. Später sollen Landesrat Harald Dobernig und FPK-Parteichef Uwe Scheuch von Birnbacher 500.000 Euro aufgrund der Abmachung mit Haider verlangt haben. Dobernig und Scheuch dementieren das.
2012
Die Staatsanwaltschaft klagt Birnbacher, Martinz, Megymorez und Xander wegen Untreue an. Im Juli sind Birnbacher und Martinz geständig.
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Hintergrund
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