Entholzer-Ersatz: Kalliauer zum SP-Vorsitzenden gewählt
Johann Kalliauer ist am Samstag beim Landesparteitag der oberösterreichischen SPÖ zum Parteivorsitzenden gewählt worden. Er bekam 91,3 Prozent der Delegiertenstimmen. Der AK- und ÖGB-Chef soll das Ruder aber nur vorübergehend übernehmen, um ein neues Team aufzubauen. Der Parteitag hatte nämlich nach einem Knalleffekt in der Nacht unter geänderten Vorzeichen begonnen. Parteichef Reinhold Entholzer ist nach innerparteilicher Kritik um Personalentscheidungen wenige Stunden vor seiner geplanten Wiederwahl zurückgetreten. 2013 hatte Entholzer 95,5 Prozent erhalten.
"Ich sehe mich als Teamchef", meinte der neue Vorsitzende nach der Wahl. Er wolle die Mannschaft so umbauen, dass sie "wieder um den Aufstieg mitspielen" könne.
Als Stellvertreter wurden der künftige Sozialminister Alois Stöger (94,6 Prozent), Frauenvorsitzende Sabine Promberger (97,8 Prozent), die Dritte Landtags-Präsidentin Gerda Weichsler-Hauer (94,6 Prozent) und Landtags-Klubobmann Christian Makor (93,8 Prozent) gewählt. Letzterer war statt des Linzer Bürgermeisters Klaus Luger angetreten, der am Freitag seine Kandidatur zurückgezogen hatte.
Zum Thema der Jahreskampagne 2016 wurde von den Delegierten "Leistbares Wohnen" gewählt. Zur Auswahl wären noch Ganztagsschulen und regionale Gesundheitsvorsorge gestanden. Am Anschluss an die Bekanntgabe wurden Postkarten an FPÖ-Wohnbaulandesrat Manfred Haimbuchner ausgeteilt, um ihm die Forderungen mitzuteilen
Hundstorfer kam nicht
Für den Parteitag hatte sich eigentlich auch der soeben präsentierte Präsidentschaftskandidat Rudolf Hundstorfer angekündigt, er glänzte aber durch Abwesenheit. Der Rahmen dürfte für die Präsentation des bisherigen Sozialministers doch etwas zu chaotisch gewesen sein. Das Programm des Parteitags wurde eilig abgeändert. Bei den Unterlagen und Werbematerialien war das nicht mehr möglich: Auf ihnen prangte noch Entholzers Konterfei.
282 von 314 Delegierten waren anwesend, die prominentesten Fehlenden der Linzer Bürgermeister Klaus Luger und sein Vize Christian Forsterleitner. In der Diskussion beschworen viele Redner die Einheit, betonten, dass Entholzer nicht allein an der ganzen Misere schuld sei. Am deutlichsten wurde SJ-Chefin Fiona Kaiser, die Luger scharf attackierte: "Was gestern passiert ist, hat uns in die Krise gestürzt, und das ist parteischädigend." Der Sierninger Bürgermeister Manfred Kalchmair meinte angesichts von Standing Ovations für Entholzer, es gelte offenbar: "Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer". Der Altmünsterer Ortsparteivorsitzende Helmut Berger kritisierte mangelndes Profil und Mut: "Insgesamt sind unsere Spitzenpolitiker so farblos, dass wir die Parteifarbe von rot auf durchsichtig ändern sollten."
Entholzer räumte Fehler ein
"Heute ist nicht der Tag der Abrechnung, sondern der Tag, um endlich geschlossen zur Partei zu stehen und zu ihrer Führung", appellierte Entholzer an die Delegierten. Er räumte aber auch Fehler ein: "Ich habe nach der schmerzhaften Wahlniederlage versucht, der Partei wieder einen Impuls zu geben. Das ist mir nicht gelungen." Kritikern richtete er aus: "Natürlich kann man seine Meinung sagen, aber man soll kein Klugscheißer sein" und respektvoll bleiben. Er betonte: "Es ist nicht der Linzer Bürgermeister schuld, dass ich nicht mehr kandidiere. Es ist die Gemeinschaft, die es gestern nicht geschafft hat, zusammenzustehen."
Faymann forderte Disziplin
Kanzler und Bundesparteichef Werner Faymann mahnte Disziplin ein, sonst werde die SPÖ "als zersplitterter Haufen" wahrgenommen. "Wir werden nicht daran gemessen, was wir uns intern alles hineingesagt haben", sondern daran, was man umgesetzt habe. Ein Parteivorsitzender brauche gute Nerven und Klugheit. Aber er würde sich wünschen, dass er diese "nicht für die eigene Partei braucht", sondern für die Anliegen der Bevölkerung.
Der neue Vorsitzende Kalliauer dankte seinem Vorgänger, forderte aber auch eine Neuausrichtung: "Wir müssen uns organisatorisch neu aufstellen. Wir brauchen eine inhaltliche Schärfung und die eine oder andere personelle Weichenstellung." Kalliauer beschwor auch die Konzentration auf Sachthemen, etwa die Pensionen: Wenn sich die SPÖ dabei nicht entsprechend artikuliere, helfe es auch nicht, enttäuschende Wahlergebnisse zu beklagen.
Der Landesparteitag, zu dem rund 500 Gäste, darunter 314 Delegierte, im Linzer Design Center erwartet werden, schien lange Zeit ein Routineereignis zu werden: Auch wenn die SPÖ bei der Landtagswahl Ende September herbe Verluste einstecken musste, schien sich Entholzer zunächst an der Spitze zu halten. Er sollte am Samstag wiedergewählt werden. Allerdings wurden hinter vorgehaltener Hand immer wieder Zweifel daran geäußert, ob er mit seinem Projekt "Neustart" wirklich die Partei zu alter Stärke führen könne. Doch es mangelte auch an personellen Alternativen.
Überraschung
Als Entholzer am Freitag überraschend seine Entscheidung bekannt gab, den bisherigen Landesgeschäftsführer Peter Binder durch Sabine Schatz zu ersetzen, brach die Revolte los. Binder hatte bereits im Herbst seinen Rücktritt angekündigt nachdem es Kritik an seiner Wahlkampfführung gegeben hatte, wurde aber damals von Entholzer zurückgepfiffen. Wenige Wochen nach Binders Rücktritt vom Rücktritt folgte dann aber doch die Ankündigung seine Ablöser, offenbar für so manchen hochrangigen Genossen völlig überraschend. Der Linzer Bürgermeister Klaus Luger legte aus Protest postwendend seine Funktionen in der Landespartei nieder.
Luger dürfte aber nicht der einzige gewesen sein, dem Entholzers Alleingang sauer aufstieß. Noch in der Nacht trat das Parteipräsidium zu eine Krisensitzung zusammen. An deren Ende teilte Entholzer mit, doch nicht als Vorsitzender zu kandidieren. Stattdessen soll AK-Präsident und ÖBG-Vorsitzender Johann Kalliauer interimistisch die Partei führen und ein neues, junges Team aufbauen.
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