Löger angelobt, aber: "Wie spricht man Ibiza aus?"

Löger angelobt, aber: "Wie spricht man Ibiza aus?"
Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat die Minister ihrer Ämter enthoben und sie solgeich interimistisch wieder eingesetzt.

Am Tag nach dem erfolgreichen Misstrauensvotum gegen die gesamte Regierung, hat Van der Bellen heute die laut Bundesverfassung vorgeschriebene Amtsenthebung der Regierungsmitglieder vorgenommen - und sie sogleich wieder eingesetzt. Die Agenden von Ex-Kanzler Sebastian Kurz übernimmt derweil Hartwig Löger. Vizekanzler wurde keiner mehr angelobt, da "es keinen brauche", wie es von Seiten der Hofburg hieß.

Regierung enthoben und mit Fortführung betraut

Der frisch gebackene Übergangs-Bundeskanzler Hartwig Löger reist nun mit Zuversicht zum EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs nach Brüssel. Er habe schon Kontakte zu seinen europäischen Kollegen. Auf Ministerebene habe er gute Verbindungen, und daran könne er gut anknüpfen, sagte der Finanzminister unmittelbar nach seiner Angelobung als Übergangs-Kanzler vor Journalisten in der Hofburg.

Seine neue Aufgabe gehe er genau so positiv wie seine bisherige, sagte Löger. Er freue sich, die Verantwortung zu übernehmen.

Van der Bellen kritisierte wohl Kurz

"Ich habe ja bereits eine gewisse Übung in diesen Dingen", sagte Van der Bellen zu Beginn seiner Ansprache und erntete ein paar Lacher. Er gemahnte anfangs den Respekt aller österreichischen Politiker ein und plädierte für ein besseres Miteinander. "Dann kann man Auseinandersetzungen führen und auch richtig streiten", sagte Van der Bellen.

"Das schnelle Interview, die schnelle Social-Media-Kampagne, genügt nicht immer", sagte der Präsident wohl mit einem kleinen Seitenhieb auf Ex-Kanzler Kurz und betonte, wie wichtig das "gemeinsame Ringen" sei. "Wenn man nicht miteinander redet, das rächt sich dann", sagte Van der Bellen. Es reiche "eben nicht in einer Demokratie, wenn man mit den anderen nur redet, wenn man sie braucht".

Löger angelobt, aber: "Wie spricht man Ibiza aus?"

Van der Bellen bei seiner Ansprache

Blümel und Faßmann sehen keine Kritik an Kurz

Als Kritik am abwesenden Ex-Bundeskanzler Kurz wollte das Kanzleramtsminister Gernot Blümel nicht verstanden wissen: "Ganz im Gegenteil. Ich weiß, wie viel in der Vergangenheit gesprochen wurde." Blümel wertete es als generellen Appell des Bundespräsidenten. Justizminister Josef Moser verteidigte Kurz ebenfalls. Der bisherige Bundeskanzler habe Gespräche mit allen geführt.

Für Bildungsminister Heinz Faßmann ist das "allgemeine Credo", miteinander zu reden, zu unterschreiben. Er habe immer mit allen gesprochen, weil er den Dialog für wichtig halte. Wortlos gingen hingegen die vier neu in die Regierung geholten Experten an den Journalisten vorbei.

Enthoben und angelobt

Auch einen kurzen Bezug auf das Ibiza-Video konnte er sich nicht verkneifen. "Ibiza, 'Ibipha', wie spricht man das eigentlich aus?", fragte Van der Bellen in die Runde.

Das verstörende Sittenbild aus Ibiza hätte ein verzerrendes Bild dessen wiedergegeben, "was Österreich wirklich verkörpert". "Das ist nicht typisch für uns Politiker und auch nicht für die anderen", meinte Van der Bellen. Er betraute nach Enthebung der Bundesregierung Hartwig Löger und die restlichen Regierungsmitglieder nach Artikel 71 des Bundesverfassungsgesetzes mit der interimistischen Führung.

Die Enthebung der bisherigen Regierung war laut Verfassung notwendig, weil ihr der Nationalrat am Montag das Misstrauen ausgesprochen hatte.

Löger angelobt, aber: "Wie spricht man Ibiza aus?"

Interims-Kanzler Hartwig Löger bei der Unterschrift.

Es folgten das bereits altbekannte Gelöbnis, der obligatorische Handschlag und die notwendige Unterschrift, um diesen Vorgang zu besiegeln. Sebastian Kurz war bei der Zeremonie nicht anwesend. Blümel rechtfertigte Kurz' Abwesenheit damit, dass es gestern noch ein Gespräch zwischen dem ÖVP-Chef und dem Bundespräsidenten gegeben habe. Dabei habe Kurz versichert, dass er "jede Entscheidung zu 100 Prozent unterstützen wird", erklärte Blümel.

Es wird übrigens davon ausgegangen, dass die neue Übergangsregierung ohne die jetzigen Experten auskommen muss, weil diese vom Parlament abgewählt wurden.

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