Leitl: "Es hätte Spindelegger zerrissen"

War da was? ÖVP-Chef Michael Spindelegger mühte sich Donnerstagabend, der versammelten Medienlandschaft zu erklären, er könne sich Gerüchte über Personalrochaden nicht erklären. Tapfer lächelnd, umgeben von Landesparteichefs und Ministern, sprach er über die Wehrpflicht. Die Herkunft der Gerüchte? "Da müssen Sie die fragen, die die Gerüchte in die Welt gesetzt haben." Laut Spindelegger die Medien.
Einen Tag später wagte sich Wirtschaftskammer-Boss Christoph Leitl aus der Deckung. Er gab im ORF-Interview zu Protokoll, es habe sehr wohl Ideen gegeben, dass Spindelegger vom Außen- ins Finanzministerium wechselt. "Es hat da eine Überlegung gegeben, von der wurde nichts gehalten." Vor dem Hintergrund der Eurokrise hätte es den "Michael Spindelegger aber zerrissen. Das wäre in niemandes Interesse. Man kann nicht auf allen Hochzeiten gleichzeitig tanzen."
Auf die Frage, ob Spindelegger Spitzenkandidat bei der Wahl 2013 werden solle, sagte Leitl: "Warum denn nicht. Er bemüht sich sehr. Er ist grundanständig."
Nicht stattgefundene Personalrochaden
Laut KURIER-Recherchen versuchte Spindelegger schon Anfang August seinen Plan intern auf die Beine zu stellen: Demnach wollte er selber ins Finanzministerium, Klubobmann Karlheinz Kopf durch Finanzministerin Maria Fekter ablösen und ins Präsidium des Nationalrates verschieben.
Der zweite Präsident des Nationalrates, Beamtengewerkschafter Fritz Neugebauer, hätte das Feld räumen müssen – schwer vorstellbar, zumal er vom Plenum des Nationalrates bis zum Ende der Legislaturperiode gewählt wurde. Insgesamt ein Vorhaben, das "nur ein sehr starker Parteiobmann dahebt", wie ein langjähriger ÖVP-Kenner urteilt.
Wer Urheber der Idee war, ist unklar. Intern kolportiert wurde anfangs auch der Niederösterreichs Landeschef Erwin Pröll, der das aber "als reine Lüge" bezeichnet.
Maria Fekter dürfte den Wechsel in den Klub als Karriere-Abstieg gesehen haben. Aus ÖVP-Kreisen heißt es, sie hätte sich "mit Händen und Füßen dagegen gewehrt" und in der Vorwoche mit Karlheinz Kopf eine Abwehrstrategie erarbeitet.
ÖVP-intern ist nun von "vielen Irritationen" die Rede. Vor allem viele Funktionäre und Bürgermeister verstünden nicht, was die "da oben an der Spitze aufführen", formuliert ein Spitzenfunktionär.
Für den Politologen Fritz Plasser ist sowohl die ÖVP als auch ihr Obmann geschwächt. Die Partei sei in einem "bejammernswerten Zustand", sagte Plasser im ORF-Radio-Mittagsjournal, der Parteichef nicht zuletzt auch durch das Vorpreschen des Landeshauptleute zur Wehrpflicht-Volksbefragung desavouiert worden.
Keine guten Vorzeichen also für die Wahl 2013, bei der die Partei laut Plasser auf unter 20 Prozent rutschen könnte. Die Chancen Spindeleggers auf dem Chefsessel zu bleiben, sieht er bei 50 Prozent.
Auch Meinungsforscher Peter Ulram von ecoquest hält ein Abgleiten auf unter 20 Prozent für möglich, zumal sich die Konkurrenz an wahlwerbenden Gruppen durch die Stronach-Partei und andere neue Liste vergrößern werde.
Volksbefragung zur Wehrpflicht war nur eine Nebenfront
Offiziell hat man kaum über etwas anderes gesprochen: Überlagert von der Personaldebatte einigte sich die ÖVP bei ihrem nächtlichen Treffen am Donnerstag auf die weitere Vorgangsweise in der Wehrpflicht-Debatte.
Dem Vernehmen nach soll Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll ausgiebig zum Thema referiert haben – war er es doch, der in einem KURIER-Interview am vergangenen Sonntag als erster eine Volksbefragung gefordert hatte. Kritische Äußerungen von Wirtschaftsbundchef Christoph Leitl und dem steirischen VP-Obmann Hermann Schützenhöfer im Vorfeld wurden deutlich kritisiert.
Neben der Umfragelage ging es vor allem um die Kampagne und die Kostenaufteilung auf die Landesorganisationen. Auch auf die präferierte Fragestellung einigte man sich. Die ÖVP setzt auf Feuerwehr und Rettung und will unbedingt das Schicksal des Zivildienstes in die Frage integrieren.
Die SPÖ will lieber in einfacher Form die beiden Heeresmodelle gegenüberstellen. Am Freitag starteten die Verhandlungen über den Fragetext – vorerst auf Kabinettsebene. "Wir sind zuversichtlich, dass ein brauchbarer Kompromiss herausschauen wird", heißt es aus dem Verteidigungsministerium. Kommende Woche verhandeln die Minister. VP-Ministerin Johanna Mikl-Leitner: "Ich bin überzeugt, dass die Fragestellung bis Mitte September steht."
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