Leichtfried zu Gewessler: "Angriff auf die Demokratie"

Jörg Leichtfried, Club 3
SPÖ-Vizeklubobmann Jörg Leichtfried sieht Regierung am Ende.

Auf Bundesebene ist Jörg Leichtfried hinter Parteichefin Pamela Rendi-Wagner die Nummer zwei der SPÖ. Im Club 3-Interview fordert er einen Gaspreisdeckel und geht mit den beiden grünen Ministerinnen Alma Zadić (Justiz) und Leonore Gewessler (Verkehr) hart ins Gericht.

KURIER: Österreich ist das Land mit den zweithöchsten Ausgaben gegen die Teuerung. Der SPÖ ist das aber immer noch zu wenig. Was soll noch kommen?

Jörg Leichtfried: Wir müssen in den Gasmarkt eingreifen. Die derzeitigen Preise überlasten das Gewerbe, die Dienstleister und die Industrie, die im internationalen Vergleich nicht mehr konkurrenzfähig bleiben kann. Ein Wirt hat mir kürzlich erklärt, er müsse statt 60.000 Euro für Energie nun 600.000 Euro pro Jahr bezahlen. Das kann sich nicht ausgehen. Auch nicht die 400.000 Euro, die es nach der Stützung der Bundesregierung von dieser Woche noch immer sind. Daher muss die EU für alle Mitgliedstaaten Gas kostengünstiger einkaufen und dann billiger an die Mitgliedsstaaten verkaufen. Da brauchen wir einen Deckel von 50 Euro pro Megawattstunde, begrenzt auf zwei Jahre. Österreich kostet das neun Milliarden Euro pro Jahr, aber alleine der Preisvorteil beim Strom wären 21 Milliarden.

Club 3 mit Jörg Leichtfried

Das ist in der EU aber derzeit nicht mehrheitsfähig. Brauchen wir einen österreichischen Alleingang?

Ich habe die Politik in der EU so kennengelernt, dass man auch als kleiner Staat etwas bewegen kann. Aber die Regierung vertritt ja diesen Vorschlag auf EU-Ebene nicht einmal. Die Frau Gewessler und der Herr Bundeskanzler fahren immer ohne Plan nach Brüssel und kommen wieder ohne Plan zurück. Aber wenn es auf europäischer Ebene nicht gelingt, dann muss Österreich den Deckel alleine einführen. Spätestens am 1. Dezember brauchen wir ihn.

Auch im von der SPÖ regierten Wien wurden allerdings die Preise erhöht, im Fall der Fernwärme fast verdoppelt …

Das ist ja fast logisch, weil die Länder nicht die politischen Mittel haben, um Preise ihrer Landesenergieversorger zu senken. Die Unternehmen müssen ja die Preissteigerungen weitergeben.

Kann es auf Bundesebene in absehbarer Zeit wieder eine Koalition von ÖVP und SPÖ geben, oder sitzt die Feindschaft zu tief?

Den Begriff Feindschaft würde ich massiv ablehnen, für mich ist es ein Wettbewerb der Ideen. Was künftige Koalitionen betrifft, sehe ich das sehr trocken. Zuerst muss es so schnell wie möglich Wahlen geben. Diese Regierung streitet ja nur mehr. Zum Beispiel gerade beim Bundesstaatsanwalt.

Jörg Leichtfried, Club 3

Wie ist dabei Ihre Meinung?

Ich glaube, dass wesentliche staatliche Organe immer vom Parlament mit breiter Mehrheit bestellt werden sollten. Es darf kein wesentliches politisches Organ geben, das nicht dem Parlament gegenüber gewisse Pflichten haben muss. Dazu kommt ein Vorschlag, der die Untersuchungsausschüsse verunmöglichen will. Da ist sehr, sehr viel daneben gegangen.

Verkehrsministerin Gewessler will den Bau des Lobau-Tunnels verhindern. Wäre der Bau für die SPÖ eine Koalitionsbedingung gegenüber den Grünen?

Was ich bei der ganzen Sache nicht verstehe: Es gibt eine geltende Rechtslage, es gibt Gesetze, die gelten. Wenn man es anders will, muss man die Gesetze ändern. Und die Frau Gewessler weigert sich, einen Gesetzesvorschlag ohne Lobau-Tunnel zu machen. Was da vorgeht, ist ein Angriff auf die parlamentarische Demokratie in unserem Land.

Club 3: Aussagen von Jörg Leichtfried

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