Korruption: Freikauf fällt, Anfütterverbot umkämpft

Eine Person steckt einen zusammengefalteten 100-Euro-Schein in die Tasche eines Anzugs.
Bei Amtsmissbrauch wird es nicht mit Geldbußen getan sein. Nach heftiger Kritik hat Ministerin Karl diesen Plan ad acta gelegt.

So schnell kann es gehen. Kaum hat Beatrix Karl ihren Plan präsentiert, muss sie ihn auch schon ad acta legen. Die ÖVP-Ministerin wollte eine neue Form der Diversion für Vermögens-, Amts- und Korruptionsdelikte; Staatsanwälte sollten auf ein Verfahren und Strafe verzichten können, wenn der Beschuldigte eine Geldbuße leistet. Das wird nun aus dem Sparpaket der Regierung herausgenommen; in einer Arbeitsgruppe solle darüber weiter diskutiert werden, sagte Karls Sprecherin Dienstag Nachmittag. Kurz davor hatte es im Justizministerium hinter vorgehaltener Hand gegenüber dem KURIER geheißen: „So, wie es geplant war, wird es wohl nicht kommen.“

Der Grund für Karls Rückzieher war der täglich heftiger werdende Widerstand gegen ihr Vorhaben. Richter- und Rechtsanwältevertreter, die Justizgewerkschaft, Strafrechtsexperten, der Verfassungsdienst des Kanzleramts, der Rechnungshof – sie alle hatten schwere Bedenken. Durch diese Art der Diversion „könnte die Aufklärung gravierender Korruptionsfälle erschwert oder unmöglich gemacht werden“, befanden etwa die Prüfer der Republik.

Viele Kritiker verwiesen auch auf die Optik. Etwa der Strafrechtler Andreas Venier: „Gerade in Zeiten, in denen eine härtere Gangart gegen Großkorruption angesagt ist, wäre das Absehen von einer Anklage und förmlichen Verurteilung das falsche Signal.“

Schelte der SPÖ

Eine Frau und ein Mann im Gespräch, umgeben von weiteren Personen und Fotografen.

Auch der Koalitionspartner hieß Karls Vorhaben nicht gut. Er sei „grundsätzlich dafür, die Diversion auszuweiten. Aber nur auf den vermögensrechtlichen Bereich, wie etwa Diebstahl“, sagte SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim dem KURIER. Nicht infrage komme die Diversion „bei Amtsdelikten, also bei Amtsträgern wie Politikern und Beamten. Sonst heißt es wieder: Die Politik kann es sich richten.“ Jarolim verwahrte sich auch gegen Diversion, wenn der Sachverhalt noch nicht geklärt ist: „Das ist Blödsinn. Ich kann nicht über etwas entscheiden, von dem ich noch nicht weiß, was es ist. Ich muss doch das Delikt-Volumen genau beurteilen.“ An Karls Stil stieß sich der Abgeordnete ebenfalls: „Normalerweise setzen sich die Koalitionäre zusammen, reden über Änderungen. In dem Fall ist das erstaunlicherweise nicht passiert.“

Schelte der ÖVP

Karls Vorschlag der Diversion bei Amtsmissbrauch war offenbar selbst ÖVP-intern nicht abgesprochen. Wie der KURIER aus gut informierten Regierungskreisen erfahren hat, sind sowohl Parteichef Michael Spindelegger als auch Klubobmann Karlheinz Kopf gegen die Diversion bei Amtsmissbrauch. Man hielt Karl vor, dass sie am Höhepunkt der Korruptionsvorwürfe, die der U-Ausschuss aufdeckt – also zur Unzeit – mit dem Vorschlag komme, sich freikaufen zu können. Karl soll sich intern damit verteidigt haben, dass sie damit den Wunsch der Staatsanwälte erfülle. „Bist du eine Politikerin oder eine Beamtin?“, soll Kopf sie angefahren sein. Um nachzulegen: „Dieses Gesetz geht so sicher nicht durchs Parlament.“

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