Schumann: "Pensionsunterschied zwischen Männern und Frauen ist unerträglich"
Am Dienstag startet die ÖGB-Frauenkonferenz. Der KURIER sprach mit ÖGB-Vizechefin Korinna Schumann über Gender-Budgets, Kinderbetreuung – und die Mitgliederbefragung der SPÖ:
KURIER: Frau Schumann, die ÖGB-Frauen wollen ein „gendergerechtes Budget“ und auch solche Steuern. Was ist das? Verschiedene Steuersätze für Männer und Frauen ja wohl eher nicht …
Korinna Schumann: Wir haben die vergangenen Budgets analysiert und sehen eines: Von den verteilten Mitteln kommen 69 Prozent Männern und 31 Prozent Frauen zugute. Unser Anliegen meint, dass die jüngsten Krisen die Situation von Frauen verschärft haben. Daher geht’s bei künftigen Budgets darum, die Arbeits- und Lebenssituation der Frauen zu verbessern.
Inwiefern haben die Krisen Frauen stärker getroffen? Maßnahmen wie der Familienbonus waren ja nicht ans Geschlecht gebunden.
Der Familienbonus ist ein gutes Beispiel: In 70 Prozent kommt er Männern zugute, weil er auf die Höhe des Einkommens fokussiert und Männer mehr verdienen. Mir geht es um eine Neubewertung von Arbeit. In der Krise hat sich gezeigt, dass Branchen, die man als Systemerhalter bezeichnet, von Frauen dominiert werden. Die Arbeitsbedingungen haben sich aber nicht verbessert. Ein anderer Punkt: die Einkommensschere. Hier ist Österreich in Europa Schlusslicht. Und auch bei den Pensionen liegt vieles im Argen: Kindererziehungszeiten werden nicht ausreichend angerechnet, der Pensionsunterschied zwischen Männern und Frauen liegt weiter bei 40 Prozent. Das ist unerträglich!
Und die Vereinbarkeit von Job und Familie?
Sie ist so lange mangelhaft, solange es keinen Rechtsanspruch auf einen Gratis-Kindergarten ab dem 1. Geburtstag gibt. Das ist im Übrigen auch eine Forderung, die viele Arbeitgeber unterstützen. Ja, da geht nicht von heute auf morgen und Gemeinden wie Bürgermeister müssen wissen, dass die Kosten für die Kinderbetreuung nicht bei ihnen hängen bleiben. Aber wir müssen hier größere Anstrengungen unternehmen.
Sie kennen den Einwand, dass viele Menschen nicht in Teilzeit sind, weil sie müssen, sondern weil sie das wollen ...
Da widerspreche ich: Wir wissen von 60.000 Frauen, die mehr oder in Vollzeit arbeiten würden, aber aufgrund der Rahmenbedingungen nicht können. Und dann gibt es Branchen, die keine Vollzeitjobs anbieten oder wo die Belastung so hoch ist, dass Frauen sagen: “Ich kann einfach nicht Vollzeit arbeiten.“
Die Zahlen bei der Männerkarenz sind auch eher überschaubar. Wie schafft man es, mehr Männer zu überzeugen, in Karenz zu gehen?
Wir haben gemeinsam mit der Arbeiterkammer das Modell einer Familienarbeitszeit vorgeschlagen. Hier geht es im Prinzip darum, dass Männer, die ja meist Vollzeit arbeiten, Arbeitszeit reduzieren und dass die Frauen dann im selben Ausmaß die Arbeitszeit steigern. Damit das Familieneinkommen gleich bleibt, springt der Staat mit einer Zuzahlung ein. Viele junge Männer wünschen sich, mehr Zeit mit den Kindern zu verbringen.
In Deutschland wird eine Kindergrundsicherung diskutiert. Ist das für Sie sinnvoll?
Kinder haben ein Recht, sich zu entwickeln und vor Armut bewahrt zu werden. Kinderarmut ist unerträglich – noch dazu in einem so reichen Land. Aus all den Erzählungen und all den Gesprächen, die wir führen, wissen wir, dass es viel zu viele Kinder gibt, die nicht an Schulausflügen teilnehmen können, weil das Geld fehlt, oder die keine neuen Schuhe bekommen, obwohl das alte Paar durchgetreten ist.
Noch eine abschließende Frage zur SPÖ: Hier ist mit der Mitgliederbefragung gerade ein einmaliger Prozess im Laufen. Wen werden Sie unterstützen?
Ich finde, wir haben drei sehr starke BewerberInnen, und die SPÖ-Frauen werden die inhaltlichen Antworten aller KandidatInnen veröffentlichen. Ich selbst werde aber keine Empfehlung abgeben. Die Parteimitglieder sind mündig genug, sich selbst ein Bild zu machen.
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