Konsulate für Südtiroler öffnen: Italien legt Protest ein

Kompatscher (li.) und Kurz bei einem Wien-Besuch im März
Südtiroler Landeshauptmann bewertet Gesetzesentwurf positiv, aus Rom kommt heftige Kritik. Außenministerium spricht von "unfertigem" Entwurf.

Ein Entwurf des Konsulargesetzes, der Südtirolern konsularischen Schutz durch Österreich verbriefen sollte, sorgt für heftige Kritik aus Italien. Außenminister Angelino Alfano legte offiziellen Protest gegen die Klausel ein. Das Außenministerium in Wien zog unterdessen seinen Begutachtungsentwurf zurück.

"Bei dem Gesetzesentwurf zum Konsulargesetz handelt es sich um einen noch unfertigen Entwurf, der irrtümlich an das Parlament übermittelt worden war und folglich wieder von der Parlamentshomepage entfernt wurde", bestätigte der Sprecher des Außenministeriums, Thomas Schnöll, am Donnerstagvormittag.

Aus dem Büro von Europaminister Gernot Blümel (ÖVP) hieß es auf Nachfrage: "Derzeit laufen noch Gespräche mit dem Koalitionspartner, was eine mögliche Unterstützung für Südtiroler in konsularischen Fragen betrifft. Wir sind zuversichtlich, dass wir den Entwurf bald zur Begutachtung bringen können."

Von Parlamentshomepage entfernt

Auch Parlamentssprecher Karl-Heinz Grundböck bestätigte, dass das Außenministerium angesucht hatte, den Entwurf wieder von der Parlamentswebsite zu entfernen. Diesem Ansuchen habe man Folge geleistet, eine Angabe von Gründen sei in solchen Fällen nicht nötig, so Grundböck.

Das Gesetz soll eine EU-Richtlinie umsetzen, die einheitliche Standards bezüglich des konsularischen Schutzes von Unionsbürgern im Ausland vorsieht. Die EU-Richtlinie muss bis 1. Mai umgesetzt sein. Demnach können sich Unionsbürger an konsularische Vertretungen eines anderen Mitgliedsstaates wenden, wenn das eigene Heimatland in diesem Staat keine diplomatische Vertretung hat. Deutsch- und ladinischsprachige Südtiroler sollten nach der ursprünglichen Vorlage aber offenbar die Möglichkeit bekommen, das österreichische Konsulat zu wählen, auch wenn ein italienisches Konsulat vorhanden ist.

Diskussionen in Italien

Diese Klausel sorgt in Italien für Diskussionen. Außenminister Alfano betonte in einer am Donnerstag veröffentlichten Presseaussendung, die Klausel widerspreche den europäischen Regeln in Sachen europäische Staatsbürgerschaft und dem internationalen Recht. "Sie ist außerdem absolut nicht im Einklang mit der Kooperation, die zwischen europäischen Ländern bestehen sollte." Daher habe er den italienischen Botschafter in Wien beauftragt, bei der Regierung in Wien offiziellen Protest gegen die Klausel einzureichen, schrieb Alfano.

Die Mitte-Rechts-Partei Forza Italia klagte über "neuerliche Einmischung Österreichs in die internen Angelegenheiten Italiens", wie die Südtiroler Forza Italia-Parlamentarierin, Michaela Biancofiore, am Donnerstag betonte. Sie schloss eine Klage ihrer Partei bei der UNO gegen Österreich wegen Verletzung der internationaler Abkommen nicht aus.

Laut der scheidenden Präsidentin der autonomen Region Friaul Julisch Venetien, Debora Serracchiani, drohe die Klausel das Prinzip der "loyalen Zusammenarbeit" unter EU-Mitgliedsstaaten infrage zu stellen. Laut Serracchiani müsste das Aufflammen des Nationalismus aktiv bekämpft werden. Dieses sei eines der schlimmsten Übel Europas.

Kompatscher nennt praktische Gründe

Der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher bewertete den Begutachtungsentwurf in einer Aussendung hingegen positiv. "Deutsch- und ladinischsprachigen Südtirolern würde mit der Verabschiedung dieses Gesetzes die Möglichkeit eröffnet, bei Bedarf im Ausland neben dem italienischen Konsulat auch das österreichische aufsuchen zu können", erklärte Kompatscher. Dies sei von praktischem Nutzen und ermögliche den Gebrauch der Muttersprache im Ausland.

Als eine "weitere Bekräftigung der Verbundenheit und Schutzfunktion mit uns Südtirolern" bezeichnete Freiheitlichen-Obmann Andreas Leiter Reber die Regierungsvorlage zum neuen österreichischen Konsulargesetz in einer Aussendung. "Viele Südtiroler werden sich auf die Verabschiedung dieses Gesetzes freuen, denn dadurch können die Dienste aller österreichischen Botschaften im Ausland genutzt werden", so Leiter Reber.

Verwunderung bei FPÖ

Verwundert über die Kritik an dem Ministerialvorschlag zeigte sich der freiheitliche Südtirol-Sprecher Werner Neubauer. Mit dem neuen Gesetz werde "lediglich eine EU-Richtlinie umgesetzt, die einheitliche Standards bezüglich des konsularischen Schutzes von Unionsbürgern im Ausland vorsieht". Das Gesetz "ersetzt nicht die Verleihung einer österreichischen Staatsbürgerschaft". "Wenn nun politische Mitbewerber meinen, öffentlich Unwahrheiten zu diesem Sachverhalt verbreiten zu müssen, um die doppelte Staatsbürgerschaft für die österreichische Volksgruppe in Südtirol zu verhindern, dann sei ihnen gesagt, dass dies ein ebenso leicht durchschaubares wie untaugliches Mittel ist", betonte Neubauer.

Laut Regierungsprogramm wollen ÖVP und FPÖ deutsch- und ladinischsprachigen Südtirolern die Doppelstaatsbürgerschaft einräumen. Konkret geht es darum, "den Angehörigen der Volksgruppen deutscher und ladinischer Muttersprache in Südtirol, für die Österreich auf der Grundlage des Pariser Vertrages und der nachfolgenden späteren Praxis die Schutzfunktion ausübt, die Möglichkeit einzuräumen, zusätzlich zur italienischen Staatsbürgerschaft die österreichische Staatsbürgerschaft zu erwerben".

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