Kinderbetreuung: Länder lehnen die Mittelkürzungen ab
Sechs Bundesländer haben eine gemeinsame Stellungnahme zum Bundesvorschlag für den Ausbau der Kinderbetreuung verfasst. In der zehnseitigen Unterlage, die der APA vorliegt, wird etwa die geplante Mittelkürzung und die Verknüpfung mit dem Thema Kopftuchverbot für Kinder kritisiert. Indes wird die Verschiebung der Vereinbarung um ein Jahr vorgeschlagen.
Das derzeit in der Landeshauptleutekonferenz vorsitzführende Burgenland, Kärnten, Oberösterreich, Steiermark, Vorarlberg und Wien haben sich auf eine gemeinsame Position geeinigt. Kritik kommt auch aus Salzburg, Tirol und Niederösterreich, die drei Länder haben jedoch eigene Briefe an das Familienressort verfasst, da sie Polemik ablehnen, wie es etwa aus Salzburg und Niederösterreich hieß.
In der Stellungnahme der sechs Bundesländer betonen diese, dass es für ein bedarfsgerechtes und qualitatives Kinderbetreuungsangebot die entsprechende Ausstattung mit finanziellen Mitteln brauche. Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, die Länder "auch in Zukunft mit dem gleichen Engagement wie bisher zu unterstützen und von einer Mittelkürzung Abstand zu nehmen". Seitens des Bundes standen hierfür bisher rund 140 Mio. Euro zur Verfügung, künftig sollen es 110 Mio. Euro sein.
Vor allem für das Gratiskindergartenjahr sollen "mindestens gleichviel" an Bundesmitteln zur Verfügung stehen. Die vorgeschlagenen Mindestprozentsätze für die Verwendung (mindestens 33 Prozent für den Ausbau, mindestens 22 Prozent für die sprachliche Frühförderung) werden als nicht zielführend angesehen. Abgelehnt wird auch die erhöhte Kofinanzierungspflicht von 55 Prozent. Die Kriterien für den Bezug von Bundesgeldern werden dabei als "völlig praxisfern" bezeichnet und sollen zurückgenommen werden: "Nicht erreichbare Zielvorgaben, überbürokratisierte Regelungen und zwanghaft anmutende Kontrollinstrumente sind nicht zielführend."
Kopftuchverbot
Was das geplante Kopftuchverbot betrifft, vermissen sie eine eingehende Prüfung der Verfassungskonformität. Auch sei die Relevanz des Verbots in der elementarpädagogischen Praxis "nicht ersichtlich". Die Länder monieren in einem anderen Punkt auch, dass der Entwurf nahelegen würde, dass in elementaren Bildungseinrichtungen nur mehr Deutsch gesprochen werden dürfe. Dies wies das Bildungsministerium zurück: Deutschförderung sei prioritär, aber es seien keine Sanktionen vorgesehen.
Für das Gratis-Kindergartenjahr fehlt es den Ländern noch an Präzisierungen. Auch soll geklärt werden, in welcher Form der finanzielle Ausgleich durch den Bund erfolge.
Die vorgeschlagenen Zielzustände seien unrealistisch und würden großteils nicht im Einflussbereich der Länder liegen. So sei etwa die Anhebung der Betreuungsquote pro Bundesland um einen jährlichen Fixbetrag von 2 Prozent nicht an den konkreten Bedarf angelehnt. Auch das Ziel bei der Sprachförderung sei unrealistisch. Die Länder betonen, dass ein Verfehlen der Ziele trotz entsprechender Maßnahmen nicht zu einer Rückforderung der Bundeszuschüsse führen könne.
Kritisiert wird weiters die Einschränkung des Investitionskostenzuschusses für die Schaffung zusätzlicher Betreuungsplätze für die Unter-Drei-Jährigen. Die Annahme, es gäbe bereits genug Plätze für die älteren Kinder sei falsch. Weiters soll der Investitionskostenzuschuss für räumliche Qualitätsverbesserungen erhalten bleiben.
Zum Vorschlag eines bundesweiten Werte- und Orientierungsleitfadens wird auf den bestehenden Bildungsrahmenplan verwiesen, in dem die Vermittlung gesellschaftlicher Werte bereits behandelt werde.
Die vorgesehenen Vorgaben zur Sprachstandfeststellung seien im Hinblick auf die Beobachtungszeiträume und Rückmeldungen in der Praxis nicht realisierbar. Neue Instrumente für die Sprachstanderhebung würden außerdem hohe Kosten verursachen.
Ein Thema ist auch die Qualifizierung des Personals, wobei die Länder flexiblere Anforderungen fordern. Vorgesehen sei etwa, dass pro Kindergartenjahr vier Tage Fortbildung zu absolvieren sind. Den Ländern fehlt hier Information darüber, wer diese Kosten trägt. Auch stelle sich die Frage, ob die Pädagogischen Hochschulen ausreichend Kapazitäten hierfür haben.
Als überschießend werden die Aufgaben der Länder in der Umsetzung empfunden, angeführt wird beispielsweise die Informationspflicht an den Bund über Inspektionsergebnisse. Problematisch sei auch die Zeitvorgabe, verweisen die Länder auf die nötige Anpassung von Landesgesetzen. Zwei 15a-Vereinbarungen laufen mit bereits Ende August aus, eine mit Jahresende. Vorgeschlagen wird daher, die bestehenden Verträge für ein Jahr fortzuschreiben und die Zeit für eine "fundierte inhaltliche Ausgestaltung" zu nutzen.
Abgelehnt wird von den Ländern die Verknüpfung mit der Landeslehrer-Controllingverordnung. Diese werde nicht Bestandteil der geplanten 15a-Vereinbarung sein, soll aber im Rahmen der Verhandlungen mitdiskutiert werden, hieß es dazu aus dem Familienressort.
Familienministerium verhandlungsbereit
Das Familienministerium ist verhandlungsbereit zum Ausbau der Kinderbetreuung. Die gemeinsame Stellungnahme von sechs Bundesländern werde aktuell gesichtet. Man sei jedenfalls nicht auf den Verhandlungsentwurf "festzementiert" und prüfe etwaige Kompromisse, hieß es am Dienstag gegenüber der APA.
"Ein gutes Ergebnis steht für uns im Vordergrund, wir sind verhandlungsbereit", erklärte der Sprecher von Ministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP). Es werde nun geprüft, wo man sich bewegen kann.
Die Bundesländer haben bereits bei Vorlage des Verhandlungspapiers kritisch auf die Mittelkürzung und die geforderten Kriterien reagiert. Die drei ÖVP-regierten Länder Niederösterreich, Salzburg und Tirol schlossen sich allerdings nicht der gemeinsamen Position an, sondern verfassten eigene Stellungnahmen.
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