Kickls Grenzschutz-Übung: Eigen-PR mit Actionvideo

Kickls Grenzschutz-Übung: Eigen-PR mit Actionvideo
Innenministerium produzierte Video zu Grenzschutz-Vorführung „Pro Borders“. Liste Pilz plant Anfrage zu Kosten.

500 Polizisten, 220 Soldaten, ein Hubschrauber, ein Grenzzaun, ein Wasserwerfer, Radpanzer, Container und rund 200 Migranten, die fäusteballend und bedrohlich Einlass nach Österreich fordern. Nicht Oktober 2015, sondern Juni 2018. Gemeinsam mit dem Verteidigungsministerium ließ Innenminister Herbert Kickl am Dienstag die Grenzschutzübung „Pro Borders“ abhalten. Die Szenen sollten die Gegenerzählung zu den Ereignissen von 2015 darstellen, als überforderte Behörden die Grenze öffnen mussten und Tausende Menschen unkontrolliert ins Land strömten. 

Das Setting untermauerte den theatralischen Charakter der Veranstaltung: Auf einer eigens aufgebauten Tribüne konnten Journalisten und Ehrengäste beobachten, wie als Migranten verkleidete Polizeischüler gegen die Reihen der Polizisten anstürmten und mit schwerem Gerät zurückgedrängt wurden. Die Übung sollte  auch der Präsentation der neuen Grenzschutztruppe „ Puma“  dienen. Es wurde eine martialische Show für die Medien. Eine Show, deren Aussagekraft über die realen Verhältnisse limitiert ist, sich aber hervorragend dafür eignet, ein Marketing-Video zu produzieren. 

Ein solches postete Innenminister Herbert Kickl kurze Zeit später auf seiner Facebook-Seite. Es erhielt in weniger als einem Tag mehr als 1.000 Likes und wurde rund 30.000 Mal aufgerufen. Wie im Trailer eines Actionfilms marschieren darin Polizisten und bedrohlich wirkende Flüchtlinge zu dramatischer Musik auf. Dann ein Interview mit Herbert Kickl, geführt von Mitarbeitern der Presseabteilung des Innenministeriums. Bei dem  Video handle es sich um eine Produktion des hauseigenen Videoteams, sagte ein Ministeriumssprecher am Mittwoch zum KURIER. Das Video enthalte „Information, Action und Unterhaltung, das ist Teil einer modernen Öffentlichkeitsarbeit.“ Zusätzliche Kosten seien dadurch nicht angefallen.

Das Video könnte als Teil der PR-Strategie gesehen werden, die klassischen Medien mit hausinterner, unkritischer Berichterstattung zu umgehen und Inhalte direkt in den Sozialen Medien zu verbreiten. Die Betreuung von medialen Parallelwelten mit journalistischem Anschein hat Kickl bereits in seiner Zeit als FPÖ-Generalsekretär perfektioniert. Über die Social-Media-Seiten der Parteigranden erreichen professionell aufbereitete FPÖ-Inhalte ungefiltert ein Publikum von Hundertausenden. 

Zahlen zu den Kosten der Übung gibt es laut Ministeriumssprecher noch nicht. Damit sei erst Anfang kommender Woche zu rechnen. Doch „Pro “  wird wohl bald auch das Parlament beschäftigen: Die Liste Pilz will zu den Kosten und Umständen der Veranstaltung jeweils eine parlamentarische Anfrage an die Innen- und Verteidigungsminister einbringen. 

Auch im Ausland, vor allem in Deutschland, sorgte die Grenzschutz-Präsentation für Aufmerksamkeit. Die Bild-Zeitung entsandte etwa ein Kamerateam nach Spielfeld. Der Reporter hinterfragte nicht nur den Sinn der Übung, da sie mit den möglicherweise bevorstehenden Migranten-Abweisungen an der deutschen Grenze nichts zu tun habe, sondern auch die Wahl des Schauplatzes. Ein großer Teil der Grenzübertritte nach Österreich geschehe schließlich nicht an der Grenze zu Slowenien, sondern an jener zu Ungarn, das wiederum die Südgrenze zu Serbien bereits mit einem Grenzzaun befestigt hat. Auf die Frage, wie viele Personen über Ungarn nach Österreich gelangen, habe Kickl keine Antwort gewusst, sagt der Reporter in dem Video. 

Kickls Grenzschutz-Übung: Eigen-PR mit Actionvideo

Kommentare