Kickl verlängert Grenzkontrollen: "Reiner Populismus"

Kickl verlängert Grenzkontrollen: "Reiner Populismus"
Trotz stark rückläufiger Flüchtlingszahlen sieht Innenminister Kickl Lage als "nicht ausreichend stabil". Das soll Ängste schüren, sagen die Neos.

Die Regierung macht die Verlängerung der Grenzkontrollen zu Ungarn und Slowenien nun offiziell. In einem Schreiben an Kommission, Rat und Parlament kündigt Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) an, die bis 11. November befristeten Kontrollen um ein weiteres halbes Jahr zu verlängern - also bis Mai 2019. Während der EU-Ratspräsidentschaft behält man sich auch Kontrollen an anderen Grenzen vor.

"Aufgrund nach wie vor zu hoher Zahlen von Aufgriffen illegal eingereister bzw. aufhältiger Personen und von Asylansuchen im Bundesgebiet, kommt die österreichische Bundesregierung zu dem Schluss, dass die Lage nicht ausreichend stabil ist", heißt es in dem Schreiben, das am Donnerstag nach Brüssel übermittelt werden soll. Die EU-Kommission hat Donnerstagmittag den Antrag Österreichs auf Verlängerung der am 11. November auslaufenden Grenzkontrollen erhalten. Generell sei die EU-Kommission bestrebt, die internen Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Systems auslaufen zu lassen, erklärte eine Sprecherin. Andernfalls handle es sich um einen Rückschritt für Europa. Die Kommission befürworte eher andere polizeiliche Maßnahmen.

Slowenien bekräftigt seinen Widerstand gegen österreichische Grenzkontrollen. "Diese Maßnahme ist ungerechtfertigt und unverhältnismäßig", hieß es aus dem slowenischen Innenministerium. Dass bestätigen laut dem slowenischen Innenministerium auch die Statistiken. "Diese zeigen, dass keine Gefahr von sekundärer Migration und erst recht keine Gefährdung der internen Sicherheit Österreichs besteht", hieß es in einer Mitteilung. Laut slowenischen Statistiken zu illegalen Grenzübertritten haben österreichische Sicherheitskräfte in den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres insgesamt 15 Personen nach Slowenien zurückgeschickt.

Konkrete Zahlen über Aufgriffe oder Asylanträge, die die Bedrohungslage belegen würden, nennt Kickls Schreiben übrigens nicht. Tatsächlich ist die Zahl der Asylanträge in Österreich zuletzt stark zurückgegangen: Von Jänner bis August gab es 9.337 Anträge - nur halb so viele wie in den ersten acht Monaten 2017. Eingeführt wurden die Grenzkontrollen 2015. Damals registrierte Österreich von Jänner bis August noch 46.144 Asylanträge - also fünf Mal so viele wie heuer.

NEOS beantragen Sondersitzung

Die von den NEOS beantragte Sondersitzung des Nationalrats zur Verlängerung der Grenzkontrollen findet am Freitag kommender Woche (19. Oktober) statt. Zu erwarten ist eine Dringliche Anfrage an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Der kommt allerdings nicht zur Sondersitzung, weil er laut Parlamentsdirektion "Verpflichtungen im Rahmen des EU-Ratsvorsitzes" wahrzunehmen hat. Ihn vertritt Europaminister Gernot Blümel.

Die NEOS kritisieren die "heimliche Verlängerung der Grenzkontrollen". Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger, die erstmals in neuer Rolle im Parlament auftritt, wirft der Regierung vor, Fakten zu ignorieren und Ängste zu schüren. Das Prinzip des freien Europas werde unterwandert, eine Bedrohung suggeriert. Die NEOS halten die Verlängerung der Grenzkontrollen für "reinen Populismus" und "absolut unverhältnismäßig". Das EU-Recht lasse Grenzkontrollen nur in Notsituationen zu, davon sei Österreich weit entfernt.

Konsequenzen der seit 2015 andauernden Maßnahmen aus Sicht der NEOS: 565 Staus im Sommerreiseverkehr, Belastung der Umwelt und der Steuerzahler (126,5 Mio. Euro für den Grenzeinsatz) sowie eine Behinderung von Unternehmern bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen.

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