Kern will über mehr EU reden, ÖVP und FPÖ kritisieren Personenfreizügigkeit

PK SPÖ "PARTEIPROGRAMMPROZESS" : KERN
Kern würde über ein höheres EU-Budget sprechen wollen. Blümel hält die Aufhebung der Einstimmigkeit bei Beschlüssen über EU-Militäreinsätze möglich.

SPÖ-Chef Christian Kern tritt für eine Verlagerung von nationalen Kompetenzen an die Europäische Union und ein höheres EU-Budget samt eigenen Steuereinnahmen ein. Über Vertragsänderungen solle das Volk entscheiden, sagte Kern dem Nachrichtenmagazin "profil": "Ich halte eine leidenschaftliche Debatte über Europa für eine Chance. Da hätte ich auch absolut keine Angst vor einer Volksabstimmung."

"Auch wenn es gerade nicht populär ist: Aber ich halte die Idee, Europa souveräner zu machen und dafür nationale Handlungsspielräume zumindest offen infrage zu stellen, für absolut richtig", sagte der Ex-Kanzler. Konkret kann er sich ein höheres Maß an europäischer Integration in den Bereichen Wirtschaftspolitik und Asyl vorstellen. Auch Mehrheitsentscheidungen über die - in Österreich sehr umstrittenen - Handelsverträge wie CETA könne er sich "vorstellen".

Anders als die Bundesregierung tritt Kern auch für ein höheres EU-Budget in der nächsten Finanzperiode ein. "Ich wäre auch durchaus bereit, über höhere Beitragszahlungen zu diskutieren. Kommt ganz darauf an, was mit den zusätzlichen Mitteln passiert. Mehr Investitionen in Infrastruktur, Klimaschutz, Bildung oder Forschung rentieren sich langfristig." Die SPÖ wünsche sich auch eigene Finanzierungsquellen für die EU, etwa durch eine Digital- oder Finanztransaktionssteuer. Auch eine Plastiksteuer - wie von der EU-Kommission ins Spiel gebracht - halte er "für einen legitimen Ansatz".

Regierung kritisiert eine der Grundfreiheiten

Europaminister Gernot Blümel (ÖVP) trat hingegen in derselben Ausgabe des Nachrichtenmagazins dafür ein, dass die nationale Souveränität der Mitgliedsstaaten erhalten bleiben müsse. Die ÖVP sei weiterhin der Meinung, dass "die EU ein Staatenbund und kein Bundesstaat" sein solle. Kritisch äußerte er sich auch zur Niederlassungsfreiheit. Diese sei nicht "die Freiheit, sich das beste Sozialsystem auszusuchen", so Blümel offenbar mit Blick auf die Personenfreizügigkeit, die jüngst von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) infrage gestellt worden war.

Zu den jüngsten Reformvorschlägen der deutschen Kanzlerin Angela Merkel sagte Blümel, eine weitere Vertiefung der EU-Verteidigungspolitik sei "sicher zu begrüßen", sie müsse aber "innerhalb der EU-Struktur stattfinden". Denkbar sei auch, die Einstimmigkeit für militärische Einsätze abzuschaffen, doch müsse dann "eine Opt-out-Möglichkeit" für jene Staaten gewährleistet sein, die sich nicht an einem Einsatz beteiligen wollen.

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